Aus dem Hifi-Stereophonie-Forum :
"Der Sprung über den Analogschatten"
PCM contra Analogtechnik - eine Kontroverse - eine Replik auf den ersten Test dieser Technologie von Jürg Jecklin im März 1983
Praktiker Jürg Jecklin, weit über die schweizer Landesgrenzen hinaus bekannter Tonmeister in Basel und Erfinder des Jecklin Float Kopfhörers, hat jahrelange Erfahrungen mit PCM-Auf- nahmetechnik. Er findet die Vorzüge von PCM-Anlagen weit gravierender als deren eventuelle Kinderkrankheiten. Seine Symbiose mit den neuen Geräten demonstriert dieses Foto.
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- Anmerkung:
Wolfgang Seikritt und Jürg Jecklin haben mit Unterstützung von Karl Breh in den Jahren 1980 bis 1982 eine Menge PCM Aufnahmen auf NTSC-Betamax Kasssetten gemacht und uns hinterlassen. Wir werden die jetzt in modernere Formate umwandeln.
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Einleitung von Karl Breh :
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- Offensichtlich hat unsere Beitragsreihe : PCM im Vergleich - fünf PCM-Prozessoren und ein Analog- bandgerät mit Dolby B - einige Gemüter erhitzt.
- Soweit, so gut. Die Kontroverse, die wir hier wiedergeben, betrifft weniger die Ergebnisse im einzelnen als vielmehr deren Bedeutung in der Praxis. Jürg Jecklin, Tonmeister bei Radio Basel, mochte Arndt Klingelnbergs Thesen nicht unwidersprochen stehenlassen. Seinen Brief drucken wir hier ab, zusammen mit einer auf der nächsten Seite folgenden Stellungnahme von Arndt Klingelnberg.
- Verständlich, hatte doch Arndt Klingelnberg mit seinen Untersuchungen den Nachweis erbracht, daß es Disziplinen gibt, in denen die Analogtechnik durchaus mithalten kann. Außerdem hatte er erhebliche meßtechnische Unterschiede verschiedener PCM- Prozessoren / Wandler festgestellt.
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- Anmerkung : Diese genannten "PCM- Prozessoren / Wandler" waren große Kästen, die man auf oder unter den Video-Recorder gestellt hatte und die die A/D- und D/A-Wandlung errechnet hatten. Es waren die ersten brauchbaren Anfänge.
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Reaktion auf einen PCM-Testbericht in Heft 12/1982
Jürg Jecklin schreibt :
Unobjektive Artikel und unsorgfältige Testberichte habe ich bis jetzt im HiFi-Stereo- phonie noch nie gefunden. Und ich habe jede Ausgabe seit der Nummer zwei gelesen. Die erste und einzige Ausnahme : Der Bericht „Fünf PCM-Prozessoren und ein Analog-Bandgerät mit Dolby-B-Nr" in Heft 12/1982. Dieser Artikel hat mich zum ersten Leserbrief meines Lebens provoziert, denn wir stehen am Anfang einer neuen Ära auf dem Audiogebiet.
Und da ist jeder Leser darauf angewiesen (und brennt wohl auch darauf), sorgfältig und richtig über die neue PCM-Technik, ihre Vor- und Nachteile informiert zu werden. Der Artikel von a.k. informiert meiner Meinung nach nicht objektiv. Er ist leider nicht untypisch für die heutige Situation, in der viele Leute Mühe haben, über ihren „Analogschatten" zu springen.
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Zuerst zur Sprache:
Bereits beim ersten Durchlesen hat mich die verschleiernde, unklare, „analog-ehren-rettende" Sprache gestört. Der geneigte Leser ist gezwungen, zwischen den Zeilen zu lesen. Der zweite noch heftiger zu bemängelnde Punkt ist die PCM-diskriminierende UnVollständigkeit der gemessenen Parameter.
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Kommentar 1
1. Bereits in der Einleitung steht folgender Satz: „Nach dieser theoretischen Einführung soll nun anhand von gemessenen Daten die Klangqualität der verschiedenen Geräte verglichen werden". Diesen Satz verstehe ich nicht. Meßdaten sagen klar nur etwas über die technische Übertragungsqualität aus. Die Klangqualität läßt sich jedoch nur gehörsmäßig feststellen.
Kommentar 2
2. Im Zusammenhang mit den Eigenschaften der Analog-Bandgeräte kommt mehrmals das Wort „könnte" vor. Zum Beispiel: „mit modernen Bändern könnten sogar durchaus 82 dB (Geräuschabstand) möglich sein". Zwischen den Zeilen gelesen heißt das, es könnte zwar durchaus wohl, aber nur theoretisch und nicht praktisch! Und gerade damit trifft der Verfasser unbewußt den Kern des Problems: Analogbandgeräte haben theoretisch bestimmte Eigenschaften, die man in der Praxis aber nur selten realisieren kann (mit neuen Köpfen, ideal auf das Band eingestellter Vormagnetisierung, ohne Verschmutzungen, mit vollständig entmagnetisiertem Gerät, exakt eingehaltenem Dolby-Pegel etc.).
Bei der Kombination Videorecorder-PCM-Prozessor gibt es jedoch nicht die Diskrepanz zwischen theoretisch denkbarer und praktisch verfügbarer Qualität, sondern nur zwei Möglichkeiten: Die systembedingten Übertragungseigenschaften sind ohne Einschränkung vorhanden - oder die ganze Geschichte funktioniert überhaupt nicht.
Kommentar 3
3. Es ist von einem Analog-Bandgerät mit Dolby-B-NR die Rede. Ob die Messungen mit eingeschaltetem Dolby gemacht wurden, erfährt man aber nicht. Als halbwegs Eingeweihter nehme ich an, daß bei gewissen Messungen das Dolby ausgeschaltet war, weil sonst unsinnige Ergebnisse resultiert hätten.
Kommentar 4
4. Der Verfasser verwechselt die Begriffe „Einpegeln" und „Aussteuern". Es ist zwar aus Sicherheitsgründen zweckmäßig, eine PCM-Anlage einige dB unter dem Null-Pegel einzupegeln, da sie keine Übersteuerung verarbeitet. Aussteuern läßt sich aber auch eine PCM-Anlage voll.
Und nun zu den Messungen
Natürlich stimmt das publizierte Ergebnis der Messungen. Gemessen wurden aber nur die Parameter, bei denen ein Analog-Aufnahmegerät einigermaßen mithalten kann. Ausgelassen wurden unter anderem die folgenden Parameter, bei denen die PCM-Technik eindeutig im Vorteil ist (und die auch in erster Linie die Stärken der neuen Technik ausmachen):
Kommentar 1
1. Zum Beispiel die Gleichlauf Schwankungen.
"Wow" ist heute bei Analog-Bandgeräten kein Problem mehr, wohl aber "Flutter", der sich als „Rauhigkeit" des Tones bemerkbar macht. Bei PCM gibt es diese Auswirkung von "Flutter" nicht!
Kommentar 2
2. Zum Beispiel das Modulationsrauschen. Bei Analoggeräten ist gerade das Modulationsrauschen der ausschlaggebend kritische Punkt, vor allem bei Aufnahmen von Musikinstrumenten ohne eigene Rauschkomponente (Klavier). PCM-Aufnahmen haben kein Modulationsrauschen !
Kommentar 3
3. Zum Beispiel die Phasenlage beider Kanäle im hohen Frequenzbereich.
Bei Analoggeräten ist die Phasenlage oberhalb von 10kHz in der Praxis nahezu undefiniert, und sie ändert sich auch ständig. Schon eine ganz einfache Messung mit der Darstellung einer Lissajou-Figur auf einem Oszillografen zeigt das deutlich. Auf PCM-Aufnahmen sind beide Stereokanäle frequenzunabhängig phasenstarr gekoppelt!
Kommentar 4
4. Zum Beispiel die Aussteuerbarkeit bei hohen Frequenzen.
Bei Analoggeräten muß der Frequenzgang bei einem Pegel von -20dB gemessen werden. Bei Vollpegel ist er wegen der Sättigung und Endmagnetisierung des Bandes in den Höhen alles andere als linear. Dies wirkt sich in der Praxis als Impulsverflachung, als Aufweichen von impulsförmigen Schallvorgängen aus. Die PCM-Technik hat diese Unzulänglichkeit nicht (sofern ohne Vorentzerrung gearbeitet wird).
Kommentar 5
5. Zum Beispiel der Einfluß eines Geräuschverminderungsverfahrens bei Signalen, die den „Betriebssignalen" (Musik) entsprechen. Die PCM-Technik benötigt keine Geräuschverminderungsverfahren !
Resume
In Fällen, in denen es letztlich um die Klangqualität geht, argumentiere ich nicht gerne mit Meßdaten. Meine mittlerweile mehr als zweijährige PCM-Erfahrung (und diese Erfahrung kann jedermann bei einem sorgfältigen Vergleich selbst machen) hat mir aber klar gezeigt, daß gerade die oben erwähnten (bei der Messung von HiFi-Stereophonie nicht berücksichtigten) Parameter die eindeutige Überlegenheit der PCM-Technik ausmachen. Ich möchte noch beifügen, daß sich mein Pro-PCM-Urteil sogar auf den Vergleich des „schlechtesten" der von HiFi-Stereophonie gemessenen Prozessoren mit bestens gewarteten, professionellen Analog-Bandgeräten (mit Dolby-A und Telcom und einer Bandgeschwindigkeit von 38cm/s) bezieht.
Jürg Jecklin - Basel - 1983
PCM contra Analogtechnik - Kein Ende der Kontroverse!
Karl Breh ergänzt :
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- Mit der PCM-Technik betreten wir Neuland: Begrifflich, meßtechnisch und in der Praxis. Arndt Klingelnberg gehört das Verdienst, die ersten Schritte zu einer meßtechnischen Erschließung der neuen Technik getan zu haben. Inwieweit die von ihm erstellten Kriterien praxisgerecht sind, darüber gehen die Meinungen auseinander.
- Jürg Jecklin hat nun den in Heft 12 / 1982 veröffentlichten Ausführungen widersprochen, allerdings in Unkenntnis der in Heft 2 / 1983 erschienenen Fortsetzung (also Teil 2), die ihn aus seiner praktischen Erfahrung heraus zu noch größeren Einwänden veranlaßt. Dies werden wir in Heft 4 / 1983 veröffentichen und zur Diskussion stellen.
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Die Redaktion
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