Stereotronic STT 102 - Ein deutscher Super- Edel-Tuner aus Pforzheim 1967
vom Aug. 2010 - Es gab in Deutschland nur wenige Empfangsteile, die Anfang der 1970er Jahre in der obersten Hifi-Liga mitspielen konnten.
Das war der überragende aber verkannte GRUNDIG RT100/RT200 sowie der legendäre Klein & Hummel 2000A, vielleicht noch der BRAUN CET 1000 und vielleicht dieser hier von ITT Schaub Lorenz.
Alternativ dazu gab es den ebenso legendären Scott D312 und den McIntosh MR74 und natürlich noch eine Vielzahl weiterer höchstwertiger Amerikaner und Japaner.
Doch hier in dem Artikel aus der Interfunk Fachhändlerzeit- schrift von 1967 sieht man an den (deutschen) Transistor-Typen, das war eine rein deutsche Konstruktion. Schade, daß er auf dem Markt nie richtig ankam.
Der zugehörige Verstärker STV 102 (auf dem Bild) war sogar noch mit Röhren bestückt, wenn man den raren Internet Fundstellen glauben darf.
aus dem Interfunk Magazin Nummer 1 aus 1967
"Stereotronic STT 102 — wie im Märchen"
„Konzipieren Sie einen HiFi-Stereo Tuner, der kompromißlos allen Forderungen moderner HiFi-Technik gerecht wird, ohne Rücksicht auf die Kosten".
Wenn Weihnachten 1966 nicht gerade vorbei wäre - wie ein Weihnachtsmärchen klingt ein solcher Auftrag in den Ohren des Entwicklungsingenieurs. Und märchenhaft ist das Ergebnis dieser entwicklerischen Freiheit: Der Tuner STT 102 ist gewissermaßen zum HiFi-Status-Symbol geworden. Zu seiner Bestückung gehören immerhin 47 Silizium-Planar-Transistoren und 27 Halbleiter-Dioden. Was mit denen gemacht wurde, erläutert dieser Aufsatz.
Die für FM-Stereofonie geforderte ZF-Breitbandigkeit ist sowohl für eine gute Übersprech- dämpfung als auch für minimale Verzerrungen äußerst wichtig. Dummerweise steht aber diese Bandbreite in Abhängigkeit von den Selektionseigenschaften. „Breit- oder hochselektiv - das ist die Frage". So hätte sich vielleicht Shakespeare zu diesem Thema geäußert, wäre er mit den Problemen moderner Hochfrequenztechnik vertraut gewesen. Kompromißlos wie das Original-Zitat des Herrn Shakespeare ist auch die Lösung des Problems.
Jetzt kommt ein Bißchen Technik
Der STT 102 enthält zwei getrennte FM-ZF-Verstärker. Jeder ist für sein Aufgabengebiet optimal ausgelegt. Ein Verstärker besitzt (mit seinen 25 Kreisen) hochselektive Eigenschaften, während der andere besonders breitbandig ist. Der Schaltbildauszug (Abb. 1) zeigt den 5-stufigen Breitband-ZF-Verstärker mit Oszillator und Mischer für eine 4,25 MHz Zwischenfrequenz. Bis zu dieser Stufe werden die beiden ZF-Verstärkerstufen mitbenutzt. Die Auskopplung der 17,4 MHz-ZF erfolgt über die Spule L310. Um Oberwellenstörungen der ZF zu vermeiden, wurden diese etwas ungewöhnlichen Werte gewählt. T304 bildet mit den Dioden D301 und D302 die Begrenzerstufe. Die Begrenzung setzt bereits bei einem Eingangssignal von 1,3uV (FM breit) bzw. bei 0,8uV (FM schmal) ein.
Dem zweiten Mischer folgt ein 4-Kreis-Bandfilter zur Erhöhung der Selektion. Schließlich sorgt ein 3. ZF-Verstärker für die Belange des AM-Teils. Die Bandbreiten betragen für FM schmal 140 kHz und für FM breit 250 kHz. Die AM-Bandbreite ist von normal 8 kHz auf schmalbandig 3 kHz umschaltbar. Mit dieser Umschaltmöglichkeit wird auch im Mittelwellenbereich besserer Empfang unter allen Bedingungen gewährleistet. Störungen benachbarter Sender sind gerade in den Abendstunden unliebsame Begleiterscheinungen in den mittleren Wellenlängen. Durch die Umschaltung auf schmalbandig können diese Störungen weitgehend eliminiert werden.
Ein 5-stufiger ZF-Verstärker bringt ZF-mäßig bereits die Voraussetzung für eine hohe Eingangsempfindlichkeit und einen frühen Begrenzereinsatz. Im UKW-Teil wurden zur Erreichung des gleichen Zieles 2 HF-Stufen eingesetzt (Abb. 2). Mit diesen Maßnahmen wird eine FM-Empfindlichkeit von nur 1 uV erreicht. Getrennte Oszillator- und Mischstufe sind selbstverständlich.
Um unter extremen Empfangsbedingungen bei großen Sendersignalen eine Auswirkung des Eingangssignals auf dem Oszillator zu verhindern, erfolgt eine HF-mäßige Trennung beider Stufen durch den Transistor T205. Die automatische Scharfabstimmung auf UKW erfolgt durch die Silizium-Diode D201. Beste Selektionseigenschaften werden durch 5 abstimmbare Kreise erreicht. Ein unsymmetrischer 60 Ohm-Koaxialeingang erlaubt den direkten Anschluß einer entsprechenden Antennenleitung. Natürlich gibt es auch einen normalen 240 Ohm-Eingang.
Das stereowichtigste Teil des Tuners, der Stereo-Decoder arbeitet nach dem kompliziert anmutenden Zeit-Multiplex-verfahren. Der Begriff „Schaltermethode" sagt bereits wesentlich mehr aus. Bestückt ist der Decoder mit 14 Transistoren und 8 Dioden.
Abb.3 offenbart die Schaltung des Stereo-„Entschlüsselers". T714 und T701 verstärken zunächst die vom Ratiodetektor kommende NF. T702 ist als Impedanzwandler geschaltet. Es folgt die erste 19 kHz Verstärkerstufe mit der anschließenden Frequenzverdoppelung des Pilottons (D702 und D701) zur Regenerierung des Hilfsträgers. Der nunmehr wiedergewonnene 38 kHz-Hilfsträger wird über T704 verstärkt und der Brückenschaltung mit den Dioden D703 — D706 zugeführt. In diese Brücke wird die über R706 abgegriffene NF eingespeist. Zwischen diesem Poti und der Diodenbrücke liegt ein 19 kHz Sperrkreis mit L703 und C703. Vor dem endgültigen Rechts- und Linksausgang erfolgt eine weitere NF-Verstärkung sowie eine Impedanzwandlerstufe zur Anpassung.
Am Ausgang des gesonderten 5-stufigen Pilottonverstärkers liegt das Relais Re701. Dieses Relais schaltet die Anzeigelampen und legt gleichzeitig bei Monobetrieb die Ausgangsbuchsen Bu702 und Bu703 parallel.
Die Decoder-Übersprechdämpfung ist > 35 db bei 1 kHz. Die Stereo / Monoumschaltung kann wahlweise durch Tastendruck oder automatisch erfolgen. Der Einsatzpunkt der Automatik liegt bei etwa 10 uV Antennenspannung. Die Pilottonunterdrückung ist > 50 db.
Dem anglo-lateinischen Sprachsatz entliehen ist der Begriff „Muting" für eine gleichnamige Taste. Lateiner würden „mutus" mit stumm übersetzen. Das große Schweigen umhüllt nämlich die Lautsprecher während der UKW-Sendersuche bei gedrückter Mutingtaste. Das physikalisch bedingte Rauschen zwischen den UKW-Stationen verschwindet, die NF-Ausgänge werden elektronisch „dicht gemacht". Erst wenn der Sender optimal eingestellt ist, wird die Sperre aufgehoben. Wer dennoch aufgrund der hohen Eingangsempfindlichkeit des Tuners auch sehr schwache und damit verrauschte Sender empfangen möchte, der kann dieses durch die Abschaltung der „Stumm"-Automatik tun.
Apropos Abstimmung: AM- und FM-Sender werden mit getrennten Knöpfen und getrennten Skalenantrieben eingestellt. Der jeweilige Empfangsbereich wird durch eine Kontrollampe angezeigt. Im FM-Bereich zeigt eine Indikatorlampe Stereosendungen an. Zwei Zeigerinstrumente mit den Bezeichnungen „Maximum" und „Center" erlauben eine Art Super-Optimaleinstellung der Sender. Zunächst wird im FM-Bereich das Sendermaximum gesucht und danach der genaue Diskriminator-Nulldurchgang bei Mittenstellung des Center-Instrumentes kontrolliert.
Soweit die 1967er Beschreibung der Konzeption . . .
. . . und der eingebauten Technik eines UKW Spitzentuners, der so leider nur in geringen Stückzahlen gebaut wurde. Mehr kommt auf der Hersteller-Seite.