In der HiFi-Stereophonie 1979 Heft 6 schreibt Karl Breh über seine Erfahrung mit PCM ....
im September 2013 von Gert Redlich - Zur Verwendung für die Allgemeinheit der Hifi-Fans haben wir diese (weiter unten beschriebenen) PCM-Musik-Bänder übergeben bekommen und so werden wir versuchen, sie in aktuelle Digitalformate zu konvertieren. Es sind etwa 20 VHS als auch Betamax Video-Kassetten in PAL und auch in NTSC Technologie, also von der Aufgabe her gar nicht trivial.
Doch lesen Sie zuerst mal, wie das mit dem PCM damals bewertet wurde.
.
ERFAHRUNGEN MIT SONY PCM-1 UND BETAMAX
Hat die Analog-Aufzeichnung auf Magnettonband ausgespielt ?
Für die Workshop-Produktionskonzerte (WPK) des DHFI auf der hifi 78 in Düsseldorf hatte die EMI eine vollständige mobile Aufnahmeregie aufgebaut, um die Konzerte mitzuschneiden und Teile daraus unter Studiobedingungen zu produzieren. Zwei Ausgänge des Regietisches waren mit professionellen Tonbandmaschinen Telefunken M 15 A unter Zwischenschaltung von professionellen Rauschunter- drückungssystemen Dolby-A verbunden.
An einem weiteren Ausgang war ein Sony-PCM-Konverter angeschlossen, der in Verbindung mit dem Sony-Videorecorder Betamax Aufnahme und Wiedergabe nach dem digitalen Verfahren der pulscodierten Modulation (PCM) gestattet.
Der größte Teil der Workshop-Konzerte wurde parallel zu den professionellen (analogen) Aufzeichnungen auch über Sony-PCM-Betamax digital auf Videokassetten L-500 aufgenommen. Sowohl die professionellen Bänder, von denen der Autor des Berichts große Teile in Sendungen des „Clubs der Stereofreunde" im Südwestfunk Baden-Baden zu Gehör gebracht hat, als auch die PCM-Aufnahmen sowie die in Düsseldorf verwendete Sony-PCM-Betamax-Einheit standen uns zum vergleichenden Hören zur Verfügung.
Hierüber und über einige Messungen, die wir an der Sony-Einheit vorgenommen haben, sei nachfolgend kurz berichtet.
Das Maß der Dinge, die Telefunken M10 Studio-Bandmaschine
Seit einiger Zeit verfügen wir in unserem Audio-Labor (in Karlsruhe) über eine professionelle Tonbandmaschine Telefunken M10, wie sie heute noch im Rundfunk und in den Studios der Schallplatten-produzenten verwendet wird. Auch professionelle Dolby-A-Rauschunterdrückungssysteme stehen uns zur Verfügung.
Somit sind wir in der Lage, in der kommenden Zeit des Übergangs von der Analogtechnik zur digitalen Verarbeitung von Schallsignalen Hörvergleiche auf professionellem Niveau und unter Verwendung professionellen Programmaterials (38er Bänder, A-dolbysiert) durchzuführen.
Daß zu diesen Zwecken auch die nachgeschalteten Komponenten, d.h. also Vorverstärker, Endverstärker und vor allem die Lautsprecher, den höchsten Qualitätsanforderungen genügen müssen, ist selbstverständlich. Zur Zeit sehen wir diese Forderungen durch die Verwendung der Technics-Komponenten SU-A2 und SE-A1 (HiFi-Stereophonie 1/79) und der Lautsprechereinheiten Infinity QRS (HiFi-Stereophonie 9/78 und 2/79) erfüllt.
Unter diesen derzeit wohl optimalen Bedingungen konnten wir die Hörvergleiche durchführen, über die ich nachfolgend berichten will.
Natürlich wurde auch von Direktschnittplatten auf PCM überspielt. Hierfür verwendeten wir einen Plattenspieler Micro DDX-1000 (HiFi-Stereophonie 10/76) und einen Tonabnehmer Ortofon MC30 (HiFi-Stereophonie 3/79).
.
Das Prinzip der Digitalaufzeichnung auf Magnetband
Bevor man das Digitalsignal auf Magnetband aufzeichnen kann, muß man es aus dem Analogsignal durch Analog-Digital-Konversion (AD) gewinnen. Dies geschieht im Prinzip so, wie im Zusammenhang mit der Philips-Kompaktplatte (Seite 812) geschildert, und zwar mit Hilfe der Sony-PCM-1-Einheit (Bild im Titel). Gleichzeitig wird das Digitalsignal so aufbereitet, daß es auf dem Betamax-Videorecorder, der für die Aufzeichnung mit Ton geeignet ist, gespeichert werden kann. (Bei unserem Testgerät handelte es sich um eine nach der amerikanischen NTSC-Norm arbeitende Maschine, auf die deutsche PAL-Programme nicht aufgezeichnet werden können. Prinzipiell ist natürlich eine Kombination mit einer nach PAL ausgelegten Betamax Maschine ebenso möglich.)
.
Anmerkung:
Diese obige Beschreibung ist mißverständlich. Sie gilt natürlich nur, wenn vom Studio- mischpult ein Tonsignal analog angeliefert wird. So war das jedenfalls damals. Dann wird dieses Tonsignal mit Hife des A/D Wandlers digitalisiert und in (dem analogen Videorecorder in) einzelne Fernsehbilder eingepackt (PAL oder NTSC) auf dem analogen Videoband gespeichert. Zu bemerken ist auch noch, daß bei Stereo prinzipbedingt ein minimaler Zeitversatz zwischen den beiden Kanälen besteht. Bei der Wiedergabe solcher PCM Bänder machte sich ein fehlerhaftes Band ganz schlimm bemerkbar, da für diese Art der Speicherung von Hifi-Ton in einzelnen Fernsehbildern fast keinerlei Fehlerkorrektur vorgesehen war.
.
Digital hat keine Übersteuerungsreserve
Eine vielstufige LED-Spitzenwertanzeige, deren Ansteuerung direkt aus dem Digitalsignal abgeleitet ist und die auch eine wahlweise zuschaltbare Höhenanhebung (Preemphasis) berücksichtigt, gestattet die Kontrolle bei der Signalumwandlung dahingehend, daß die Analogamplitude nicht den Wert überschreitet, der mit 14 bit gerade noch codiert werden kann. Träte nämlich eine solche Übersteuerung auf, ergäben sich sofort hohe und daher hörbare Verzerrungen. (Anmerkung: lautes Knacken)
.
- Anmerkung : So steht es in fast allen Prospekten. Doch das stimmt nur bedingt. Fast alle A/D-Wandler haben einen sogenannten "Headroom", also eine 3dB Sicherheits-Reserve nach oben hin, um die kritische 0dB Grenze nicht zu kraß zu ziehen.
.
Aufzeichnung auf einem analogen !! Videorecorder
Vom PCM-1 aus, der mit einer Abtast- oder Schaltfrequenz von 44.056 Hz arbeitet, geht das Signal auf den Videorecorder, auf dem es magnetisch aufgezeichnet wird.
Alle Daten, die die Qualität oder Güte der Speicherung betreffen, können am Wiedergabeausgang des PCM-1 auch ohne Bandaufnahme gemessen werden, weil die Aufzeichnung und die nachfolgende Wiedergabe das Digitalsignal nicht relevant verändern.
Will man eine auf Videocassette vorliegende Aufzeichnung wiedergeben, durchläuft das Signal die Einheit in „umgekehrter" Richtung: vom Band aus zum PCM-1, in welchem es in ein analoges Signal zurückverwandelt wird, und von da aus zum angeschlossenen HiFi-Verstärker. Auch hierbei geschieht die (Rück-) Umwandlung prinzipiell ähnlich wie bei der Kompaktplatte. (gemeint ist die spätere CD)
Die PCM-1-Einheit ist daher nichts anderes als ein Analog-Digital-Konverter (A/D) und ein Digital-Analog-Konverter (D/A) in einem Gehäuse, zusätzlich ausgerüstet mit einer Aussteuerungsanzeige und der für die Aufzeichnung im Videorecorder erforderlichen Signal- Aufbereitungselektronik. Über Details solcher Elektronik Näheres zu berichten, wird zu einem späteren Zeitpunkt noch Gelegenheit genug sein.
.
Anmerkung :
Das ist so nicht korrekt, denn der SONY PCM-1 und auch der PCM-F1 und die anderen Wandler (für Videorecorder) der anderen Hersteller packen die digitalen Informationen auch noch in die einzelnen Zeilen der PAL oder NTSC "Fernsehbilder", damit der Videorecorder diese überhaupt speichern kann.
Dabei wurden die digitalen "Blocks" von linkem und rechtem Kanal immer paarweise aber dennoch als einzelne Daten-Blocks in die Video-Zeilen eines solches Halb-Bildes (bildweise in eine Video-Spur) "eingepackt". Damit ist der linke Kanal 5 bis 11 microsekunden später am analogen Ausgang als der rechte Kanal. Etwas mehr darüber steht hier.
.
Hörerfahrungen mit Sony-PCM-Betamax
Über die eingangs beschriebene Anlage wurden die PCM-Bänder abgehört, die während der Workshop-Produktionskonzerte in Düsseldorf aufgenommen worden waren: das Forellenquintett von Schubert, eine Sonate für Violine und Klavier von Mendelssohn Bartholdy, das Klarinettenquintett von Mozart, ein Klavierkonzert von Mozart, ein Streichquartett und - die härteste Probe - Werke für zwei Klaviere von Lutoslawski, Debussy und Brahms.
Alle Aufnahmen waren mir in hochwertigster Wiedergabe unter professionellen Bedingungen und Zwischenschaltung von Dolby-A bestens bekannt. Um so größer war das Erstaunen, nach dem wohl allen Videorecordern eigenen, etwas behäbigen und geräuschvollen Start die Musik aus der totalen Stille (abgesehen von den deutlich hörbaren Laufgeräuschen der Betamax) heraus in fabelhafter Transparenz, Sauberkeit und Klarheit aufblühen zu hören.
Klavieranschläge waren von einer Prägnanz, wie wir sie sonst nur noch von einer mit 45 U/min drehenden japanischen Direktschnittplatte her kennen. Die Klangdefinition der Streicher, die Sauberkeit des Kontrabasses und das völlige Fehlen hörbaren Rauschens ließen keine Wünsche mehr offen.
Von der erwähnten Direktschnittplatte wurde eine Überspielung auf Sony-PCM vorgenommen. Dabei zeigte sich zwischen Band und Platte kein Unterschied mit Ausnahme einer Stelle, an der das LED-Lichtband am PCM-1 in den unerlaubten Bereich über 0 dB hineinlief. Ein Übersteuern muß bei jeder Analog-Digital-Konversion unbedingt vermieden werden.
Die Überspielung wurde parallel dazu auch analog auf die Telefunken M10 vorgenommen. Der Vergleich zwischen PCM und M10 ging eindeutig zugunsten von PCM aus. Über die M10 war zwar geringes, aber dennoch merkliches Rauschen zu hören - dies allerdings ohne Rauschverminderungssystem.
Die gehörmäßige Beurteilung des Sony-PCM-Verfahrens läßt keinen Zweifel bestehen, daß es dem analogen Verfahren selbst auf professioneller Ebene überlegen ist. Die offenbar von der hohen Drehzahl des Tonkopfs der Betamax herrührenden mechanischen Geräusche stören nur, wenn man die Maschine im Hör- oder Aufnahmeraum selbst aufgestellt hat.
Es gibt auch Nachteile (vermeintliche - damals jedenfalls)
Ein wesentlicher Nachteil des digitalen Verfahrens im Vergleich zum analogen soll vor lauter Begeisterung jedoch nicht verschwiegen werden:
Bandmontagen, die bei Analogbändern durch einfaches Schneiden und Kleben mit höchster Präzision möglich sind, was ja ganz entscheidend zur Ökonomie moderner Musikproduktions- verfahren beiträgt, sind bei PCM-Aufzeichnungen bislang nicht realisierbar. Zwar wird dies bei professionellen Maschinen auf elektronischem Wege über kurz oder lang auch bewerkstelligt werden können, bei Videogeräten der Konsumklasse indessen bleibt dies wohl auch in Zukunft ausgeschlossen.
Damit ist die Betamax-PCM-Einheit von Sony für professionelle Anwendungen außer kompletten Mitschnitten nicht geeignet. Zum Überspielen von Platten oder Rundfunksendungen oder für Eigenaufnahmen, was noch das sinnvollste wäre, erscheint uns aber der erzielbare Fortschritt reichlich teuer (rund 15.000.- DM). Bei normalen (Vinyl-) Platten ebenso wie bei Rundfunk- sendungen stecken die Nachteile der analogen Bandtechnik schon im Programmaterial.
Und besser als das Original, das vorne rein kommt, kann das, das die PCM Aufnahme hinter Band wieder ausgibt, auch nicht sein.
Ergebnisse unserer Messungen im Vergleich zur Analog- Aufzeichnung
Systembedingt gibt es bei der PCM-Übertragung deutlich weniger Phasen- bzw. Laufzeitfehler. Hingegen können bei der Analog-Digital-Umwandlung (AD) und bei der Digital-Analog-Konversion (DA) Transientenverzerrungen auftreten. Allerdings hängt dies vom Wandler ab und ist im Prinzip vermeidbar.
- Anmerkung : Das ist sehr mißverständlich ausgedrückt.
.
Dem bei der Analogaufzeichnung auftretenden Modulationsrauschen entspricht bei PCM das Quantisierungsrauschen. Seine Stärke ist abhängig von der Art der Analog-Digital-Umwandlung (linear oder logarithmisch, Anzahl der Bits). Gleichlaufprobleme gibt es grundsätzlich nicht.
Übersteuerungsreserven sind nicht vorhanden. Eine Übersteuerung tritt - anders als bei der Analogaufzeichnung - als harte Begrenzung des Signals auf.
Bleibt man mit der Aussteuerung unter 0dB, so sind Klirrgrad und Intermodulation kleiner als 0,1%. Bei kleinen Pegeln (—20dB) täuscht das Quantisierungsrauschen ein Wachsen dieser Verzerrungen bis 0,5% vor. Hörbar war dies jedoch nicht.
Die Dynamik (Ruhe-Geräuschspannungsabstand) beträgt nach unseren Messungen 78dB, der Fremdspannungsabstand 76dB. Die Höhendynamik bei 10kHz erreicht 70dB und bei 14kHz 69dB. Hierbei bleiben die Verzerrungen immer unter 0,1%, eine Übersteuerungsreserve ist dabei jedoch nicht mehr vorhanden.
Und die Analogaufnahme ??
Die entsprechenden Werte bei einer Revox B77 mit Dolby-B und 19cm/s liegen (gemessen über Cinch-Eingang) für den Fremdspannungsabstand bei 68dB, für den Ruhe-Geräuschspannungsabstand bei 79dB, Höhendynamik 10kHz bei 72dB und Höhendynamik 14kHz bei 68dB.
Hierbei muß jedoch berücksichtigt werden, daß diese Werte auf einen Klirrfaktor k3 = 3% bzw. auf Sättigung bezogen sind. Dafür bietet jedoch dieses Gerät über diesen Punkt hinaus eine Aussteuerungsreserve von etwa 5dB, professionelle Geräte sogar 8dB. Erst ab diesen Aussteuerungswerten werden die Verzerrungen ähnlich deutlich hörbar wie bei Übersteuerung der PCM-Aufzeichnung.
Für die Praxis heißt das, daß man PCM-Aufzeichnungen, wenn man den höchsten aufzunehmenden Pegel vorher nicht kennt, möglichst nur bis etwa 5 bis 8dB unter der 0dB-Grenze aussteuern sollte.
Weswegen wird die theoretisch bei diesem System zu erwartende Dynamik von 84dB um 6dB unterschritten? Dies liegt wohl am etwas zu unempfindlichen und nicht ausreichend rauschfreien Eingangsverstärker des PCM-1. Die Spieldauer einer Sony-L500-Videocassette beträgt 2 Stunden und 10 Minuten. Die Umspulzeit beträgt vorwärts 177s und rückwärts 193s. Die Spieldauer geteilt durch die mittlere Umspulzeit ergibt einen Umspulfaktor von etwa 42. Dies entspricht dem Wert bei einem Drei-Motoren-Magnetbandgerät, 19cm/s und 26cm-Spulen.
Wägt man alles gegeneinander ab und berücksichtigt man dabei den hohen Qualitätsstandard, den die Analogaufzeichnung auf Magnettonband mit Hilfe der Rauschverminderungssysteme gewährleistet, so muß man die in der Unterüberschrift gestellte Frage vorläufig noch klar verneinen.
Die analoge Bandtechnik ist derzeit schon aus produktionsökonomischen Gründen durch die Digitaltechnik nicht zu ersetzen. Für den HiFi-Freund hat die Digitalaufzeichnung auf Band so lange noch wenig Sinn, wie die meisten verfügbaren Programmquellen durch konventionelle Bandmaschinen gespeist werden.
In diesen Punkten gibt es auch keine Parallelen zur Fortschrittshöhe der Kompaktplatte, deren Hauptvorteil ja darin liegt, daß die Anwendung der Digitaltechnik die letzten Endes mit der mechanischen Abtastung verbundenen Nachteile der konventionellen Schallplatte zu eliminieren gestattet. Breh.
Das war ein Erfahrungsbericht aus 1979
Wenige Jahre später gab es digitale Schnittsysteme und viele andere Hilfen und vor allem - die Preise rutschten gewaltig nach unten.
.