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1961 - Die Funkausstellung kommt wieder nach Berlin ....
und jedes 2. Jahr stellt sich die Frage : Was gibt es Neues ?

Aus diesem Grund sinniert Erich Schmandt über die Geschichte der Funkausstellungen vor 1945, als sie meist bzw. alle in Berlin waren. Doch vor 945 spielte sich fast das gesamte Deutsche Leben in und um berlin ab. Auch die Masser der großen Radio- und Zubehörfirmen hatten sich rund um Berlin angesiedelt. SABA machte da eine der wenigen Ausnahmen. Jedenfalls die Herleitung, daß die Ausrichtung - jetzt wieder in Berlin - keine politische Entscheidung war, ist sehr dürftig. Man wollte Berlin wieder in den Mittelpunkt des (west-) alliierten Interesses rücken, nachdem Walter Ulbricht "seine" Ostzone abgesperrt und eingemauert hatte.
Die Anreise per Auto durch die Zone war damals immer noch sehr mühsam und deprimierend, per Bundesbahn-Zug auch und mit dem Flieger gab es nur die PanAm und BA, die Berlin Tempelhof angeflogen hatten.

Funkschau Heft 17 aus 1961
"Über die Berliner Funkausstellungen"

Der Rundfunk- und Fernsehausstellung diesen Jahres (1961) sehen Fachleute und Publikum mit besonders großen Erwartungen entgegen. Die Veranstaltung zieht die Aufmerksamkeit in viel höherem Maße auf sich, als es selbst eine Jubiläums-Schau erreichen könnte.

Dabei gilt für sie keine schöne runde Zahl - es ist die 23. Ausstellung in der Reihe der großen deutschen, von der Gesamtheit der Funkindustrie durchgeführten Ausstellungen, nicht gezählt die verschiedenen Veranstaltungen von regionaler Bedeutung, wie sie besonders nach dem Krieg in vielen Großstädten üblich wurden.

Aber - die Funkausstellung 1961 kehrt nach Berlin zurück, und allein diese Tatsache hebt sie aus der Folge der Funkausstellungen seit 1950 weit heraus.

Diese „Rückkehr nach Berlin" kann heute, in den Wochen und Monaten höchster politischer Spannungen um Berlin selbst, leicht falsch verstanden werden.
Anmerkung : Walter Ulbricht sind seine „Indianer" (oder Sklaven) davon gelaufen und „niemand denkt daran, eine Mauer zu bauen" - und er hatte dreist gelogen und sie dannoch gebaut - die Mauer.

Wer die nun fast 40jährige Entwicklung der Funkausstellungen in Deutschland nicht selbst von den ersten Anfängen an miterlebt bzw. sich nicht in die Geschichte der merkantilen Seite des deutschen Rundfunks gründlich vertieft hat, wer außerdem vielleicht die alljährlich in Berlin veranstaltete Deutsche Industrie-Ausstellung und ihre Tendenz kennenlernte, der deutet allzuleicht die Wahl Berlins zum Sitz der diesjährigen Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung als politische Demonstration.

Nichts aber wäre „falscher ?" als dies. So bequem Rundfunk und Fernsehen von einer bedenkenlosen Staatsführung für einseitige politische Zwecke ausgenützt werden können, so wenig spielten politische Gründe bei der Wahl Berlins als Ausstellungsort eine Rolle; es war vielmehr der Wunsch, nach Düsseldorf, der Metropole an Rhein und Ruhr, nach Frankfurt mit seiner bevölkerungsstarken Umgebung nun in eine andere Großstadt zu gehen, die die Sicherheit gibt, daß mehr als 500 000 Menschen die Ausstellung sehen.

Hierzu bot sich Berlin in besonderem Maße an. Daß die Wahl dieser Stadt den Verantwortlichen leicht fiel, ist im übrigen aber aus der jahrzehntelangen innigen Verflechtung der deutschen Funkindustrie und ihrer großen Ausstellung mit Berlin zu verstehen.

War das nicht eine alte "Denke" ?

Wir alle haben Sehnsucht nach Berlin, nach seinem Funkturm, nach der Stätte erfolgreicher Berufsarbeit und persönlichen Aufstiegs, nach dieser unvergleichlichen Stadt, in der viele von uns ihre besten Jahre verbrachten. Berlin und die Funkindustrie - das war früher eine Einheit; hier trafen sich zu den alljährlichen Ausstellungen nicht nur die Fachleute und Radio-Interessenten Deutschlands, sondern die der ganzen Welt.

Anmerkung : Es waren viele am Sinnieren solcher Worte, die den Niedergang des dritten Reiches immer noch nicht (nach 15 Jahren) verkraftet hatten und dann solche Sprüche loswerden - schade. Die Jüngeen dachten überhaupt nicht so, es war die Kriegsgeneration.
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Es begann 1924

Die Ära der Berliner Funkausstellungen begann im Jahr 1924, in dem die 1. Große Deutsche Funkausstellung vom 4. bis 14. Dezember im neu erbauten eigenen „Haus der Funkindustrie" am Bahnhof Witzleben veranstaltet wurde. (Die „allererste" Radioausstellung in Berlin, im Jahr zuvor (1923) im Sportpalast - vornehmlich als ein Treffen von Importfirmen und Eintags-Unternehmen durchgeführt -, die am neu geschaffenen Rundfunk schnell reich werden wollten, wird in die gültige Zählung nicht einbezogen).

Der „Radioindustrie" ging es 1924 schlecht; die großen Firmen, Telefunken, Lorenz, Huth, AEG, Siemens, Schuchhardt, nahmen sich des Rundfunks nur zögernd an, und zahlreiche Neugründungen, deren Namen heute nicht einmal mehr bekannt sind - wer erinnert sich an Brehm, Aeriola, Lootze, Radiosonanz, um nur einige zu nennen - waren der Aufgabe weder technisch noch wirtschaftlich gewachsen, so daß kaum ein Tag ohne Konkurs einer dieser Radiofirmen vorbeiging.

Man "Machte" einen Erfolg draus, trotz der großen Not.

Trotzdem gelang es den gesunden Kräften in Industrie und Handel, unter größten Mühen und Anstrengungen und trotz unvorstellbarer Geldknappheit, gewissermaßen kurz nach der damaligen „Währung" bzw. der Einführung der Rentenmark, eine von der Industrie getragene Funkausstellung zu planen, für sie ein eigenes, von Professor Straumer entworfenes Ausstellungsgebäude, das aus empfangstechnischen Gründen als Holzkonstruktion ausgeführte „Haus der Funkindustrie", in einer Rekord-Bauzeit von vier Monaten zu errichten und dann am 4. Dezember 1924 die Ausstellung zu eröffnen - ein Erlebnis für alle Besucher.

Wenn auch im Laufe des Jahres 1924 von der Post neben dem schon bestehenden Sender Königswusterhausen, mit 6 kW auf Welle 2800 m, ein gutes Dutzend Rundfunksender mit Leistungen von durchschnittlich 0,8 kW errichtet wurde, so fand die Ausstellung doch kurz nach dem Tag 0 statt.

Eine Statistik der Rundfunk-Teilnehmer

Die Zeitschrift „Funk" veröffentlichte im Dezember 1924 folgende erstaunliche Teilnehmer-Entwicklung:
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  • 1. Okt. 1923 = 0,
  • 1. Dez. 1923 = 500,
  • 1. April 1924 = 8000,
  • 1. Juli = 99 000,
  • 1. Oktober = 283 000,
  • 1. Dezember 1924 - 475 000.

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Eine halbe Million Rundfunkteilnehmer war also schon nach einem Jahr erreicht, und das, obgleich es noch keine Netzempfänger gab, man auf schwere Heizakkumulatoren - mit Schwefelsäure! - und teure Anodenbatterien angewiesen war und man fast nur mit Kopfhörern am Programm teilnahm; viele Familien waren durch eine Verteiler-„Spinne" auf dem Tisch mit dem Empfangsgerät verbunden.

Damals waren es 250 Aussteller "aller Art"

Es war deshalb nicht verwunderlich, daß von den rund 250 Ausstellern der 1. Großen Deutschen Funkausstellung allein 10 % Batterie- und Akkumulatorenfabriken waren. Eine große Zahl weiterer Firmen hatte sich auf Detektorempfänger, Detektoren und Detektorkristalle spezialisiert, denn diese Empfangsart stand noch in voller Blüte. Die erste Ausstellung erwies sich im übrigen als ein so starker Impuls, daß die seriösen Firmen mit dem Erfolg zufrieden sein konnten.

Der „Funk" schrieb, daß die Ausstellung den „Ausverkauf der Großfirmen" gebracht hätte, daß sogar Festaufträge abgelehnt werden mußten (was den kleineren Firmen zugute kam, denen dann die Bestellungen zuflossen), und daß die Ausstellung im übrigen, wie heute noch, mehr auf die allgemeine Publikums-Unterrichtung, denn auf den unmittelbaren Umsatz eingestellt war.

Es ging kontinuierlich aufwärts - trotz der Politik

Der ersten Funkausstellung folgten Jahre erfreulicher Aufwärtsentwicklung, und in jedem Jahr war die Große Deutsche Funkausstellung - die nun aber meist Ende August/Anfang September, nach Beendigung der Reisezeit - stattfand, der Paukenschlag, mit dem die jährliche Rundfunksaison eröffnet wurde.

Sie war in den ersten Jahren Spiegelbild einer rasanten technischen Entwicklung; viele Jahre hindurch wurden die Empfangseinrichtungen aus dem Vorjahr praktisch wertlos, so gewaltig waren die technischen Verbesserungen.

Ungalubliche Innovationen im Jahresrhthmus

Jeder versuchte, seine Ausstellungsschlager bis zum letzten Augenblick geheim zu halten, und nicht selten brachten Neuerungen der einen Firma einer anderen, die nichts Ähnliches zu bieten hatte, schwere Verluste.

Die Bewegung des Marktes wurde nicht wie heute von kaufmännischen Maßnahmen - Rabatt-, Kartellfragen u. ä. - verursacht, sondern sie hatte fast immer technische Gründe.

Welchen Aufstand verursachte z. B. die Loewe-Dreifachröhre, Herzstück eines vollständigen Empfängers für den sagenhaften Preis von 39.50 DM (natürlich mußten Batterien und Lautsprecher hinzugekauft werden); in größter Eile zogen andere Firmen mit drei billigen Einzelröhren nach, um güte- und preismäßig das gleiche zu erreichen.

Was gab es für einen Reinfall, als die Röhrenfabriken die sogen. Stabröhren herausbrachten, flache, aluminisierte außengesteuerte Röhren, die weniger als die Standardtypen kosteten, aber doch große Mängel aufwiesen, so daß die „Stäbe" und die dafür gebauten Empfänger bald wieder vom Markt verschwanden.

Wie oft konnte man die Anfänge großartiger neuer Techniken beobachten, z. B. als Hans Vogt sein „Ferro-cart" vorzeigte, mit dem erstmals Hochfrequenzspulen für Rundfunkzwecke mit güteverbessernden, die Abmessungen reduzierenden Eisenkernen ausgestattet wurden.

Als das Fernsehen kam . . .

Wie stauten sich die Massen, als die ersten Fernsehempfänger auf der Ausstellung erschienen, Modelle nur, jahrelang nicht zu kaufen, mit Nipkowscheibe, Großflächen-Glimmröhre und einem Bildfeld von ca. 3 x 4cm !

Die Menschen konnten hier einen kargen Blick in ein neues Wunderland tun; einige Jahre später sahen sie auf den Funkausstellungen dann vollkommenere Geräte, mit dem Weillerschen Spiegelrad, mit einem großen Glühlampen-Tablo (für jeden Bildpunkt eine Glühlampe!) - und schließlich mit der Braunschen Röhre . . .

Nun schreiben wir 1961

und wir rüsten uns, nach Berlin zu fahren, zum großen Festival der Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Industrie, von der man sagt, daß sie die größte Ausstellung unserer Branche der Nachkriegszeit werden soll.

Die technischen Neuschöpfungen sind nicht mehr so weltbewegend, wie früher einmal; gewiß wird in jedem Jahr auch technisch eine neue Strecke zurückgelegt - neue Bildröhren, das Vordringen des Transistors, neue Aufzeichnungsgeräte für Fernsehfrequenzen, Fortschritte vor allem in der Service-Technik, die für das Fernsehen der nächsten Jahre mehr und mehr zur Lebensfrage wird - alles dies ist einer besonderen Aufmerksamkeit würdig. Daneben sehen wir wie durch ein kleines 3 x 4cm großes Fenster auf völlig neuartige Verstärkungsmöglichkeiten, Maser und Laser, von denen die Rundfunk- und Fernsehleute noch nicht genau wissen, was sie ihnen nutzen werden.

Sehr vernehmlich lassen sich neue Leute hören, deren Interessen bei Weltraum-Satelliten liegen und die alle diese neuen Dinge, die die Physiker entwickeln, besser als die Fernsehleute brauchen können; sie haben auch mehr Geld oder verstehen doch, es sich zu beschaffen.

Wir müssen nicht alles verstehen - aber staunen dürfen wir

Wie wir 1923 hinter verhängten Fenstern mit einem 1qm-Rahmen und einer „Rotkäppchen"-Röhre in Rückkopplungsschaltung London hörten (natürlich ohne postalische Genehmigung), so experimentieren sie heute mit verwegenen Halbleiter-Kombinationen bei Tiefst-Temperaturen oder anderen, für den Radiotechniker oft sehr geheimnisvollen Anordnungen. London liegt heute auf der Venus oder mindestens auf dem Mond. Das Abenteuer ist realistisch geworden.

Wenn wir nun in Berlin durch die großen Hallen gehen, die Stände der Industrie betreten, kostbarer und teurer denn je, die neuen Empfänger sehen und hören, viele Gespräche führen, uns von der sprichwörtlichen Gastlichkeit Berlins umfangen lassen, manchen Nachmittag und manchen Abend an einigen der zahlreichen Veranstaltungen von Funk, Fernsehen und Schallplatte teilnehmen, dann wünschen wir, daß dieser Ausstellung und ihren Veranstaltern ein voller Erfolg beschieden sein möge: mit den Mitteln des Rundfunks und Fernsehens, den Ausdrucksmöglichkeiten der Künste, den Werkzeugen der Technik die Menschen und Völker einander näher zu bringen, die Spannungen zu vermindern, das friedliche Zusammenleben zu fördern. So gesehen, hat die Funkausstellung in Berlin eine große menschliche Aufgabe.

Erich Schmandt im Herbst 1961
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