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19 Was ist ein gutes Mikrofon?
Vortrag, gehalten auf der 23. Tonmeistertagung 2004
Dieser und der folgende Aufsatz „Wissenswertes rund ums Mikrofon“ haben viele Gemeinsamkeiten.
Einleitung
Das Wissen darum, welche Merkmale gute Mikrofone kennzeichnen, ist Voraussetzung für deren Weiterentwicklung. Mit Verbesserungen verbindet ein Hersteller Hoffnungen auf einen wachsenden Markt, wie dies von Wirtschaft und Politik endlos gewünscht wird.
Natürlich interessieren sich auch die Anwender für gute Mikrofone. Der Glaube, dass damit ebenso gute Ergebnisse gesichert wären, ist aber leider unberechtigt. Aufnahmematerial, Interpreten, Akustik und der erfahrene Tonmeister sind meist von größerer Bedeutung.
Definitionsebenen
Die Bewertung eines Mikrofons kann nach zweierlei Kriterien erfolgen: subjektiv oder nach technischen Daten. Die subjektive Beurteilung hat den großen Vorteil, dass sie dank menschlicher Auswertungs-Algorithmen schnell und praxisnah erfolgt und viele Parameter gleichzeitig einbezieht. Andererseits ist schon das Prädikat „subjektives Urteil“ eine Einschränkung. Es mag große Gruppen geben, deren Urteil gleich ausfällt und dennoch haben subjektive Bewertungen nie Allgemeingültigkeit. Dieses Problem wird umso größer, je höher die objektive Qualität von Produkten ist. Dann erschweren Markengläubigkeit, Trends aller Art und die Erwartungen des Anwenders eine allgemein gültige, objektive Bewertung. Die einzige verlässliche Basis für Qualitätsbetrachtungen bietet daher die Messtechnik, nur sie ist objektiv.
Der Wert technischer Daten im Wandel der Zeit
Technischen Daten wird oft entgegengehalten, dass Messwerte kein genügender Beleg für die Qualität von akustischen Wandlern seien. Oberflächlich betrachtet kann man zu diesem Eindruck kommen, besonders wenn man die nur wenigen Prospektwerte betrachtet, die die meisten Kataloge anbieten. Diesbezüglich gibt es einen „Teufelskreis“: Die Anwender interessieren sich zunehmend weniger für technische Daten, die ihrerseits auch Leser erfordern würden, die damit etwas anfangen können. Hinzu kommt, dass mit der Abnahme des Interesses an technischen Daten die Zahl der Institutionen, die solche Daten früher auch geprüft haben, stark nachgelassen hat.
Wann hat z.B. das IRT zuletzt umfangreiche Messungen an Mikrofonen im Auftrag des Rundfunks gemessen? Die Fachzeitschriften messen oft überhaupt nicht, und fühlen sich verständlicher Weise meist mehr den eigenen Interessen verpflichtet, als denen einer schrumpfenden Minderheit technisch kritischer Leser. Eine Folge hiervon ist, dass es selten auffällt, wenn einige Anbieter Werbedaten veröffentlichen, die keiner Nachprüfung Stand halten, aber deutlich besser scheinen, als die der seriösen, teureren Konkurrenz. Dies alles führt zum Verfall des Wertes technischer Daten.
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Zurück zur Alchemie?
Viele Kunden, die meist keine Ingenieure sind, sind fast erfreut, wenn die Aussagekraft von Messergebnissen angezweifelt wird. Damit lässt sich rechtfertigen, dass man sich mit dieser manchmal recht schwierigen Materie nicht auseinandersetzen muss. Als Ersatz werden Vokabeln erfunden, die geheimnisvolle Gefühlsmomente vermitteln. Was ist z.B. ein „musikalisches Mikrofon“, wie soll man es sich vorstellen, wenn Instrumente „größer“ oder „kleiner“ dargestellt werden? Die Liste von Worten, auf die sich nichts reimt, ist riesig und Fachleute raufen sich die Haare, weil sie es jetzt sind, die nichts mehr verstehen /1/.
Es kann kein Trost sein, dass sich die Wortgewaltigen dieser Prosa untereinander auch nicht verstehen. Sie versuchen einstweilen „nachdrücklichere Klangbilder“ und „druckvolleren Raum“ durch neuartige Haussicherungen in Gold oder „wertige“ Netzverteilerdosen herbeizuführen und eine andächtige Schar gläubiger Esoteriker wird glücklich ihre Erwartungen erfüllt finden.
Ist es nicht ein Phänomen, dass oft Leute, die nie eine Grundlagenprüfung in Elektrotechnik absolviert haben, vorgeben bessere Kenntnisse z.B. über Kabel zu haben als diejenigen, die sie gezielt konstruieren und berechnen können? Alle, die die Grundlagen der Leitungstheorie verstanden haben, äußern sich mehr als skeptisch zu den Deutungen der Kabel-Gurus /2/.
Ebenso wie Kabel mit vielen unbewiesenen, fachlich unsinnigen Werbeargumenten beschrieben werden, existiert auch eine Gerüchteküche in Bezug auf Studioprodukte. Dazu gehören z.B. die Mär, dass metallische Membranen metallischen Klang produzieren oder die physische Wärme von Röhren für ihren warmen Klang verantwortlich ist usw. /3/ Fürs Geschäft mag das förderlich sein, aber ein sinnvoller, ehrlicher Fortschritt wird so behindert.
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Problemlösung durch Wissenschaft
Außer der Belebung von Geschäften hat solches Treiben aber noch einen Vorteil. Die Alchemisten wussten nicht, dass sie zum Teil unerreichbare Ziele anstrebten (so wie heute fatalerweise unsere Wirtschaftler ihren unhaltbaren Glauben an endloses Wirtschaftswachstum nicht überdenken /4/5/). So lange aber die Unmöglichkeit einer Zielsetzung unerkannt bleibt, kann man unaufhörlich daran weiterarbeiten, man wird nie arbeitslos! Da haben es Ingenieure schwerer. Wenn der Wirkungsgrad einer Konstruktion annähernd 100% erreicht, ist ihre Arbeit abgeschlossen, und wenn sie Pech haben werden sie mit Arbeitslosigkeit entlohnt.
Dennoch sollten wir uns daran erinnern, dass aller Fortschritt, der die Lebensverhältnisse des Menschen besonders im letzten Jahrhundert explosionsartig bewegt hat, auf der Etablierung der Wissenschaft und ihren Arbeitsmethoden beruht. Mit weiterer Forschung lassen sich auch in der Audiobranche noch echte Fortschritte erzielen, aber der heute schon fast religiös gepflegte Glaube, dass es nichts besseres als Vintage-Produkte, insbesondere mit Röhren gäbe, bedeutet zwangsläufig Stillstand. Manche Musikliebhaber verbinden die Musik der fünfziger Jahre, die Interpreten und die Art wie produziert wurde, mit den technischen Geräten, die dabei benutzt wurden. Die „guten alten Zeiten“ bekommen wir damit dennoch nicht wieder.
Übersetzungstabelle
Nach aller Kritik am unverständlichen Gebrauch vieler allgemeiner Worte im unwissenschaftlichen Sprachgewühl von Hi-Fi-Enthusiasten muss dennoch festgestellt werden, dass es einige Begriffe gibt, für die eine Übersetzung in seriöse fachliche Erklärungen möglich ist. Z.B. wird ein „helles“ Klangbild oder ein „dunkles“ einigermaßen einheitlich mit dem Vorkommen von viel oder wenig hohen Frequenzanteilen im Spektrum verbunden. Präzise ist das natürlich nicht, aber immerhin findet man Ansätze für eine Verständigung von Musikliebhaber und Ingenieur. Es gab schon einige Versuche eine Art Wörterbuch zu erstellen. Bild 1 zeigt das Titelbild eines recht interessanten Papers aus dem Jahr 1977 zu diesem Thema /6/.
Bei der hier gewählten Darstellungsgröße lassen sich einzelne Begriffe kaum erkennen, aber darum geht es auch weniger. Die Schlussfolgerung ist entscheidend und sie lautet überzeugend: Wer ein technisches Produkt durch Messwerte beschreiben will, braucht in der objektiven Bewertungsebene ähnlich viele Parameter wie in der subjektiven Ebene Begriffe. In dieser Beziehung gibt es noch viel zu tun. Bezüglich der Genauigkeit und Auflösung der Messungen gibt es im Bereich akustischer Schwingungen kaum offene Wünsche. Alle Schwierigkeiten liegen bei der Interpretation und Gewichtung der unterschiedlichen Einflussgrößen auf unseren Höreindruck, z.B. werden Schalleindrücke nicht ausschließlich über das Trommelfell vermittelt.
Divergenzen zwischen Glaube und Wahrheit
Natürlich stellt sich auch die Frage, wie viel Verbesserungen der Kunde bzw. die vielen ungeschulten Endverbraucher würdigen würden. Qualitätssteigerungen bleiben erfolglos, wenn sie nur von Kennern wahrgenommen werden. Es gibt tatsächlich viele sehr alte Tonaufzeichnungen mit bemerkenswerter Klangqualität. Wenn man einmal den Frequenzgang der dabei verwendeten Mikrofone betrachtet, erkennt man, dass Frequenzen oberhalb 10 kHz nur noch mit abfallender Amplitude übertragen werden. Oberhalb 16 kHz ist „fast nichts mehr los!“ (Abb.2) Bei Großmembran-Mikrofonen ist dies bis zum heutigen Tag oft so /7/.
Daher ist es ein Widerspruch, wenn sich Protagonisten von Großmembran-Mikrofonen für Frequenzgänge oberhalb 20 kHz aussprechen, eher macht es Sinn anzunehmen, dass 16 kHz als obere Frequenzgrenze vollständig genügt. Es gibt allerdings vereinzelt auch Tonmeister, die speziell bei klassischer Musik aus klanglichen Gründen nie Großmembranen einsetzen. Hören die besser?
Das ist schwer zu beantworten, aber in letzter Zeit laufen Untersuchungen mit Mikrofonen, die deutlich über 20kHz hinausgehen und daraus lässt sich wenigstens eine erste Forderung an ein gutes Mikrofon ableiten: Sein Frequenzgang sollte wenigstens bis 20kHz möglichst konstant sein bzw. keine starke negative Tangente aufweisen (Abb.2).
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Das gute Mikrofon orientiert sich an idealen Parametern
Ein konstanter (horizontaler) Amplituden-Frequenzgang ist nur eine von vielen Voraussetzungen für eine verzerrungsfreie Übertragung, d.h. für eine Übertragung, deren Zeitverlauf der Ausgangsspannung genau dem des Schalldrucks entspricht. Ferner ist ein linearer Phasengang für eine konstante Gruppenlaufzeit erforderlich /8/9/. Ein gutes Mikrofon wird diese Forderungen wenigstens in seinem Betriebsfall (z.B. Freifeld oder Diffusfeld) so weit wie möglich erfüllen. Trotzdem genügt dies nicht. Wie schon gesagt gibt es eine Fülle weiterer Größen, die hier nicht alle diskutiert werden sollen.
Die Baugröße des Mikrofons spielt eine von vielen Anwendern nicht erwartete Rolle. Nicht das größere, imposanter aussehende Mikrofon verhält sich im Schallfeld vorteilhaft, sondern das kleinere, unscheinbare. Es kommt daher zu dem Konflikt, ob man ein Mikrofon nach dem Gehör oder nach dem Auge auswählt. Wer das nicht glauben mag, sollte einen unmittelbaren Hörvergleich bei exakt gleicher Lautstärke im Blindtest durchführen /3/. Erst wenn man Mikrofone der Subminiaturklasse (Anstecker) verwendet, zeigen sich auch deren Nachteile, wie höhere Störspannungen und Probleme bei richtenden Mikrofonen, von denen es in dieser Klasse auch nur wenige Modelle gibt.
Bei den technischen Daten erfordert ein gutes Mikrofon ein schnelles Einschwingverhalten, dessen Beschreibung zu den Grundlagen linearer Systeme in der Nachrichtentechnik gehört. Bekannt ist, dass das Einschwingverhalten bei Kondensatormikrofonen besser ist als bei dynamischen Mikrofonen, außerdem ist es bei Kleinmembran-Mikrofonen besser als bei Großmembran-Mikrofonen /10/.
Von guten Mikrofonen darf man außer Linearität und niedrigen Störspannungen auch erwarten, dass sie sich im täglichen Gebrauch unproblematisch verhalten. Besonders wichtig ist z.B. eine hohe Unempfindlichkeit gegenüber Störungen verschiedener Art, insbesondere von HF-Einstrahlungen (Mobilfunk usw.). Auch die Gleichheit von Mikrofonen desselben Typs ist ein Qualitätsmerkmal. Die Toleranzen sollten möglichst klein sein. Der Klang eines guten Mikrofons ist neutral ohne Verfärbungen oder Verzerrungen.
Plädoyer für den neutralen Klang
Dem Wunsch nach neutralem Klang wird manchmal der nach „gutem Sound“ entgegengehalten. Beides ist aber gut miteinander vereinbar. Auch wer bestimmte klangliche Verfärbungen als künstlerisches Gestaltungsmittel sucht, tut gut daran seinen Sound auf neutraler Basis zu bilden. Mit Equalizern und anderen den Klang verändernden Geräten lässt sich der gewünschte Sound gezielt realisieren. Dann ist er kein Zufallsergebnis, sondern er ist dosiert reproduzierbar.
Man kann dies mit den Künsten eines Kochs vergleichen. Er braucht naturbelassene, „neutrale“ Rohstoffe, um seine Erfahrungen im Umgang mit Gewürzen erfolgreich für ein schmackhaftes Essen einzusetzen. Bei vorgewürztem Fleisch käme er in Schwierigkeiten, weil er dessen Geschmack nicht kompensieren kann.
Genau so verhält es sich auch bei Mikrofonen: Klangliche Verfärbungen hinzuzufügen ist kein Problem, aber man kann sie nur in Sonderfällen entfernen. Das Argument, man benötige für jedes Instrument ein bestimmtes Mikrofon, gilt nur, wenn die zur Wahl stehenden Mikrofone nur mäßige Qualität haben. Dann muss man für den jeweiligen Aufnahmezweck das Modell aussuchen, dessen Schwächen nicht schaden. Bei guten Mikrofonen ist dagegen die richtige Wahl des Aufstellungs-Ortes in Relation zum Instrument und im Raum von größerer Bedeutung als die Wahl des Modells.
Natürlich gelten die Gesetzmäßigkeiten, dass für das gleiche Verhältnis von aufgenommenem direktem zum diffusem Schall richtende Mikrofone entfernter aufgestellt werden müssen als z.B. eine Kugel. Dies ist aber reine Applikationstechnik und unabhängig vom Instrument. Eine Ausnahme, bei der das Instrument einen Einfluss auf die Mikrofonwahl haben kann, ist die Orgel.
Wenn so tiefe Frequenzen wie der Grundton der 32 Fuß-Pfeife (16 Hz) ungeschwächt übertragen werden sollen, bleibt nur die Wahl eines elektrostatischen Druckempfängers (Kugelcharakteristik). Es ist aber erwiesen, dass man nicht immer so verfahren sollte, weil manchmal die Wucht der Tiefbässe in einer großen Kirche nur vor Ort gefällt.
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Gute Mikrofone und reale Mikrofone
Wie zuvor ausgeführt, sollten gute Mikrofone die Bedingungen der linearen Übertragungstechnik so weit wie möglich erfüllen. In der Praxis ist das selbst bei den besten Produkten nicht uneingeschränkt möglich. Daraus resultieren die klanglichen Unterschiede, die selbst bei gleicher Richtcharakteristik und Positionierung auftreten. Die Richtcharakteristik hat zwar primär keinen Einfluss auf den Klang, aber das davon abhängige Verhältnis von direktem zu diffusem Schall (Hallbalance) spielt eine große Rolle.
Die Frequenzabhängigkeit des Polardiagramms
Zu den Parametern, die von Mikrofonanwendern meist viel zu wenig beachtet werden, gehört das Polardiagramm. Es genügt nicht, die Richtcharakteristik zu kennen. Man müsste keine Polardiagramme in Datenblättern darstellen, wenn die Richtwirkung nicht frequenzabhängig wäre. Wer die für verschiedene Frequenzen veröffentlichten Polardiagramme richtig auswertet, kann daraus den Frequenzgang des Mikrofons für verschiedene Schalleinfallsrichtungen ermitteln. Abb.3 veranschaulicht z.B. die Konstruktion des Frequenzgangs einer Diffusfeld-Kugel für 90º Schalleinfallsrichtung.
Das in jeder anderen Beziehung fast ideale Kondensatormikrofon mit Kugelcharakteristik zeigt hier seinen größten Schwachpunkt. Deshalb gibt es die Unterscheidung in Freifeld-Kugeln und Diffusfeld-Kugeln. Ein gutes Mikrofon sollte ein möglichst frequenzunabhängiges Polardiagramm haben. Nur dann hängt der Frequenzgang nicht vom Schalleinfallswinkel ab. Besonders nahe am Ideal kann man in dieser Beziehung eine breite Niere bauen. Abb.4 belegt dies.
In /16/ werden für 10 Kondensatormikrofone verschiedener Herkunft die Frequenzabhängigkeit des Polardiagramms und einige daraus resultierende Frequenzgänge für verschiedene Schalleinfallsrichtungen anonym veröffentlicht. Die Unterschiede sind beachtlich und sie sind die Hauptursache für die klanglichen Unterschiede unter Mikrofonen, deren Freifeld-Frequenzgänge praktisch gleich aussehen. Sogar Unterschiede im Klangcharakter zwischen Groß- und Kleinmembran-Systemen sind größtenteils darauf zurückzuführen.
Frequenzgang im diffusen Schallfeld und das Bündelungsmaß
Die Differenz zwischen dem im Datenblatt angegebenen Freifeld-Frequenzgang in Richtung der Hauptachse des Mikrofons und dem Diffusfeldfrequenzgang ist das Bündelungsmaß. Je besser das Mikrofon ist, umso konstanter bzw. frequenzunabhängiger sollte es sein (z.B. Kugel 0 dB, Niere 4,8 dB, Hyper 6 dB), die Praxis sieht meist anders aus.
Das IRT hat in den frühen 1970er-Jahren, als es noch seinen Sitz in Hamburg hatte, routinemäßig den Frequenzgang des Bündelungsmaßes ermittelt /12 / (Abb.5-7).
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Leider werden solche Daten heute selten veröffentlicht, weil das Interesse und das Verständnis beim Anwender abgenommen haben. Außerdem ist die Messung problematischer als Messungen im reflexionsarmen Raum. Ohne Überprüfungen durch Kontrollorgane würden bestimmte Hersteller märchenhafte Kurven veröffentlichen, die alle seriöseren Hersteller in den Schatten stellen. Für alle um Korrektheit bemühten Ingenieure ist das ein Grund diese sowieso von fast niemanden erwarteten Daten lieber nicht zu veröffentlichen.
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Die Ermittlung des Frequenzgangs im diffusen Schallfeld
Wenn Polardiagramme für eine genügende Zahl von Frequenzen vorliegen, lässt sich daraus der Frequenzgang im diffusen Schallfeld ermitteln. Bei Rotationssymmetrie um die Hauptachse, wie sie bei Mikrofonen für axiale Beschallung fast immer gegeben ist, wird die Rechnung relativ einfach /13/. Die umfassendste Ermittlung findet aber im Hallraum statt oder mittels Prinzipien, die einen Hallraum simulieren /14/. Dabei ist auch die komplexe akustische Impedanz des Wandlers und deren Einfluss auf die Messung enthalten.
Der Frequenzgang des Bündelungsmaßes
Wie schon gesagt ist der Frequenzgang des Bündelungsmaßes die Hauptursache für die klanglichen Unterschiede zwischen Mikrofonen. Da er stark konstruktionsabhängig ist, lassen sich zwei Mikrofone gleicher Art, aber verschiedener Hersteller klanglich nicht mit einem Equalizer aneinander angleichen. Der Equalizer verändert immer gleichzeitig den Frequenzgang im direkten und im diffusen Schallfeld, die Differenz (Bündelungsmaß) bleibt also gleich. In anderen Worten: Klangliche Unterschiede, die auf Frequenzgang-Abhängigkeiten im Polardiagramm zurückzuführen sind, können nur durch die Wahl des Mikrofons gesteuert werden.
Weil gute Mikrofone der angegebenen Richtcharakteristik meist in einem weiten Frequenzbereich entsprechen, sind die Unterschiede zwischen ihnen geringer als bei billigeren Produkten, unter denen z.B. zwei Nieren mit fast gleichem Freifeldfrequenzgang extrem unterschiedlich klingen können.
Wer die klanglichen Unterschiede zwischen Mikrofonen gestalterisch nutzen will, war bisher darauf angewiesen sie zu wechseln. Bequemer ist es natürlich, wenn man den Frequenzgang des Bündelungsmaßes einstellen könnte. Beim System „PolarFlex“ /11/15 /17 /18/19/ ist dies möglich und es erlaubt darüber hinaus auch die Einstellung von Klangmerkmalen, die mit existenten Mikrofonen gar nicht möglich sind. Ein Mikrofon nach dem PolarFlex-System benötigt immer zwei Wandler, die bei getrennter Speicherung, aber auch noch nach erfolgter Aufnahme in allen wesentlichen Klangparametern und der Richtcharakteristik eingestellt werden können.
Zusammenfassung
Mit steigendem Qualitätsniveau wird die subjektive Beurteilung von Mikrofonen unsicherer, so dass sie letztlich keinen Informationswert mehr hat. Eine eindeutige, sachliche Bewertung ist nur messtechnisch möglich. Ein gutes Mikrofon ist ein Übertragungselement, das den Klang nicht selbst formen sollte, sondern dies dem Klangkörper überlässt. Eine Stradivari soll klingen wie eine Stradivari und nicht wie eine Geige mit Mikrofon. Aus künstlerischer Sicht erwünschte Klangverformungen linearer und nicht-linearer Art sollten mit dafür vorgesehenen Geräten gezielt und wiederholbar realisiert werden. Die Hardware wird dadurch zwar teurer, aber man kann viel Zeit sparen im Vergleich zu unreflektiertem Probieren und gleichzeitigem Verändern von zu vielen Parametern.
Die messtechnische, objektive Beschreibung von Mikrofonen erfordert sehr viele unterschiedliche Messungen um aussagekräftig zu sein. Der Frequenzgang allein genügt keinesfalls. Besondere Bedeutung kommt dem Frequenzgang bei Schalleinfall aus verschiedenen Richtungen zu. Bei Richtmikrofonen ändert sich idealerweise mit dem Schalleinfallswinkel nur der Pegel aber nicht der Verlauf des Frequenzgangs. Das ist gegeben, wenn das Polardiagramm möglichst frequenzunabhängig ist.
Die Kenntnis des Frequenzgangs im diffusen Schallfeld ergibt mit einer einzigen Messung einen Eindruck, wie unterschiedlich Schall aus allen Richtungen im Vergleich zum direkten Schall aufgenommen wird. Im Idealfall sieht der Diffusfeldfrequenzgang genau so aus wie der Freifeldfrequenzgang (Prospektangabe) und ist nur um das Bündelungsmaß der jeweiligen Richtcharakteristik im Pegel reduziert.
Der Frequenzgang des Bündelungsmaßes ist ein entscheidendes Kriterium für den unterschiedlichen Klang verschiedener Mikrofone, sogar dem zwischen einem Großmembran- und einem Kleinmembran-Wandler. Durch das Prinzip „PolarFlex“ lässt sich diese Größe einstellen. Damit wird erstmals ein Parameter steuerbar, der bisher nur durch die Wahl eines anderen Mikrofontyps geändert werden konnte. Darüber hinaus sind Klangcharakteristika möglich, die sich mit den gängigen Mikrofonen nicht erzielen lassen.
Literaturverzeichnis:
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- G. Steinke, Leserbrief über klare Begriffe und Definitionen zur Qualitätsbeurteilung von subjektiv zu bestimmenden Eigenschaften von Studio-Mikrofonen, Studio-Magazin, Heft 3, 2004, S. 38
- J. Watkinson, The Cable Snake, Resolution (UK), Volume 1, No 2, p 57, July/August 2002
- J. Wuttke, Das Mikrofon zwischen Physik und Emotion, 20. Tonmeistertagung Karlsruhe Tagungsband S. 460 ff, 1998
- H. Pestalozzi, Auf die Bäume ihr Affen, Zytglogge Verlag Bern, 1989
- L. Mayer, Ausstieg aus dem Crash, Publik-Forum Verlagsgesellschaft, Oberursel, 1999
- H. Møller, Brüel & Kjær, Multidimensional Audio, Application Notes, Paper presented at the AES Convention New York, 1977
- C. Woolf, Microphone Data Book, Rycote Ltd. and Human-Computer Interface Ltd., www.microphone-data.com
- K. Küpfmüller, Einführung in die theoretische Elektrotechnik, Springer Verlag Berlin/Heidelberg/New York, 8. Auflage, 1964
- J. Wuttke, Mikrofones Allerlei – Kleines Kompendium, Tonmeistertagung Karlsruhe, Tagungsband S.266 ff, 1994
- S. Peus, Modern Acoustic and Electronic Design of Studio Condenser Microphones, AES Convention Preprint 6131, presented at the 116th Convention, Berlin 2004
- C. Langen, Mikrofon mit frequenzabhängig einstellbarem Bündelungsmaß, 20. Tonmeistertagung Karlsruhe, Tagungsband S. 411ff, 1998
- P. Buhlert, IRT Hamburg ca. 1966-1974
- DIN EN 60268-4, Elektroakustische Geräte - Teil 4: Mikrofone, S. 17, Juli 2004
- I. Veit, H. Sander, The production of a spatially limited „diffuse“ sound field in an anechoic room, AES Convention Preprint 2213 (G-1), presented at the 77th Convention Hamburg 1985
- J. Wuttke, Wie universell kann ein Mikrofon sein?, Tonmeistertagung, Karlsruhe, Tagungsband S. 675 ff, 1996
- C. Langen, Wie zuverlässig sind Mikrofondaten?, 23. Tonmeistertagung Leipzig, Tagungsband (der gleiche, in dem dieser Aufsatz veröffentlicht wird), 2004
- www.sengpielaudio.com/PolarFlex.pdf
- www.sengpielaudio.com/PolarFlex-Bedienungsanleitung.pdf
- J. Wuttke, PolarFlex - ein zukunftsweisendes Mikrofonsystem, Mikrofonaufsätze, Aufsatz 21, 2011