Aus der Hifi-Stereophonie 1982
Rechtsfragen zur Antennenpraxis
Das Recht auf Hörfunk- und Fernsehempfang ist von den deutschen Gerichten in allen Urteilen anerkannt worden. Dieser Anspruch gilt als erfüllt, wenn die ortsüblichen Programme mit einer Gemeinschafts-Antennenanlage einwandfrei zu empfangen sind. Unter dieser Voraussetzung dürfen Mieter keine Einzelantennen auf dem Hausdach errichten. Ortsüblich ist mindestens der Empfang der drei deutschen Fernsehprogramme und der regionalen Hörfunkprogramme von den Ortssendern, wenn dies mit zumutbarem Antennenaufwand zu erreichen ist.
Das gilt auch für Stereo-Sendungen, wie aus einem Informationsblatt des Arbeitskreises Rundfunkempfangsantennen mit Ratschlägen für UKW-Stereo-Empfang hergeleitet werden kann. Dieses Gremium, dem unter anderem Ministerien des Bundes und der Länder, kommunale Spitzenverbände, ARD, ZDF und Fachverbände der Wohnungswirtschaft, der Industrie, des Handwerks und des Handels angehören, ist einstimmig der Ansicht, daß der Rundfunkteilnehmer grundsätzlich ein Anrecht darauf hat, Sendungen so zu empfangen, wie sie ausgestrahlt werden. Das gilt auch für Stereofonie. Andernfalls wären die großen Kosten, die dafür auf der Sendeseite aufgewendet worden sind, nicht zu verantworten.
Für Gemeinschafts-Antennenanlagen ist mindestens eine Richtantenne zumutbar, die auf den Standort der Ortssender auszurichten ist, wenn das zum einwandfreien Stereo-Empfang dieser Sender erforderlich ist.
Einwandfrei bedeutet, daß die im ersten Abschnitt erläuterten Anforderungen erfüllt sind. Gerichtsurteile, die diese Mindestforderung eindeutig anerkennen, sind dem Verfasser nicht bekannt. Dies wird nur indirekt durch zwei Gerichtsurteile bestätigt.
In einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz ist das Recht auf Stereo-Empfang für das Jahr 1969 noch mit der Begründung versagt worden, daß Stereofonie damals noch nicht zu den Selbstverständlichkeiten des täglichen Lebens gehörte. Außerdem sei Stereo-Wiedergabe für die jedermann zustehende Information nicht erforderlich, sondern ein spezieller Anspruch auf erhöhten Genuß durch die räumliche Klangwirkung der Musik. Das Gericht hat aber eingeräumt, daß für den Entscheidungszeitpunkt Ende 1975 oder in Zukunft eine andere Beurteilung denkbar sei, weil Stereo-Sendungen an Zahl, Dauer und Bedeutung erheblich zugenommen hätten und es inzwischen auch viel mehr Stereo-Hörer gäbe.
Im zweiten Streitfall hat der Kläger aus dem Raum Stuttgart die Änderung der Gemeinschafts-Antennenanlage für eine große Neubausiedlung gefordert, weil der Stereo-Empfang des zweiten Programms des Südwestfunks nicht störungsfrei sei. Der einwandfreie Empfang der Programme des Süddeutschen Rundfunks vom Ortssender Stuttgart und des ersten Südwestfunkprogramms bot keinen Anlaß zum Streit. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Klage 1975 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht den geforderten Nachweis erbracht, daß der Empfang des zweiten Südwestfunkprogramms an seinem Wohnort ortsüblich sei.
Die Frage, welcher Aufwand zum Empfang zusätzlicher Programme außer denen des Ortssenders in Antennenanlagen zumutbar ist, bleibt ohne Antwort. Was ortsüblich ist, wurde ebenfalls nicht allgemeingültig und eindeutig festgelegt. Das dürfte auch kaum möglich sein.
In den erwähnten Ratschlägen des Arbeitskreises wird mit Recht empfohlen, Antennenanlagen für Stereo-Empfang möglichst vieler Programme auszulegen. Die schwierige Entscheidung, welche der hier beschriebenen Möglichkeiten - von einer einfachen Antenne bis zur Vollaufbereitung für alle empfangenen Programme - dabei zu verwenden ist, hängt in erster Linie von der Größe der Antennenanlagen und den als zulässig erachteten Kosten je Teilnehmer ab. Deshalb und weil die Empfangsverhältnisse innerhalb eines Ortes sehr verschieden sein können, kann nicht für alle Antennenanlagen an einem Ort einwandfreier Stereo-Empfang der gleichen zusätzlichen Programme verlangt werden.
Dies sind einige Gründe für die Ansicht, daß ein Rechtsanspruch nur auf einwandfreien Stereo-Empfang der Programme der örtlich zuständigen Rundfunkanstalt anzuerkennen ist, um klare Rechtsverhältnisse und gleiches Recht für alle zu schaffen.
A. F.