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Technik-Artikel 9 - teilweise aus einem Büchlein von 1988

Die beiden Autoren Michael Janitz und Claus Römer sind oder waren Ingenieure beim Südwestfunk Baden Baden (damals noch SWF, inzwischen SWR) und haben mehrere Aspekte der 1988 modernen Rundfunk- und Studiotechnik beschrieben. Die Didaktik ist vorbildlich und der Schreibstil ist mustergültig, darum hier ein paar Auszüge. Dies ist einer von mehreren Artikeln. Der nächste Artikel steht hier. Die Übersicht über alle diese Artikel steht hier.

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Die verschiedenen Mikrofonverfahren

Im Jahre 1861 führte Philipp Reis (1834-1874) in einem Vortrag vor der physikalischen Gesellschaft in Frankfurt das von ihm erfundene "Telephon" vor. Die Anlage bestand aus einem Sende- und Empfangsteil.

Reis ist somit der Schöpfer des ersten Mikrofones, einem Holzkästchen, das eine Öffnung mit einem Einsprachetrichter enthielt. Über eine zweite Öffnung war eine Membran aus Schweinsdünndarm gespannt, die beim Einsprechen in Schwingungen geriet und im gleichen Rhythmus über Platinkontakte den Stromdurchgang steuerte.

Mit seiner Erfindung konnte Philipp Reis Töne und einzelne Worte verständlich übertragen, für zusammenhängende Sätze war die Sprachverständlichkeit jedoch nicht ausreichend.

Fast zwei Jahrzehnte mußten noch vergehen, bis die ersten Telefonverbindungen aufgebaut werden konnten.

Mehrere namhafte Erfinder, unter ihnen Thomas Alva Edison, Emil Berliner und David Edward Hughes (1831-1900), von dem auch der Name "Mikrophon" stammte, kamen auf das Kontaktprinzip von Reis zurück. Man hatte erkannt, daß sich Kohle und besonders Kohlekörner zur Widerstandsänderung im Takte der Sprachschwingungen eignen.

So entstand die prinzipiell kaum noch geänderte Mikrofonkapsel, die bis zum heutigen Tag im Fernsprechwesen ihre Anwendung findet. Sie wurde auch bei den ersten Rundfunkübertragungen in den 20er Jahren eingesetzt; bessere Möglichkeiten kannte man nicht.

Wofür braucht man Mikrofone ?

Mikrofon-Demo 1947, sorry 1937 !!

Ein Mikrofon hat die Aufgabe, akustische Energie in elektrische Energie umzuwandeln; Schallschwingungen müssen in Wechselspannungen umgesetzt werden. Dies kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen.

In der Studio-und Hi-Fi-Technik werden heute ausschließlich dynamische und Kondensator-Mikrofone verwendet, die sich durch hervorragende Qualitätseigenschaften auszeichnen.

Das Tauchspulmikrofon

Bei dem Tauchspulmikrofon, das nach dem dynamischen Prinzip arbeitet, ist an einer nach außen gewölbten Membran eine Spule befestigt, die in das ringförmige homogene Feld eines Dauermagneten eintaucht. Membran und Spule werden duch den Schalldruck in Bewegung gesetzt (Druckempfänger), so daß in der Spule, die im allgemeinen eine Impedanz von 200 Ohm hat, nach dem Induktionsgesetz eine Spannung erzeugt wird.

Im Gebiet der Resonanz, die man zweckmäßigerweise in den mittleren Hörbereich legt, wird die Maximalspannung abgegeben. Durch besondere Maßnahmen erhält der Frequenzgang einen ausgeglichenen Verlauf. So werden an verschiedenen Stellen mit besonderen Kanälen und Formgebungen vor und hinter der Membran Dämpfungen erzielt, die die Resonanzerhöhung abbauen. Zur Anhebung der tiefen Frequenzen kann ein Ausgleichsrohr verwendet werden, das den Hohlraum hinter der Membran mit der Außenwelt verbindet und ähnlich wie die Öffnung bei Baßreflexboxen wirkt.

Das Bändchenmikrofon

AEG Mikrofon um 1936 mit AEG K2 Bandgerät

Zu den elektrodynamischen Wandlern zählt auch das Bändchenmikrofon. Zwischen den Polen eines starken Permanentmagneten ist ein locker gespanntes Aluminiumbändchen angebracht. Es wird beim Beschallen im Magnetfeld hin- und herbewegt, so daß an seinen Enden eine induzierte Spannung abgegriffen werden kann.

Die Bewegung entsteht hier durch die Druckdifferenz (Druckgradient) vor und hinter dem Bändchen. Die Eigenfrequenz der Anordnung wird durch lockere Aufhängung des Bändchens in den unteren Übertragungsbereich gelegt. Dadurch wird die Wirkung des mit der Frequenz zunehmenden Druckgradienten durch die Massehemmung des Bändchens aufgehoben, so daß ein nahezu linearer Frequenzgang entsteht.

Im Gegensatz zum Druckempfänger ist die Ausgangsspannung des Bändchenmikrofons von der Einfallsrichtung des Schalles abhängig. Das Bändchen wird am stärksten bei frontaler oder rückwärtiger Beschallung angetrieben, während es in Ruhe bleibt, wenn der Schall seitlich eintrifft. Dieser Druckgradientenempfänger besitzt eine achtförmige Richtcharakteristik. Das Bändchen hat einen Widerstand von etwa 0,1 Ohm und liefert nur eine geringe Spannung. Aus Anpassungsgründen ist in dem Mikrofon ein Übertrager eingebaut, der die Impedanz auf 200 Ohm erhöht und gleichzeitig die Ausgangsspannung vergrößert.

Das Kondensatormikrofon

Es waren Georg Neumann Mikrofone,
die von Telefunken vertrieben wurden

Bei den kapazitiven Wandlern werden Kapazitätsänderungen in Spannungsschwankungen umgesetzt. Das Kondensatormikrofon (Abb. 7) besteht aus einer festen Elektrode G, vor die in geringem Abstand (ca. 20 Mikrometer) eine dünne Membran M aus Aluminium oder metallisiertem Kunststoff gespannt ist. Sie wird beim Besprechen ausgelenkt / bewegt, so daß sich die Ruhekapazität C0 um den Betrag AC ändert. Die Spannungsquelle E hat im Kondensator eine Ladung aufgebaut, die entsprechend der Kapazitätsänderungen Schwankungen unterliegt. Dabei fließt ein Ladestrom, der an dem sehr hochohmigen Arbeitswiderstand Ra eine zur Auslenkung proportionale Spannung erzeugt.

Auch bei diesem System ist die Lage der Eigenfrequenz sehr wichtig. Sie wird bei Kondensatormikrofonen an die obere Grenzfrequenz gelegt. Der eigentliche Arbeitsbereich liegt also unterhalb der Resonanz. In diesem Gebiet verhalten sich Schalldruck und Membranauslenkung weitgehend frequenzunabhängig zueinander.

Da die Kapselanordnung sehr hochohmig ist, sind bereits geringe Schalt- und Kabelkapazitäten schädlich. Die an Ra abgegriffene Wechselspannung wird deshalb direkt einem (Vor-) Verstärker zugeführt, der im Mikrofongehäuse mit untergebracht sein muß.

Die sogenannte Polarisationsspannung E, die im allgemeinen zwischen 46 und 60 Volt liegt, wird einem Netzgerät entnommen, das auch die Versorgungsspannung für den Verstärker liefert. Sie kann bei besonderen Kondensatormikrofonen durch einen Elektreten ersetzt werden, einen Nichtleiter, dem durch eine spezielle Behandlung ein elektrisches Feld dauerhaft eingeprägt worden ist, so daß die Elektretspannung ständig zur Verfügung steht.

Für die Anwendung in Kondensatormikrofonen dient die metallisierte Kunststoffmembran selbst als Elektret.

Es sind die besten Mikrofone (1988)

Beispielfoto von Neumann Berlin
SCHOEPS Anzeige von 1977

Kondensatormikrofone sind die derzeit (1988) besten Schallwandler. Sie besitzen nicht nur hervorragend ebene Frequenzgänge, sie zeichnen sich auch infolge der geringen Membranmasse durch eine besonders getreue Wiedergabe impulshaltiger Klänge aus.

Vorteilhaft ist außerdem der hohe Ausgangspegel dank des integrierten Verstärkers, so daß selbst auf langen Mikrofonzuleitungen Störfelder kaum den Klang beeinträchtigen. Wegen dieser Vorteile ist das dynamische Mikrofon im Studiobetrieb heute kaum noch anzutreffen. Allerdings benötigt das Kondensatormikrofon eine Spannungsversorgung, und zudem ist es recht teuer.

Für den Hi-Fi-Freund sind kommerzielle Kondensatormikrofone schon deshalb unerschwinglich, weil es mit einem einzigen Exemplar nicht getan ist. Einige Firmen bieten allerdings auch preisgünstige Modelle an, die in der Regel mit den erwähnten Elektretkapseln bestückt sind und daher auf die Polarisationsspannung verzichten können.
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Was hat es mit der Richtcharakteristik auf sich?

Das Richtungsverhalten eines Mikrofones ist ein Kriterium, das seinen Anwendungsbereich weitgehend beeinflußt. Man kennt im wesentlichen drei Richtcharakteristiken. Sie haben die Form einer Kugel, einer Niere (auch Cardioide genannt) und einer Acht.

Mikrofone mit Kugelcharakteristik sind von allen Seiten gleich empfindlich; es sind ungerichtete Mikrofone. Cardioid-Mikrofone besitzen dagegen eine bevorzugte (frontale) Schalleinfallsrichtung, bei der die Empfindlichkeit am größten ist. Wandert die Schallquelle zur Seite, nimmt der Übertragungsfaktor ab. Er erreicht bei rückwärtigem Schalleinfall ein Minimum.

Bei den Mikrofonen mit "acht förmiger" Richtcharakteristik (man nennt sie auch Doppelniere) ist die Empfindlichkeit bei frontaler und rückwärtiger Beschallung gleich groß und maximal. Sie zeigt dagegen ein Minimum bei Schalleinfall von der Seite. Nieren- und Achtermikrofone sind im Gegensatz zum Kugelmikrofon gerichtete Mikrofone.

Die Qual der Wahl . . .

Je nach Anwendungsfall wählt man sich ein Mikrofon mit der passenden Richtcharakteristik aus.

Das Kugelmikrofon bewährt sich bei großen Gesprächsrunden oder bei der Aufnahme von Informationen, die aus verschiedenen Richtungen einfallen. Sollen störende Geräusche, Schallreflexionen von den Wänden und unerwünschter Nachhall ausgeblendet werden, wird man zu den gerichteten Mikrofonen greifen. Das gilt sowohl für Sprach- als auch für Musikaufnahmen.

Insbesondere für die Stereofonie ist der Gebrauch von Richtmikrofonen zur Erzielung einer hohen Übersprechdämpfung unerläßlich. Der Einsatz von Achtermikrofonen ist bei der Aufnahme zweier Gesprächspartner zweckmäßig. Neben den genannten drei Richtcharakteristiken können auch die hypercardioide und die keulenförmige Charakteristik von Interesse sein. Beide zeichnen sich durch eine besonders hohe Richtwirkung aus, so daß man sich bei diesen Mikrofonen größere Besprechungsabstände leisten kann, ohne daß übermäßig viel Störschall aufgefangen wird. Sie werden daher vorzugsweise bei Film- und Fernsehaufnahmen eingesetzt.

Die Kugelcharakteristik

Wie erreicht man die unterschiedlichen Richtcharakteristiken? Beginnen wir mit der Kugelcharakteristik, da sie sich am einfachsten verwirklichen läßt. Man muß lediglich dafür sorgen, daß die Membranbewegung durch Schalldruckschwankungen zustande kommt, da der Druck eine ungerichtete Größe ist.

In Abb. 8a ist ein Kugelmikrofon stark vereinfacht dargestellt, das eigentliche elektrische Wandlersystem fehlt. Die Membran und das Mikrofongehäuse schließen ein Luftvolumen V von der Außenwelt luftdicht ab. Bei Beschallung ändert sich außerhalb des Mikrofons der Druck. Die Membran gibt dem Druck nach und gerät in Bewegung. Man bezeichnet derart gebaute Wandler als Druckempfänger. Sie sind grundsätzlich richtungsunabhängig, d.h. sie besitzen eine Kugelcharakteristik.

Die Doppelniere

Die Realisierung einer achtförmigen Richtcharakteristik haben wir bereits bei der Behandlung des Bändchenmikrofons kennengelernt. Hierbei fehlt das abgeschlossene Volumen. Der Membranantrieb erfolgt durch den Druckunterschied, auch Druckgradient genannt, der sich vor und hinter der Membran durch den Schallumweg um das Mikrofongehäuse herum ausbildet.

Es ist einleuchtend, daß diese Druckdifferenz am größten ist, wenn der Schall senkrecht zur Membran einfällt. Dagegen ist eine Membranauslenkung bei seitlicher Beschallung nicht möglich, da sich infolge gleicher Weglängen kein Druckunterschied ergibt. Bei Kondensatormikrofonen wird die feste Gegenelektrode perforiert, so daß auch von der Rückseite Schall auf die Membrane treffen kann. (Abb. 8b)

Die Einfachniere

Mikrofone mit nierenförmiger Richtcharakteristik sind ebenfalls Druckgradientenempfänger. Bei ihnen wird die Nullstelle durch geeignete Mittel auf die Rückseite gelegt. Man erzielt dies dadurch, daß man den Schall, der die Membranrückseite erreicht, durch ein Laufzeitglied leitet. Derartige Laufzeitglieder oder Verzögerungsleitungen bestehen z.B. aus porösen Stoffen (Abb. 8c).

Bei frontaler Beschallung entsteht, wie bei einem Achtermikrofon, eine Druckdifferenz vor und hinter der Membran, so daß sie dadurch ausgelenkt wird. Bei rückwärtiger Besprechung erreicht der Schall die Membranvorderseite durch den Umweg um das Mikrofon und die Membranrückseite durch das Laufzeitglied verzögert. Sind Umweg- und Laufzeitverzögerung gleich lang, dann kann sich kein Druckgradient ausbilden, d.h. die Membran bleibt in Ruhe.

Kunstkopfmikrofone

Die Kunstkopftechnik, die Anfang der 70er Jahre aufkam, war ursprünglich keine Erfindung der Unterhaltungselektronik, sondern diente der wissenschaftlichen Erforschung raumakustischer Probleme. Schon um 1935 bediente man sich modifizierter Schaufensterpuppen, in deren Köpfen Mikrofonkapseln eingesetzt waren.

Bei der kopfbezogenen Stereofonie wird ein Schallereignis mit einem Kunstkopf aufgenommen und in elektrische Wechselspannungen umgewandelt, die direkt übertragen oder auf Band gespeichert werden können. Beim Abhören werden die elektrischen Signale mit Kopfhörern in akustische Schwingungen an dem der Aufnahme äquivalenten Ot (der Ohrmuschel) zurückgewandelt.

Mit dieser Technik wird eine gute räumliche Auflösung in allen drei Dimensionen erreicht, trotz großer Abstände zu den Schallquellen die sonst zu beobachtende Halligkeit unterdrückt und gegenüber Aufnahmen mit üblicher Mikrofonaufstellung keine Lokalisation im Kopf wahrgenommen, d.h. die aufgenommenen Schallquellen werden wie beim normalen Hören außerhalb des Kopfes geortet. Damit werden die frappierenden Klangwirkungen und die Natürlichkeit der übertragenen Schallsignale angesprochen, die Resonanz und Begeisterung bei Programmschaffenden und Zuhörern hervorgerufen haben.

Die Mängel des Kunstkopfverfahrens

Je mehr man sich mit der Kunstkopftechnik befaßte, desto stärker offenbarten sich allerdings auch die Mängel des Verfahrens. Ein Merkmal der kopfbezogenen Stereofonie und gleichzeitig ihr größter Nachteil ist, daß die Aufnahmen mit Kopfhörern abgehört werden müssen, da nur auf diesem Wege eine pegel- und phasengetreue Reproduktion an den Ohren der Zuhörer zu realisieren ist.

An mehreren Instituten ist man zwar auf der Suche nach einer gleichwertigen I Lautsprecherwiedergabe, jedoch sind praktikable Lösungen bislang nicht gefunden worden. Eine Lautsprecherwiedergabe verbietet sich schon deshalb, weil die Aufnahmen durch die bei dieser Technik typische Färbung und Höhenbeschneidung nicht sonderlich ansprechend klingen. Dieser Mangel konnte vor einigen Jahren durch die Entwicklung eines diffusfeld-entzerrten Kunstkopfes beseitigt werden.

Als hinderlich zeigt sich auch die ungenügende Ortung frontaler Schallquellen. So werden Sprecher und Musiker, die vor dem Kunstkopfmikrofon stehen, meist hinten oder oben geortet, selten jedoch dort, wo sie tatsächlich plaziert sind. Der Grund dafür ist, daß man nicht nur mit seinen eigenen Ohren, sondern mit denen des Kunstkopfes hört, die im allgemeinen in Form und Oberflächenkonsistenz anders beschaffen sind.

Das Richtungshören des Menschen beruht zu einem großen Teil auf der individuellen Formgebung der Ohrmuscheln, an die man sich seit seiner Geburt gewöhnt hat. Die kopfbezogene Stereofonie kann daher nur bei vollständiger Übereinstimmung von Kunstkopf und Kopf des Hörenden optimale Ergebnisse liefern.

Mängel besonders bei Musikaufnahmen

Die mangelnde Vorne-Ortung hat sich vor allem bei Musikaufnahmen als nachteilig erwiesen, während sie bei Wortaufnahmen als weniger störend empfunden wird. Daher wurde das Kunstkopfverfahren mit Vorliebe bei der Hörspielproduktion eingesetzt, zwang aber die Produzenten im künstlerischen und technischen Bereich zum Umdenken.

Der Autor eines Kunstkopf-Hörwerkes muß den Zuhörer voll in die Handlung einbeziehen, denn dieser ist ein unübersehbarer Teilhaber am Geschehen, das um ihn herum und für ihn in Szene gesetzt wird. Nicht jedes Manuskript eignet sich daher für eine solche Darstellungsform. Ein Umdenken war auch bei der technischen Realisierung notwendig.

Der Kunstkopf muß zusammen mit dem Sprecherensemble an die gewünschten originalen Schauplätze herangetragen werden. Das Geräuscharchiv ist für ihn so gut wie wertlos. Die Produktion von Kunstkopf-Hörspielen ist deshalb zeitraubend und aufwendig.

Die Jecklin-Scheibe (OSS-Technik)

Jürg Jecklin 1983

In Schallplatten- und Rundfunkstudios trifft man häufig eine ungewöhnliche Mikrofonanordnung an: Sie besteht aus einer runden, beidseitig mit Schaumstoff bedämpften Kunststoffscheibe mit zwei leicht nach auswärts gerichteten Mikrofonen. Es handelt sich hierbei um eine Stereomikrofonanordnung, die im Schweizer Rundfunk von dem Tonmeister Jörg Jecklin eingeführt worden ist.

Die "Jecklin-Scheibe" erfüllt zwei Forderungen: Es sollten Mikrofone mit Kugelcharakteristik verwendet werden, da nur sie ein ausgeglichenes Klangbild bei guter Tiefenstaffelung des Orchesters ermöglichen, und zwischen beiden Mikrofonsignalen müssen Laufzeitunterschiede bestehen, wie sie auch beim natürlichen Hören vorhanden sind. Die Mikrofonkapseln sind daher mit einem Abstand von 16 bis 17 cm, dem durchschnittlichen Ohrabstand, montiert.

Aufgrund der Forderung nach ungerichteten Mikrofonen mußte eine akustische Trennung für die beiden Schallwandler geschaffen werden, denn nur so läßt sich das Übersprechen vermeiden. Die notwendige Schalldämmung wird mit der runden, absorbierenden Trennscheibe realisiert, die allerdings ein frequenzabhängiges Verhalten aufweist.

Unterhalb von etwa 200Hz gibt es aufgrund der großen Wellenlängen keine Separierung, und beide Mikrofone verarbeiten dieselben Informationen.

Oberhalb 200 Hz fallen mit steigender Frequenz auf beide Kapseln - durch die zunehmende Schalldämmung der Scheibe - getrennte und winkelabhängige Schallsignale ein.

Diese Tendenz wird durch das Richtungsverhalten der Kugelmikrofone im oberen Frequenzbereich verstärkt. Eine ganz ähnliche Richtungsabhängigkeit weist auch das menschliche Gehör auf, bei dem der Kopf für die notwendige Abschattung sorgt.

Die OSS-Technik - eine wirklichkeitsgetreue Raumauflösung

So bringt die OSS-Technik (Optimales Stereo-Signal) eine wirklichkeitsgetreue Raumauflösung, und jedes Instrument ist bei der Aufnahme an dem Ort zu hören, an dem es sich in Wirklichkeit befindet.

Bei entfernt sitzenden Musikern ist der (vorsichtige) Einsatz von Stützmikrofonen nur dann zulässig, wenn die Mikrofonsignale der Stützen elektronisch so verzögert werden, daß die richtige Laufzeit zwischen Instrument und Jecklin-Scheibe erhalten bleibt. Eine derartige Mikrofontechnik erfordert den Einsatz hochwertiger Verzögerungsgeräte mit unterschiedlicher Laufzeiteinstellung.

Hier könnten sich volldigitale Mischpulte bewähren, denn ein digital-gewandeltes Mikrofonsignal läßt sich innerhalb eines Regietisches nicht nur wie bisher in Pegel und Frequenzgang variieren, sondern mit Hilfe eingeschleifter Schieberegister problemlos in fast beliebiger Weise zeitlich verzögern.

Grenzflächenmikrofone

Hundert Jahre nach Erfindung der Schallplatte bereitet es noch immer Schwierigkeiten, auf Anhieb die optimale Mikrofonaufstellung für eine Musikeinspielung zu finden, da kaum eine Aufnahmesituation der anderen gleicht.

In der Regel wird die beste Mikrofonposition während der Musikproben ermittelt (Mikroproben). Dabei sind Größe und Zusammensetzung des Klangkörpers zu bedenken, oftmals müssen Solisten- und Stützmikrofone vorgesehen werden, und außerdem spielt die Akustik des Aufnahmeraumes eine wichtige Rolle.

Nach Meinung einiger Fachleute kann man alle Schwierigkeiten umgehen, wenn man jene neuartigen plattenförmigen PZM-Mikrofone verwendet, die eine zunehmende Verbreitung finden. Sie sind so gestaltet, daß man sie den Musikern buchstäblich vor die Füße legen muß.

PZM-Mikrofonie - wie es funktioniert

Bei der üblichen Aufnahme-Technik werden die Mikrofone frei im Raum vor dem Klangkörper aufgestellt. Die Schallwellen erreichen das Mikrofon zum einen auf dem direkten und kürzesten Weg. Es gibt aber auch Schallwellen, die durch Reflexion an Wänden, an der Decke und am Boden auf das Mikrofon treffen. Da es sich um Umwege handelt, kommen die Schallwellen einige Millisekunden später an als der Direktschall.

In bestimmten Frequenzlagen ergeben sich dabei dann Auslöschungen, wenn die Wellenfronten so verschoben sind, daß sie sich gegenseitig kompensieren. Es gibt aber auch Frequenzgebiete, bei denen sich die Schallwellen addieren. Theoretisch entsteht dadurch ein wellenförmig-ondulierter Frequenzgang, der sogenannte Kammfiltereffekt. Glücklicherweise wirkt sich dieser Effekt nicht ganz so ungünstig aus, weil für die ausgelöschten Frequenzanteile meist andere Reflexionen einspringen.

Die Überlegung, an welchen Stellen in einem Aufnahmeraum nur solche Reflexionen am Mikrofon auftreffen, die sich nicht mit dem Direktschall kompensieren, sondern ausschließlich gleichmäßig über den gesamten Übertragungsbereich addieren, ergibt, daß diese wünschenswerten Mikrofonstandorte auf allen Begrenzungsflächen des Aufnahmeraumes zu finden sind (Wände, Decke und Boden), denn dort findet in jedem Fall eine Schallreflexion statt, wenn die Fläche nicht schallschluckend ausgebildet ist.

Ungünstige Phasenverschiebungen, die zu Auslöschungen führen könnten, sind an den Raumbegrenzungen nicht vorhanden. Allerdings muß sich das Mikrofon auch wirklich in der Ebene der Wand oder des Bodens befinden und möglichst weit von anderen reflektierenden Flächen entfernt sein. Außerdem sind Mikrofone mit Kugelcharakteristik zu verwenden, die von allen Seiten gleiche Empfindlichkeit aufweisen.

PZM (Pressure Zone Microphone)

Diese theoretischen Überlegungen führten zum Bau der PZM- (Pressure Zone Microphone) oder auch Grenzflächenmikrofone, die natürlich nicht zylindrisch, sondern platten- oder scheibenförmig aussehen.

In die flache Platte ist das Mikrofonsystem so eingelassen, daß die Membran exakt bündig mit der Plattenoberfläche abschließt. Alle hohen Frequenzen mit kleinen Wellenlängen werden von dieser Platte in den Wandler reflektiert; bei großen Wellenlängen, also im Tieftonbereich, tritt die umgebende Raumbegrenzungsfläche mit hinzu.

Grenzflächenmikrofone sind Sondermikrofone, die nach den bisherigen Erfahrungen in manchen Situationen gute Ergebnisse erbringen. Bei Kammermusik liegen die Verhältnisse recht einfach, während bei großen Orchesterbesetzungen mannigfache Abschattungsprobleme für die weiter hinten sitzenden Musiker auftreten.

Vielfach hängt es von der Geometrie und vom Nachhallverhalten des Aufnahmeraumes ab, ob die PZM-Technik angebracht ist und ob mit zusätzlichen Stützmikrofonen ein Optimum erreicht werden kann. Die Grenzflächenmikrofone haben sich auch bei Fernsehaufnahmen bewährt, da man sie geschickt in der Dekoration verbergen kann, und bei der Aufzeichnung von Diskussionsrunden leisten sie ebenfalls gute Dienste.

Das war eine (in 2013) überarbeitete Zusammenfassung aus 1988.
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