Sie sind hier : Startseite →  Hifi Wissen und Technik→  (2) Die Quellen / Geräte→  Verstärker und Qualität→  Der Weg der Musik im Verstärker

Bei den Audio-Verstärkern im Hifi-Himmel gibt es mehrere Wege

Das mechanische Poti aus 1980
Ein mechanischer Eingangs-Wahlschalter von Grundig
Der analoge Phono-Eingang in 2000

Der soganannte Verstärker soll eigentlich nichts weiter machen, als ein kleines Spannungssignal vom Plattenspieler oder dem Bandgerät oder dem Tuner in eine Leistungsabgabe (an die Lautsprecher) hoch zu verstärken. Und das scheint doch trivial zu sein, wenn da nicht .....

Speziell bei der Musik von der analogen Schallplatte wird es deutlich, nicht jeder Verstärker (bzw. jede Verstärker-Stufe) macht das gleich gut. Und bei extremen Ausrutschern - z.B. bei Billigverstärkern - hört man das deutlich. Doch wie ist es im oberen Qualitätsbereich ? Ich möchte ganz bewußt die populistische Umschreibung "High-End" vermeiden.

Rekapitulieren wir die Anfänge, als das klitzekleine elektrische Signal vom analogen Tonabnehmer im Plattenspieler in gewaltige z.B. 2 x 350 Watt hochverstärkt werden sollte.

Am Anfang der Kette der Verstärkerstufen kam der Phono-Vorverstärker mit seiner Kennlinien- Entzerrung samt 10 bis 30 facher Verstärkung (etwa 20 bis 30 db), dann ein passiver Eingangsumschalter - Phono. Tuner. Tape, Aux. Reserve und Video und dann ein Zwischenverstärker vor dem Lautstärkesteller und dann eine aktive oder passive Klangregelstufe und vieleicht weitere aktive Filterstufen.

Das Audio-Signal war jetzt so weit aufbereitet, daß der als letzte Stufe folgende Leistungs- oder Kraft-Verstärker (aller Leistungsklassen) das Signal für die Lautsprecher "kraftverstärken" konnte.
.

Eingangs-Dreh-Schalter SONY
Eingangs-Tasten-Schalter 1968
Onkyo 1987 voll digitalisisiert

So weit der analoge Weg der alten analogen Technik

Alle Umschalter und Potentiometer waren sogenannte passive Bauteile und haben an der Qualität des durchgeleiteten Audio-Signals (in der Regel) nichts verändert. Doch die Kunden und Anwender wollten mehr.

Denn jetzt kam Video dazu und der Verstärker (oder Receiver) sollte Audio und Video gleichzeitig umschalten und beeinflussen können. Mit der analogen Technik wurde es sehr schwer. Mit der neuen digitalen Technik sollte es gehen.

Die ersten A/V-Receiver (vn Pioneer 1987) hatten dann bereits keine drehbaren Bedienteile (Potis und Schalter) mehr, alles ging mit Tasten. Nach meiner Erfahrung von Ende 1987 hatte das aber einen entscheidenden Nachteil, die Musik klang komisch.

Der PIONEER-Receiver rechts im Bild hatte angeblich satte 2 x 110 Watt Sinus + 2 x 25 Watt für die Surround Kanäle und dennoch, es klang einfach nicht. Was war da jetzt anders oder was war schief gelaufen ?
.

Ich hatte es nie rausgefunden, weil das Wissen gefehlt hatte

Die Aufmerksamkeit wurde schlagartig geweckt, als ich über einen großen schweren aber defekten A/V-Receiver aus 1999 "gestolpert wurde". Er sei kaputt und irreparabel, hieß es.
In der Zwischenzeit (zwischen 1987 und 1999) hatte ich meine Super-Stereo-Anlage in höchste audiophile Höhen ausgebaut und war damit auch sichtlich zufrieden.

Als der Pioneer A/V-Receiver dann repariert war (der Lautstäkesteller - ein Inkrementalgeber - war defekt gewesen) kam schon wieder ein Schlüsselerlebnis. "Dieses Teil" klingt ja fast so gut wie eine 20 mal teurere Superanlage. Wie kann das sein ?

Andere ähnlich große - frühere und spätere - A/V-Monster waren ja nicht schlecht, doch dieser hier war klanglich herausragend und das für ehemals 1999.- DM. Das "Warum" ließ mich nicht mehr los.
.

Der Umstieg auf die digitale Technik

Ein erster Pioneer VSX aus 1987

Es fing an mit der Einführung der CD in 1992/93, als auf einmal alles digial sein mußte. Selbst die schon immer analogen Lautsprecher waren auf einmal digital oder zumindest digitaltauglich.

Alle damaligen Versuche mit rein digitalen Verstärkern wurden zwar in den populistischen Hochglanz- Audi- und Hifi-Medien "ausgiebigst" bejubelt, - man brauchte immer wieder Neuigkeiten - doch diese Teile (Prototypen von ARCUS und anderen) verschwanden wieder lautlos von der Bildfläche.

Die brauchbare Innovation kam wieder mal aus Japan. Die japanischen Halbleiter-Ingenieure in den Labors der großen Konzerne entwickelten nämlich erste "hybride integrierte Schaltungen", das ist ein Mix aus digitalen und analogen Technologieen und Funktionen.

Der inzwischen ausgereifte analoge Operationsverstärker als solcher hatte ein qualitatives Niveau erreicht, der selbst das edelste Audio-Signal eins zu eins durchreichte und dazu auch verstärkte. Diesen "OP-Amp" digital zu steuern, das wäre doch die Lösung.

Anfänglich gab es neue ICs, bei denen man die Verstärkung des OP-Amp durch eine Steuerspannung von 0 (lautlos = -90db) bis 5 Volt (= maximaler Pegel) analog einstellen konnte. Solche per Software programmierbaren Steuerspannungen konnten die ersten Micro-Controller bereits liefern. Also die Lautstärke, die Klangregelstufe und auch eventuelle aktive Filter konnte der Microcontroller jetzt für jeden Kanal bestimmen und festlegen (speichern).

Weiterhin gab es jetzt ergänzende neue Audio-Schalt-ICs mit ähnlich tollen Eigenschaften, nämlich eines von 4 oder sogar 8 Audio- Eingangssignalen auf einen Ausgang zu schalten, verlustfrei, rauschfrei und blitzschnell. Damit konnte man den mechanischen Eingangs-Umschalter synchron zum Video-Umschalter komplett ersetzen, sogar für 7+1 Kanäle. Das hätte früher fast gar nicht funktioniert.
.

Warum nicht "voll" Digital ?

Natürlich gab es auch bereits die ersten A/V-Verstärker, die als "voll-digital" beworben wurden. Das Eingangssignal des Plattenspielers wurde bereits ganz am Anfang digitalisiert und digital entzerrt. Ganz viele dieser Modelle hatten bereits keinen Phono-Eingang mehr, nur noch einen anlogen CD-Spieler- Eingang (und natürlich ganz viele digitale SPDIF und Toslink Eingänge).

Im Folgenden machte dann der DSP - der "digitale Signla Prozessor" - alle weiteren Funktionen innerhalb seiner CPU - seines Prozessorkerns - sogar bis zum digitalen Endverstärker. Aber auch hier wieder die Erkenntnis - es klingt irgendwie nicht - bzw. man hört, daß da etwas anders ist.

Wir haben solche Receiver aus 2010 und jünger hier bei uns im Labor und können das vergleichen. Vermutlich wurde den frühen DSPs zu viel zugemutet, die CPU war (noch) zu langsam zur gleichzeitigen Bewältigung aller ihr aufgehalsten Aufgaben.

Die großen ONKYO Receiver aus 2009 (z.B. der NR 3007) wurden beworben, sie hätten jetzt sogar 3 DSPs. Das bedeutet doch, einer reichte gar nicht mehr.
.

Noch mal zurück zum Hybrid-IC von 1998

Doch noch mal zurück zur 2. Entwicklungs-Stufe der Hybrid ICs - zum Beispiel von Toshiba. Die Steuerung der Verstärkung der OP-Amps mit einer analogen Gleich-Spannung (von 0 bis 5 Volt) war zwar super, aber von der Ansteuerung her zu aufwendig. Der Microcontroller musste pro zu steuerndem Kanal eine Spannung ausgeben. Toshiba entwickelte eine weitere Technik, bei der die Verstärkung eines OP-Amps in (bis zu) 256 Stufen digital gesteuert möglich war. Und dabei hingen alle 8 oder mehr Steuer-Eingänge an nur einem gleichen Daten-Bus-System, ähnlich unseren Netzwerken. Das Audio-Signal wurde aber nach wie vor unverändert als analoges Signal "durchgeschleust" - wobei der OP-Amp ebenfalls nach wie vor die volle Audio-Qualität durchreichen mußte und auch konnte.

Schaun Sie sich (als Elektronik-Ingenieur) das technische Datenblatt solch eines IC-Bausteins an, sind Sie am Staunen, was die Ingenieure dort alles spezifizieren und was sie da rein gebaut hatten.
.

Und jetzt sind wir mit den Gedanken beim ersten Transistor 1947

Dieses kleine Ding da war ja 1947 völlig neu, ein mit einer kleinsten Spannung steuerbarer ohmscher "Widerstand" - ein "Kristall-Ventil". So nannte man es damals bis der Name "Transistor" geboren war.

Bezogen auf dieses Toshiba IC ist es ähnlich. In dem IC wird wie bei einem analogen Poti "nichts" verändert. Es funktioniert wie ein steuerbarer ohmscher Widerstand. Der Klirrfaktor ist kaum messbar, der Frequenzbereich ist von nahezu 0 bis mehreren hundert Kilohertz absolut linear, die mögliche Signalspannung ist größer als alle denkbaren Audio-Pegel, Rauschen gibts auch (fast) nicht - und das für 4 oder 8 völlig getrennte Kanäle mit nahezu Null Übersprechen.
.
Das ist also das Geheimnis dieses Klangerlebnisses des Pioneer VSX 859 Receivers, das ich mir erst erarbeiten - erlernen - mußte. Es gibt aber keine Vorteile ohne Nachteile. Dieses hybride Analog/Digital- Konzept war absolut super, doch auch hier war der Aufwand an Elektronik ziemlich hoch - zu viele einzelne Bausteine mußten auf die Main-Boards drauf.
.

Ein tiefer Blick in die Datenblätter

Nach nicht so guten Erfahrungen mit anderen japanischen und amerikanischen Herstellern ist hier Pioneer vorbildlich und nicht nur bei den VSX Typen. Es gibt für alle halbleiter und ICs korrekte Typenbezeichnungen und saubere verständliche Diagramme und Zeichnungen. So kann man die Funktionen aus den Pioneer Service- Manuals herauslesen und aus den Datenblättern der einzelnen Chips der Halbleiter-Hersteller ergänzen.

Der Main (Master) VOLUME Chip

Dieser Chip hat 26 Beinchen und kann 6 separate Kanäle (Volumen 1 bis 6) genauso wie 6 einzelne Potentiometer steuern. Man sieht auch, daß die ±15 Volt Versorgungsspannungen auch wirklich hohe Audio-Pegel sauber verarbeiten können. Die allermeisten Audio-Pegel bewegen sich unterhalb von 2 Volt. Aus dem Chip-Handbuch entnehmen wir, daß in dem Chip 6 echte Widerstands- Arrays implementiert sind. Der Text liest sich so :

TOSHIBA CMOS DIGITAL INTEGRATED CIRCUIT TC9482F
(ELEKTRONISCHE SYSTEMLAUTSTÄRKEREGLER)

TC9482N und TC9482F sind elektronische Lautstärkeregler-ICs mit sechs Kanälen, die für Hi-Fi-Audiogeräte entwickelt wurden. Da alle sechs Kanäle einzeln gesteuert werden können, eignen sich die Geräte optimal für Audiogeräte mit mehreren Ausgängen.

Die FUNKTIONEN
.

  • Die Lautstärke kann in 97 Schritten von 0 bis -95 dB oder bis zu einem unendlichen Pegel in 1 dB Schritten gesteuert (eingestellt) werden.
  • Das IC verfügt über sechs einzelne Kanäle mit Lautstärke- Reglerschaltungen und ermöglicht eine unabhängige Lautstärkeregelung.
  • Kann mit einer oder zwei Stromversorgungen betrieben werden.
  • Kann mithilfe des Chip-Select-Eingangs bis zu 4 Chips auf demselben Bus steuern.
  • Integrierte Daten-Schnittstelle für 5-V-Mikrocomputer.
  • Dank seines Polysiliziumwiderstands können Sie mit dem Gerät ein verzerrungsarmes, leistungsstarkes Lautstärkereglersystem konfigurieren.

Die Lautstärkeregelungsschaltung

Die Lautstärkeregelungsschaltung eines Kanals enthält zwei kaskadierte Lautstärkesteller, die jeweils aus einem Widerstandsarray und einem CMOS- Analog- Schalter bestehen.

VR1 dämpft in 1 dB-Schritten von 0 bis 7 dB.
VR2 dämpft in 8 dB-Schritten von 0 bis 88 dB.

(Insgesamt wird die Lautstärke in 1 dB-Schritten von 0 bis 95 dB eingestellt.)

Das Schaubild für einen Kanal

Verständlich erklärt wären das (pro Kanal) 2 physikalische Potentiometer hintereinander geschaltet (kaskadiert),

eines (50 Kilo-Ohm) mit der groben Unterteilung in 8 dB Schritten und
das zweite (20 Kilo-Ohm) in 1 dB Schritten mit der feinen Unterteilung.
.

Der sogenannte "MODE SELECTOR" - Eingangswahlschalter

Hier im Schaubold sieht man, daß alle 6 Kanäle von FLch (Front Left Channel) über FRch, SRch, SLch bis zum Center Kanal und dem Subwoofer Kanal unterschiedlich oder gleichzeitig auf die Ausgänge und den Verstärkerblock geschaltet werden können. Natürlich war dieser Chip speziell für die 5+1 Surround-Technik entwickelt worden.

.

Dann kam wieder eine Wirtschaftskrise und es mußte mit "Gewalt" optimiert werden.

Im Klartext, alles nur irgendwie Entbehrliche wird weggelassen.So ab 2005 oder 2008 wurde dann alles digitalisiert - bis auf die Endstufen. Die blieben analog. Auch bei den 25 kilo Super-Monstern sind die 5 oder 7 oder 9 (150 Watt) Endstufen nach wie vor reine analoge Baugruppen auf großen Kühlkörpern.

Der einkalkulierte Nachteil, das teilweise noch analoge Eingangssignal muß digitalisiert werden und das digitale Ausgangssignal des DSPs - des ehemaligen Vorverstärkers - muß auch wieder in analog zurück geandelt werden.

Kommt das Audiosignal bereits digital an - auch von CD oder DVD Player - , muß nur noch einmal gewandelt werden, aber immerhin, einmal Wandeln ist notwendig.
.

Die "Wandler"

Und jetzt liegt es an den Wandlern, von denen es verschiedenste Qualitätsstufen mit verschiedensten Fehlerkorrekturen gibt.

Auch in den Audio-DSPs gibt es Schwachstellen, wenn zum Beispiel der Ton mit dem Video-Bild synchronisiert werden muß, weil das ja erstmal alles zur gleichen Zeit aus der gleichen Datei kommt. Laut Datenblatt gibt aber das Bild-Signal den Takt vor und der Ton muß nacheilen. Habe ich aber gar kein Bild, läuft der Ton ganz eigene Wege.

Diese Technik wird jetzt richtig komplex und für Video-Fans durchaus akzeptabel, solange das Bild nicht flackert. Für Audio-Fans sind Aussetzer oder die kaum hörbaren Zeitschwankungen nicht akzeptabel, bei hochwertigen A/V- Monstern für 3.500 Euro schon gar nicht.
.

Unsere Erfahrung mit den PCs ist vergleichbar

Sie haben es vielleicht schon mal selbst erfahren. Wenn sich im Laufe der Zeit immer mehr Werbe- oder Müll-Programme beim Windows Start selbsttätig aktivieren und im Hintergrund laden und dann mitlaufen, wird Ihre Textverabeitung immer lahmer und schwerfälliger. Das geht so lange gut, bis Sie einen Fachmann bitten, doch den ganzen Hintergrund- Müll wie Druckertreiber und Nachfüll- Auffoderungen und Update-Erinnenrungen mal rauszuwerfen.

Auch die DSPs sind im Grunde (spezielle) CPUs wie im PC, die von Programmierern gefüttert werden. Dabei hat (in der Regel) die frontale Bedienung Vorrang vor allen Hintergrund-Diensten. Und beim Ton sind unsere Ohren deutlich empfindlicher und sensibler als beim Bild.

Es obliegt also dem (befähigten) Programmierer, bei UKW- oder Phono- oder CD Wiedergabe den Video Bereich abzuschalten und nicht einfach nur inaktiv mitlaufen zu lassen. Doch wie es in den Software-Eingeweiden solch eines DSPs zugeht, werden wir nie raus bekommen. Das ist Firmengeheimnis gewesen.
.

- Werbung Dezent -
Zurück zur Startseite © 2007/2025 - Deutsches Hifi-Museum - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich Filzbaden - DSGVO - Privatsphäre - Zum Telefon der Redaktion - Zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht und kostenlos natürlich.

Privatsphäre : Auf unseren Seiten werden keine Informationen an google, twitter, facebook oder andere US-Konzerne weitergegeben.