Vorwort zum Artikel aus der ELEKTOR 1994 :
Ein Lautsprecher bzw. eine Box oder ein Lautsprecher-System soll und muß in einem bestimmten Raum "klingen". Grundsätzlich ist nicht jeder Raum - jedes Zimmer oder jeder Saal - geeignet, die bestmöglichen Ergebnisse zu produzieren. Dafür gibt es zu viele Faktoren, die einen erheblichen Einfluß auf den Klangeindruck haben.
Ganz bestimmte Konzepte wie die OHM F oder die Infinity Servostatic 1 oder die QUAD Flächenlautsprecher sind Musterbeispiele, wie man da nachhelfen kann, wenn man die anderen Schwächen der jeweiligen Konzeption in Kauf nimmt. Ein solches Beispiel ist auch die große Linkwitz Box, die wir in 2014 ausgiebig bewundern durften.
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Der DYNAMISCHE DIPOL - Ein offenes Lautsprechersystem
Eine Alternative zu den üblichen Einheitsboxen stellt dieser Lautsprecher-Entwurf dar, der das Abstrahlverhalten eines Elektrostaten aufweist, kein Gehäuse besitzt und im unteren Frequenzbereich dennoch mit dynamischen Lautsprechern auskommt. Trotz offener Bauweise konnte durch entsprechende Korrekturmaßnahmen eine untere Grenzfrequenz von etwa 35 Hz erzielt werden.
Um elektrische Audiosignale in akustische Energie umzuwandeln, werden in der Regel dynamische Lautsprecher eingesetzt. Dies gilt für Mini-Empfänger, Telefonhörer über die häusliche HiFi-Anlage bis hin zu den gewaltigen Lautsprechertürmen einer PA.
Zwar gibt es auch Alternativen wie elektrostatische, Bändchen- und Ionenlautsprecher, diese sind aber nicht nur teurer, sondern auch wesentlich empfindlicher und schwieriger herzustellen als ein Konuslautsprecher, bei dem die Herstellerindustrie auf einen nahezu 70-jährigen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann.
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Der tiefe Bass kommt nur von Konuslautsprechern
Für eine hochwertige Reproduktion gibt es vor allem im Tieftonbereich kaum eine Alternative zum Konuslautsprecher. Nur er kann eine ausreichend große Luftmenge in Bewegung bringen, wie es in Zusammenhang mit der physiologischen Gehörkurve notwendig ist. Damit eine Membran tiefe Frequenzen wiedergeben kann, ist es wichtig, daß vor- und rückseitiges Luftvolumen der Membran voneinander getrennt sind, damit es zu keinem akustischen Kurzschluß kommen kann.
Dies ist der Grund, warum für die Baßwiedergabe ein mehr oder weniger voluminöses geschlossenes oder Baßreflex-Gehäuse die Regel ist. Ein solches Gehäuse wirft auch Probleme auf: So schwingen die Gehäusewände ein wenig mit (wenn es sich nicht gerade um ein Gehäuse aus Beton, Marmor oder Margarine handelt), was zu deutlich hörbaren Klangverfärbungen führt. Um das Problem auf einfache Weise zu lösen, haben wir mit einer freien Aufstellung des Baßlautsprechers experimentiert. Auf die Ergebnisse kommen wir später noch zurück.
Das Abstrahlverhalten
Ein anderer Aspekt der Wiedergabe ist das Abstrahlverhalten des Lautsprechersystems. Vielfach wird die Forderung erhoben, die Lautsprecher müßten ein punktförmiges Abstrahlverhalten aufweisen, wobei alle Frequenzbereiche von einem Punkt in einem Winkel von 360° abgestrahlt werden.
In der Praxis läßt sich dies für Mittel- und Hochtöner kaum verwirklichen (hier ist der Abstrahlwinkel auf 180° beschränkt), lediglich der Tieftöner funktioniert als Rundum-Strahler. Montiert man Mittel- und Hochtöner nicht nur auf der Vorder-, sondern auch auf der Rückseite der Box, kommt man dem geforderten Rundum-Strahler aber nahe.
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Ein Vergleich mit elektrostatischen Lautsprechersystemen
Eine andere Situation tritt bei elektrostatischen Lautsprechersystemen auf. Diese strahlen nämlich aufgrund ihrer Bauweise in zwei Richtungen ab, nämlich nach vorne und nach hinten. Da sich aber die Schallwellen auf Vorder- und Rückseite der Elektrostaten-Folie in Gegenphase befinden, ergibt sich ein völlig anderes Klangbild als bei einem Rundum-Strahler.
Bei einem Elektrostaten spricht man von einem Dipol-Strahler mit einem achtförmigen Strahlungsbild. Das Klangbild eines solchen Dipols ist besonders gut, wenn sich durch Reflexion der rückwärtigen Schallwellen an der Zimmerwand ein vergößertes räumliches Stereobild ergibt.
Zwei Konzepte in einer Box
Was liegt also näher, als eine Lautsprecherbox zu konstruieren, die sich zwar klanglich wie ein Elektrostat verhält, aber dennoch mit dynamischen Lautsprechern ausgestattet ist. Die Baßwiedergabe übernehmen ein oder mehrere Tieftonlautsprecher, die auf einer Schallwand montiert sind. Der Einfluß des Gehäuses auf das Klangbild ist Null, weil es (zumindest theoretisch) überhaupt kein Gehäuse gibt!
Für die Mitten und den Hochtonbereich sind Lautsprecher sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite der Box montiert, damit das Abstrahlverhalten bei diesen Frequenzen dem der Baßlautsprecher so weit wie möglich ähnelt. Da sich die Baßlautsprecher wie ein Dipol verhalten, müssen die übrigen Lautsprecher auch ein Dipol-Klangbild aufweisen. Während sich der Konus eines Lautsprechers nach außen bewegt, muß der Konus des auf der Rückseite montierten Lautsprechers gegenphasig nach innen wandern. Dieses Prinzip ist übrigens nicht neu, aber in einem Selbstbau-Entwurf unseres Wissens noch nie angewandt worden.
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Nachtrag bzw. Anmerkung :
Dieser Artikel ist aus Elektor 9/1994. In verschiednen Elektor Artikeln über Frequenzweichen und Filter wird der Name Siegfried Linkwitz recht oft erwähnt. Daß Linkwitz auch Boxen konzipiert und als Muster gebaut hatte, ist nur wenigen bekannt. In 2014 haben wir uns diese Linkwitz Boxen in Stuttgart anhören dürfen und Erstaunliches festgestellt.
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Korrekturmaßnahmen
Wenn ein Lautsprecher mitten auf eine Platte montiert wird, fällt die Frequenzcharakteristik dieser Anordnung unterhalb einer bestimmten Eckfrequenz, deren Höhe abhängig von den Abmessungen der Platte ist, mit 6 dB/Oktave ab. Unterhalb der Resonanzfrequenz des Lautsprechers beträgt die Steilheit sogar 18 dB/Oktave, was allerdings weniger bedeutend ist, wenn man einen Lautsprecher mit tiefer Resonanzfrequenz verwendet.
Der Verlauf ist eigentlich viel günstiger als bei einer geschlossenen Box mit 12 dB/Oktave oder einem offenen Baßreflexsystem mit 12 ... 18 dB/Oktave. Der Nachteil ist lediglich die relativ hohe Grenzfrequenz, deren halbe Wellenlänge dem Durchmesser der (kreisförmig angenommenen) Platte entspricht.
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Der akustische Kurzschluß
Bei dieser Frequenz beginnen Vor- und Rückseite des Konus gegeneinander zu arbeiten, wodurch natürlich das hörbare Resultat recht bescheidene Formen annimmt. Die Luftmasse, die der Lautsprecher mit viel Anstrengung nach vorne drückt, wird um die Platte herum vom Unterdruck aufgesaugt, den er auf der Rückseite erzeugt.
Nun muß man lediglich die Platte groß genug machen, um die untere Grenzfrequenz dieser Anordnung weit genug abzusenken: Etwa 9 (neun !) m² für eine Eckfrequenz von 57 Hz !
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Die Vorteile einer gehäuselosen Schallwand
Auch wenn solche gewaltigen Abmessungen einer Schallwand weniger für das häusliche Wohnzimmer geeignet scheinen, hat ein Aufbau mit gehäuseloser Schallwand eine Reihe von prinzipiellen Vorteilen, die auch für unseren Bauvorschlag interessante Aspekte aufweisen.
So treten keine stehenden Wellen im Gehäuse auf, und die Gehäusewände können nicht mitschwingen. Nur die Platte selbst kann schwingen, was natürlich sowohl für den freien Aufbau als auch für eine Schallwand in einer Box zutrifft und gerade bei "normalen" Materialien wie Holz ein großes Problem darstellen kann.
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- Anmerkung : Das alles stimmt nur bedingt, den die JBL Pyramidengehäuse der JBL Ti 250 und der JBL Ti 1000 belegen das Gegenteil.
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Es gibt alternativ mehrere Möglichkeiten
Um nun die Schallwand auf ein wohnzimmergeeignetes Maß zurechtzustutzen, kann man von mehreren Möglichkeiten Gebrauch machen. Montiert man den Lautsprecher direkt über dem Boden, erreicht man eine künstliche Verlängerung zumindest einer Seite der Schallwand und somit eine leichte Verringerung der unteren Grenzfrequenz.
Außerdem läßt sich der Abfall der Frequenzcharakteristik zumindest teilweise auf elektrischem Wege kompensieren. Zwar geht dies auf Kosten des Wirkungsgrads und des maximalen Schalldrucks, was dem Hörgenuß aber durch eine geeignete Dimensionierung der Korrekturmaßnahmen, ausreichende Verstärkerleistung und einer großen Konusoberfläche nicht zum Nachteil gereichen muß.
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Jetzt zu unserem "dynamischen" Dipol
Unser dynamischer Dipol besitzt eine hohe und relativ schmale Schallwand,
die auf dem Boden steht und zwei 21cm-Bässe trägt. Messungen haben ergeben, daß man ohne weitere Maßnahmen mit dieser Anordnung einen -3dB-Punkt von ungefähr 100 Hz erhält. Damit kein zusätzlicher Leistungsverstärker notwendig ist, haben wir uns für eine passive Korrektur mit LCR-Netzwerken entschieden.
Die Lautsprecher können direkt an die Korrektur/Frequenzweiche angeschlossen werden.
- Anmerkung : Heute in 2023 macht man dieses passive Konzept nicht mehr. Die Frequenzweichen und die digitalen Endstufen mit erstaunlicher Qualität zu noch viel erstaunlicheren Preisen ermöglichen ein voll Aktive Konzeption der Elektronik.
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Zu Bild 1
In Bild 1 ist dies grafisch dargestellt. Beachten Sie, daß die Amplituden dieser Kurven in keinem Verhältnis zueinander stehen.
Um den Wirkungsgrad und den maximalen Schalldruck auf akzeptablen Werten zu halten, wird die Korrektur nur auf wenig mehr als eine Oktave beschränkt. Dies bedeutet eine Verringerung des Wirkungsgrads um ungefähr 8dB.
Wenn aber zwei Chassis parallel arbeiten, erreicht man zwar keine Erhöhung des Wirkungsgrads - die Lautsprecherimpedanz wird niedriger und so die Leistung höher - aber erhält einen maximalen Schalldruck, wie ihn ein einzelner nicht korrigierter Lautsprecher in einem geschlossenen Gehäuse aufweisen würde.
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Zu Bild 2
In Bild 2 ist ein Frequenzschrieb eines unkorrigierten (oben) und eines korrigierten Lautsprechers (unten) zu sehen, die beide auf der Schallwand montiert sind. Deutlich ist der verringerte Schalldruck von 8dB auszumachen, allerdings ist auch zu erkennen, daß der -3dB-Punkt von etwa 100Hz auf 35Hz verschoben ist. Die untere, korrigierte Kurve fällt übrigens über 200Hz wieder ab, weil das eingesetzte Filter zusätzlich eine Tiefpaßfunktion übernimmt.
Im Vergleich zu herkömmlichen Boxen scheint die Schallwand vielleicht für etwas weniger Druck im Baßbereich zu sorgen, dies liegt allerdings darin begründet, daß Boxenentwickler nicht den Einfluß der Zimmerwände in die Abstimmung der Boxen mit einbeziehen. Dieser tieftonanhebende Einfluß produziert dann in der konkreten Aufstellung im Wohnzimmer eine regelrechte "Baß-Beule" in der Frequenzcharakteristik.
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Das Frequenzverhalten von Baßlautsprechern
Baßlautsprecher weisen auf der Vor-und der Rückseite ein nahezu identisches Frequenzverhalten auf, wie es für einen Dipol-Lautsprecher ideal ist. Leider ist dies bei den anderen Lautsprechern nicht der Fall, denn Mitteltöner besitzen auf der Hinterseite nur relativ kleine Schallöffnungen, denen zu allem Überfluß auch noch der Magnet im Wege sitzt. Deshalb erhält man eine ziemlich krumme (rückwärtige) Frequenzkurve und ein schlechtes Abstrahlverhalten.
Hochtöner (Tweeter) strahlen ob ihrer geschlossenen Bauweise sowieso nur in eine Richtung. Dies bedeutet, daß wir für Mitten- und Hochtonbereich zusätzliche Lautsprecher für die rückwärtige Abstrahlung einsetzen (müssen).
Um die krumme Frequenzkurve der Mitteltöner vollends zu eliminieren, werden alle vier Lautsprecher in ein kleines geschlossenes Gehäuse eingebaut. Um ein Gehäuse kommen wir also beim Dipol-Lautsprecher nicht herum, nur ist es so klein und so geformt, daß es den Gesamteindruck einer frei im Raum stehenden Schallwand nicht stört, wie die Fotos beweisen.
Die Lautsprecherwahl (in 1994 !!)
Für ein gutes Abstrahlverhalten sollte das Verhältnis der Lautsprecherdurchmesser zu den Wellenlängen des entsprechenden Frequenzbereichs relativ klein bleiben. Es bietet sich also ein Dreiweg-System an. Damit die Beschaffung der Chassis kein Problem bereitet, haben wir uns für Lautsprecher desselben Herstellers, nämlich der dänischen Marke Vifa entschieden.
Vifa-Lautsprecher zeichnen sich durch ein sehr günstiges Preis/Leistungsverhältnis aus und sind, wie man es von dänischen Lautsprechern gewohnt ist, hervorragend konstruiert und verarbeitet. Für die zwölf in einem Pärchen eingesetzten Lautsprecher muß man laut Vifa-Importeur mit Kosten von ungefähr 1.200.- DM rechnen.
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Anmerkung : Heute in 2022 würde man auf andere Hersteller aus Deutschland ud aus Dänemark zurückgreifen.
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Die Auswahl im Einzelnen
Als Bass (Woofer) kommen zwei "21WP250" zum Einsatz, 21cm Lautsprecher mit einem Konststoff-Konus. Durch den ziemlich großen Magneten besitzt der Bass eine hohe elektrische Dämpfung, so daß trotz des fehlenden Gehäuses ein gutes Impulsverhalten möglich ist.
Für den Mitteltonbereich haben wir einen 10cm-Lautsprecher mit einem Konus aus gecoateten Papier und doppeltem Magneten mit der Bezeichnung M110 gewählt. Dennoch ist dieser Lautsprecher so klein, daß er bequem an der Schallwand befestigt werden kann. Der Gehäuseinhalt beläuft sich auf lediglich 1 Liter.
Schließlich noch zum Tweeter: Hier stehen ein 19mm-Exemplar mit Aluminium-Dome (HT220) bezeihungsweise mit Soft-Dome (BTR 26) zur Auswahl. Beide Tweeter klingen hervorragend, und welchen Typ man einsetzt, ist Geschmackssache. An der Filterdimensionierung ändert sich jedenfalls nichts.
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Filter- und Korrekturnetzwerk (fällt bei der Aktiv-Version weg)
Obwohl das Filternetzwerk in Bild 3 zwei verschiedene Aufgaben übernehmen muß, beschränkt sich die Zahl der Bauteile auf ein Minimum. Das Verhalten des Filters läßt sich übrigens an Bild 4 ablesen.
Für die Korrektur nach Bild 1 sind lediglich die beiden Komponenten R2 und L2 zuständig. L1 und C1 sind das eigentliche Filter mit einer oberen Eckfrequenz von circa 400 Hz und einer Flankensteilheit von 12 dB/Oktave. In Bild 4 scheint die obere Grenzfrequenz etwas darunter zu liegen, allerdings haben wir es bei dem Schrieb einzig mit den Ausgangssignalen des Filters zu tun, bei denen noch keine Lautsprechereigenschaften berücksichtigt sind.
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Ein 10 Ohm-Widerstand parallel zu C1 sorgt dafür, daß die Endstufe einen relativ konstanten Ausgangswiderstand "sieht", trotz des Korrekturnetzwerks und der frequenzabhängigen Impedanz des Lautsprechers selbst.
Das Bandfilter für die Mitteltöner besteht aus C2/L4 für die untere Grenzfrequenz von 400 Hz und L3/C3 für die Begrenzung bei ungefähr 5 kHz zum Hochtonbereich hin. Auch hier haben wir es mit Filtern 2. Ordnung und damit Flankensteilheiten von 12 dB/Oktave zu tun. Zusammen mit dem Frequenzverhalten des M110 ergibt sich nach unten hin eine ziemlich steile Flanke, und dies ist auch notwendig, damit die Mitteltöner nicht Teile des energiereichen Tieftonbereichs übertragen müssen.
Zwischen Filter und Lautsprechern sitzt noch ein Widerstandsteiler (R3/R4), der den Schalldruck um 3,5 dB absenkt. Ähnliches findet man mit R5/R6 in der Hochtonsektion, der den Hochtonpegel um 5,5 dB abschwächt. Zusammen ergibt dies eine ausgeglichene Wiedergabe der drei Lautsprecherpaare. Als Filter 2. Ordnung in der Hochtonsektion arbeiten C4 und L5.
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Beim Selbstbau : die Holzarbeiten
Die Bauzeichnung für das Gehäuse in Bild 7 zeigt alle Holzteile, die für den Aufbau einer Box notwendig sind. Die Funktion der gezeigten Holzbauteile wird spätestens bei der Betrachtung der diversen Fotos deutlich.
Bis auf eine Ausnahme sind alle Holzteile aus 25mm starkem MDF (mittel diechte Faserplatte) angefertigt, was der Konstruktion trotz seiner relativ großen Höhe von etwa 1,2m ausreichende Steife verleiht.
Die Vorderseite
Das wichtigste Teil ist die große Schallwand A, die die beiden Bässe, einen Mittel- und einen Hochtöner aufnimmt. Die Lautsprecher werden, obwohl dies sicherlich einiges an Mehrarbeit verursacht, versenkt montiert, und zwar nicht nur aus optischen Gründen, sondern auch, weil sich das Abstrahlverhalten von Mittel- und Hochtöner durch diese Maßnahme verbessert.
Die Rückseite
Die rückseitig montierten Lautsprecher werden dagegen auf die Platte geschraubt, da das Phasenverhalten hier keine wichtige Rolle spielt. Die Detailzeichnungen 2, 3 und 4 zeigen die Abmessungen der Ausfräsungen für den versenkten Einbau. Verfügen Sie nicht über das geeignete Fräswerkzeug, sollten Sie diese Arbeiten ebenso wie die Anfertigung der 82mm durchmessenden 15mm tiefen Ausfräsung, die später den Magneten des rückwärtigen Mitteitöners aufnimmt, einer Schreinerwerkstatt überlassen.
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Der Zusammenbau des Bausatzes
Die Schallwand wird auf den Fuß D gesetzt und mit den beiden Seitenstützen C befestigt. Sicherheitshalber sollte hier nicht nur geleimt werden; einige Spax-Schrauben von unten durch den Sockel in die Schallwand und die Seitenstützen stabilisieren die Konstruktion erheblich. Beachten Sie, daß die Ober- und Unterkanten der Seitenteile leicht angefast werden müssen.
Nun zur Konstruktion der Mitten/Hochton-Abteilung. Zunächst schneidet man die Platte B so wie in Bild 7 aus und bringt entsprechend Bild8 Kabeldurchführungen an, dann leimt man das Paneel von hinten auf die Schallwand. Schließlich bereitet man noch die Rückwand E vor (die einzige Platte, die nur 10 mm stark ist), die später das Mittel/Hochtongehäuse abschließt.
Die Konstruktion ist damit fertig, so daß man sie je nach Gusto lackieren kann, damit sie zum Gustostückerl wird. Nach der Oberflächenbehandlung sind zunächst die vorderen Lautsprecher festzuschrauben und die Kabelverbindungen zu legen. Vergessen Sie nicht, die Kabelenden zu markieren, bevor Sie die Rückwand E mit Spax-Schrauben befestigen.
Etwas Silikonband zwischen den Platten B und E kann nicht schaden. Die Kabeldurchführungen werden mit Silikon luftdicht abgeschlossen und schließlich die beiden rückwärtigen Lautsprecher LS4 und LS6 festgeschraubt. Beachten Sie die vertauschte Polarität gegenüber den Frontlautsprechern.
Schließlich schraubt man die bestückte Frequenzweiche (bei der passsiven Version) unter den Woofern fest und verkabelt sie. Die Eingangsbuchsen kann man wie in Bild 9 auf einem an der Bodenplatte befestigten Alu- oder Plexiglaswinkel anbringen.
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Messen und hören - die Frequenzcharakteristik
Bild 10 zeigt die Frequenzcharakteristik des Dipol-Strahlers, die im Abstand von 1m (unter 250Hz : 10cm) ermittelt wurde. Die Kurve fällt nach oben hin leicht ab. Dies erwies sich nach einigen Hörtests als optimal, da die rückwärtigen Hochtöner einen zusätzlichen Beitrag liefern, wenn sie über die Zimmerwände reflektriert werden.
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Der Impedanzverlauf (Bild 11) sollte keinen Endstufen Schwierigkeiten bereiten. Obwohl zwei Woofer parallel geschaltet sind, unterschreitet die Impedanz 3,5 Ohm (bei 70Hz) nicht. Auch sind die Impedanzvariationen über den gesamten Frequenzbereich mit 3,5 ... 9 Ohm sehr gering und deshalb auch die Phasenverschiebungen marginal.
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Ganz wichtig - die Aufstellung im Hörraum
Wie vermutet kommt der Aufstellung der Lautsprecher im Hörraum eine große Bedeutung zu. Da man die Schallwände nicht direkt in der Zimmerecke plazieren sollte, eignet sich der Dipol-Strahler kaum für kleine Räume.
- Anmerkung : Als Berater muß ich immer wieder auf die Wellenlänge der 40Hz Frequenz von ca. 8 Metern hinweisen, weil man in kleineren Räumen nur die Obertüne solcher tiefen Frequenzen hören kann.
Wir empfehlen, zu den Seitenwänden einen Abstand von mindestens 1m und zu der Rückwand von 70 ... 80cm einzuhalten. Die Plazierung des Dipols bestimmt nicht nur die Reflexionen der rückwärtigen Lautsprecher, sondern beeinflußt auch den Anteil der tieferen Frequenzbereiche. Je näher man die Schallwand an die Zimmerwand schiebt, desto kräftiger sollte der Baß klingen.
Die Reflexionen des Mittel- und Hochtonbereichs sind stark von der Tapeten-Art und der Einrichtung des Wohnraums (Hörraum) abhängig. Sollte Ihnen der Mitten- beziehungsweise Hochtonanteil etwas zu unter- oder überrepräsentiert vorkommen, läßt sich das durch eine Änderung von R3 (Mitten) beziehungsweise R5 (Höhen) um eine E6-Stufe korrigieren.
Auf die Filterfunktion hat diese kleine Modifikation keinen nennenswerten Einfluß, obwohl die Änderung in den allermeisten Fällen ausreichen sollte, um ein optimal auf die individuellen Begebenheiten und Hörgewohnheiten ausgerichtetes Klangbild zu produzieren. Ein dickes Plus von Selbstbau-Boxen gegenüber nicht zu modifizierenden Fertigprodukten!
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Am Ende - Bewertung des Klangeindrucks
Abschließend noch ein paar Worte zu den Klangeindrücken: Das auffallenste Merkmal des Dipol-Strahlers ist der räumliche Charakter der Wiedergabe, was ja durch die zusätzlichen Reflexionen auch kein Wunder ist.
Dies muß übrigens nicht bei allen Musikrichtungen von Vorteil sein: Während man bei "natürlichen" Aufnahmen gravierende Vorteile erzielt, kommt ein Dipol bei der Wiedergabe von (künstlich) stark verhallter Musik bisweilen ins Schleudern.
Ein anderes Charakteristikum des Dipolsstrahlers ist die besonders breite Hörfläche. Während man bei normalen Boxen nur an der Spitze der Stereo-Dreiecks optimal stereophone Wiedergabe genießen kann, ist das Stereobild des Dipols weit weniger ortsgebunden.
Die Baßwidergabe wirkt sehr sauber und um einiges "ehrlicher" als bei normalen Boxen, die aufgrund ihrer Ein- und Aufstellung im Hörraum im Baßbereich einen mehr oder weniger zu starken Schallpegel produzieren.
Der dynamische Dipol ist ein Lautsprechersystem, das neben seinem gefälligen Äußeren auch eine hervorragende Widergabequalität aufweist.
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Nochmal das Datum : Aus Elektor 9/1994.
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