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15 Allgemeine Betrachtungen zur Mehrkanal-Stereofonie
Im Gegensatz zu allgemeinen Mikrofon-Themen unterliegt die Betrachtung der Surround-Aufnahmetechnik derzeit einer lebhaften Entwicklung. Der folgende Aufsatz beschreibt einige grundlegende Gesichtspunkte.
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Die Situation
Wer von Stereofonie spricht, denkt heute oft nur an zweikanalige Aufnahme/Wiedergabe. Dies soll sich ändern, denn Stereofonie lässt sich durch die Verwendung weiterer Kanäle verbessern. In Kinos gibt es schon seit einiger Zeit Mehrkanal-Stereofonie. Der wichtigste Lautsprecher befindet sich dort in der Mitte, also genau an dem Ort, an dem sich auch das Zentrum des Bildes befindet. Man kann sich im Kino nicht auf die Bildung von Phantomschallquellen allein durch rechts und links wiedergegebene Signale verlassen. Zu viele Sitzplätze liegen weit außerhalb der Hörzone, innerhalb welcher die Phantomschallquellen-Bildung funktioniert. Bekanntlich müssten alle Zuschauer im Idealfall an dem gleichen Punkt sitzen, der mit den Lautsprechern ein gleichseitiges Dreieck bildet, dem sogenannten „sweet spot“.
Auch im Audiobereich könnte ein „Center-Lautsprecher“ zu mehr Bewegungsfreiheit im Hörraum führen. Gemeinsam mit mindestens zwei „Surround-Lautsprechern“ soll so ein Hörerlebnis möglich werden, das mehr als bisher einen authentischen räumlichen Eindruck vermittelt. Diese Zielsetzung ist nicht neu. Viele erinnern sich an die Quadrofonie, die nicht zum Erfolg wurde. Von den damaligen Problemen haben aber heute nur noch zwei ihre Relevanz behalten: Erstens muss der Anwender bereit sein, sich mit den zusätzlichen Kanälen und insbesondere weiteren Lautsprechern einzurichten, und zweitens sollte das Hörerlebnis eine solche Aufwertung erfahren, dass kein Zweifel am Sinn des Mehraufwands möglich ist. Die Surround-Lautsprecher dürfen lediglich empfunden werden, nicht aber störend herauszuhören sein.
Noch bevor die Entwicklung der Fünfkanal-Stereofonie für reine Audioanwendungen aufkam, gab es andere Bemühungen, eine Verbesserung räumlichen Hörens herbeizuführen. Dazu gehören digitale Raumklang-Prozessoren von etwa 1994 (sogenannte DSPs), die aus herkömmlichen Zweikanal-Stereoaufnahmen weitere Kanäle künstlich ableiten. Dadurch kommen zu den zwei Frontlautsprechern noch zwei seitliche und zwei rückwärtige Lautsprecher hinzu. Die Signale hierfür sind jeweils mit Laufzeiten versehen und mit anderen Raumfunktionen überlagert. Man könnte sogar künstlich Signale für einen Center-Lautsprecher erzeugen /1//2/.
Diese Raumklang-Prozessoren haben keine große Verbreitung erlangt, aber sie sollten dennoch als Maßstab für Vergleiche mit echter Mehrkanal-Technik dienen. Es führt in die Irre, wenn der Unterschied zu einfacher Zweikanal-Stereofonie durch einfaches Abschalten der Zusatzlautsprecher vorgeführt wird. Allein die damit verbundene Pegelreduktion führt schon zu einer schlechteren Bewertung und außerdem bewirkt die Verwendung von mehr Lautsprechern fast immer eine bessere Bewertung, sogar wenn die vorderen und hinteren jeder Seite jeweils die gleichen Signale wiedergeben.
Die Mehrkanal-Stereofonie für Audio wird nur dann erfolgreich sein können, wenn überzeugend vorgeführt werden kann, dass ähnliche gute Ergebnisse anders nicht erzielbar sind.
Die Zielsetzung
Wie beeindruckend eine mehrkanalige Wiedergabe ist, hängt auch von dem zu übertragenden Ereignis ab. Sehr eindrucksvoll wirken Produktionen, die diskrete reale Schallquellen aus allen Richtungen erfordern. Synthetisch hergestellte Räumlichkeits-Effekte aus allen horizontalen Richtungen, wie im Kino, sind dafür ein gutes Beispiel. Vielleicht sollte man insbesondere im Bereich der Pop-Musik spezielle Produktionen forcieren. Dadurch könnten breite Käuferschichten gewonnen werden.
Bisher wurde aber meist an die möglichst authentische Übertragung klassischer Konzerte gedacht. Dies ist die schwierigste Aufgabe überhaupt. Konzerte, die diskrete Schallereignisse von hinten liefern, sind selten, wenn man von der oft hinten angeordneten Orgel absieht.
Ein anderer Standpunkt ist es, statt einer naturgetreuen Übertragung ein wohlgefälliges Ersatz-Erlebnis zu produzieren. Dazu müssen bei der Aufnahme andere Bedingungen erfüllt werden, was die Aufgabe aber nicht erleichtert.
Generell ist zu überlegen, ob man nicht zulässt, dass Surround andere Qualitäten hat als Zweikanal-Stereofonie, etwa so wie Wein und Bier Getränke mit sehr unterschiedlichen Merkmalen sind. Wein wird immer seine Liebhaber finden, dennoch werden alle Bemühungen von Weinbauern nicht zur „Süffigkeit“ eines frisch gezapften Biers führen (es wird doch wohl niemand mit Sekt vergleichen wollen?).
Zweikanal-Stereofonie zeichnet sich vor allem durch die Möglichkeit einer präzisen lateralen Lokalisation einzelner Phantomschallquellen zwischen den Lautsprechern aus. Surround-Sound muss mehr bieten, z.B. eine erheblich vergrößerte Zone, in welcher das Hören Freude macht. Eventuell darf dafür die Lokalisation etwas unpräziser sein.
Hauptmikrofon oder Panning-Technik?
Selbst bei der klassischen Zweikanal-Technik gibt es keine allgemein anerkannte Antwort auf die Frage, ob ein Hauptmikrofon-System wie XY, MS, Blumlein, ORTF, Kugelfläche oder AB besser ist als eine Vielzahl einzelner Mikrofone, die mittels Panoramaregler in der Stereobasis angeordnet werden. Meist wird bei klassischer Musik eine Kombination von beidem eingesetzt.
Es gibt aber Puristen, die eine Kunst daraus entwickeln, bestimmte Programme mit nicht mehr als zwei oder drei Mikrofonen in überzeugender Qualität aufzunehmen. Anderen ist der Begriff des Hauptmikrofons fast unbekannt, sie arbeiten nur mit Multimikrofonie.
Bei den zweikanaligen stereofonen Hauptmikrofonen haben sich Theorien bewiesen, deren richtige Anwendung bemerkenswert scharfe Lokalisation einzelner Schallquellen ermöglicht. AB-Stereofonie gehört aber aus ebenfalls geklärten Gründen nicht dazu. /3/. Die hier angesprochenen Erkenntnisse /4/ /5 / sollten weiteren theoretischen Betrachtungen als Basis dienen. Die Mehrkanal-Technik ist im Vergleich zur Zweikanal-Stereofonie viel zu komplex, um alleine durch „trial and error“ das ideale Ergebnis herauszufinden. Aller technischer Fortschritt baut auf Theorie und wissenschaftlichen Grundlagen auf.
Allerdings gibt es die Ansicht, dass ein erfolgreiches Mehrkanal-Hauptmikrofon sowieso nicht realisierbar ist. Ähnliche Skepsis gab es aber auch schon immer gegenüber den bekannten Stereo-Hauptmikrofonen, und dennoch sind sie erfolgreich und bei einigen Anwendungen kaum wegzudenken.
Man darf auch praktische Gesichtspunkte nicht außer Acht lassen: Für den mobilen Betrieb werden Hauptmikrofone immer wünschenswert, wenn nicht notwendig sein.
Bei Produktionen ohne Hauptmikrofon-Technik kommt einem guten Panning-Verfahren große Bedeutung zu. Was bei zwei Kanälen noch einfach, z.B. mit Cosinus-Reglern erledigt werden kann, erfordert bei zusätzlichen Kanälen mehr Überlegung und Aufwand /6//7/.
Es würde den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, alles Für und Wider des alleinigen Einsatzes von Hauptmikrofonen oder Multimikrofonie abzuhandeln, aber es ist bekannt, dass die Ergebnisse sehr unterschiedlich sind.
Die Auflistung einiger Systeme, die für Surroundaufnahmen eingesetzt werden, befindet sich am Ende dieses Aufsatzes.
Sweet spot-Problem
Es gibt Merkmale der herkömmlichen zweikanaligen Stereo-Hauptmikrofone, die wenigstens partiell auch Gültigkeit für mehrkanalige Hauptmikrofone haben. So werden durch sie z.B. die spektralen Verhältnisse an einem guten Hörplatz und alle zeitbezogenen Vorgänge originalgetreu übertragen und damit eine recht natürliche Wiedergabe ermöglicht /8//9/. Dazu gehört auch eine präzise Schallquellenlokalisation, die aber praktisch immer voraussetzt, dass sich der Hörer an einem geeigneten Hörort („sweet spot“) befindet.
Um diesen Ort herum gibt es eine Zone, in der man immer noch richtig lokalisieren kann, aber dieser Bereich ist beschränkt und damit auch die Bewegungsfreiheit. In der Praxis führt das zu Problemen, wenn z.B. die Wiedergabelautsprecher in Bezug auf den Hörplatz nicht optimal gestellt werden können, oder wenn viele Personen gleichzeitig hören wollen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass der äußere Bereich grundsätzlich viel mehr Fläche bietet als der innere.
So kommt es, dass die viel diskutierte Lokalisation bei groß angelegten Hörversuchen oft gar nicht als wichtiges Kriterium für die Beurteilung dienen kann. Das Klangbild, das z.B. durch Verwendung elektrostatischer Druckempfänger besonders kräftige Tiefen aufweist, oder die Räumlichkeit werden dann zu den entscheidenden technischen Parametern.
Stereofone Abbildung
Aufnahmetechniken, die beim Abhören das Verbleiben in einer kleinen Hörzone erfordern, werden von einigen Toningenieuren abgelehnt /10/. Statt dessen wird großer Wert auf die Empfindung von Räumlichkeit gelegt.
Um die Hörorts-Beschränkung auf einen sweet spot zu vermeiden, werden Aufnahmetechniken empfohlen, bei denen die Signale der verschiedenen Kanäle möglichst wenig miteinander korreliert sind. Hierfür gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten:
Man kann die Mikrofone in großen, in Metern zu messenden Abständen zueinander aufstellen oder es werden Mikrofone mit starker Richtwirkung eingesetzt. Damit die Richtwirkung im ganzen Übertragungsbereich möglichst gleich ist, kommen nur kleine Mikrofone mit Super- oder Hypernierencharakteristik in Frage, in bestimmten Fällen auch Achten.
Dabei zeigen sich Unterschiede in der stereofonen Abbildung und beim vermittelten räumlichen Eindruck, die Ähnlichkeiten mit den Verhältnissen bei den stereofonen Zweikanal-Techniken haben. Der Abstand zwischen den Mikrofonen ist dabei der entscheidende Parameter, wobei XY das eine Extrem darstellt und AB das andere.
Es gilt, dass das XY-Verfahren (.L) bei richtiger Aufstellung der Anordnung entsprechend des Aufnahmewinkels zu guter Lokalisation führt, aber die Aufnahme wird besonders bei Verwendung von Nieren wenig Gefühl von Räumlichkeit vermitteln. Bei der AB-Technik (.t) verhält es sich umgekehrt, die Lokalisation ist unpräzise aber die Räumlichkeit gut, obwohl sie teilweise unecht ist, weil sie z.T. auf auf Gegenphasigkeiten zwischen den Kanälen beruht.
Es ist eine Ermessens- oder auch Geschmacksfrage, ob man die Lokalisation oder die Räumlichkeit höher bewertet. Wenigstens für die von vorn kommende Information wäre es aber ein Verlust, wenn man die Lokalisation aufgeben würde. Dies ist aber auch keinesfalls erforderlich. Der Raumeindruck wird durch die hinteren Kanäle verstärkt und sie vergrößern auch die optimale Hörfläche /11/.
Für die Mikrofone der hinteren „Surround-Kanäle“ werden oft größere Abstände von mehreren Metern empfohlen, sowohl voneinander wie auch vor allem von den vorderen Mikrofonen. Da von diesen Orten hauptsächlich Raumreflexionen übertragen werden, ist ihre Aufstellung weniger kritisch als die der vorderen Mikrofone, aber es muss darauf geachtet werden, dass das Schallereignis nicht in Vorn und Hinten zerfällt.
Getrennte Betrachtung von „vorn“ und „hinten“
Man kann die Aufnahme der Front-Kanäle und der hinteren (Surround-) Kanäle getrennt betrachten. Eine Lokalisation von Schallquellen zwischen vorn und hinten ist in der Regel nicht zu erwarten /12//13/ und seitliche Phantomschallquellen gibt es nicht. Es ist ein Ausnahmefall, wenn ein Hörer einem Schallereignis physisch folgt, so dass er sich z.B. dreht und zwei seitliche Lautsprecher schließlich Links und Rechts darstellen. In der Regel gibt es ein Vorn und ein Hinten und die nach ITU genormte Lautsprecheranordnung geht auch davon aus.
Wenn das Ergebnis für die vorderen drei Lautsprecher befriedigt, kann der rückwärtige Schallanteil das Raumempfinden steigern. Selbstverständlich werden dafür mindestens zwei Mikrofone benötigt. Sie werden vorzugsweise im Abstand von einigen Metern hinter der vorderen Mikrofongruppe aufgestellt. Dabei können sich auch Grenzflächenmikrofone bewähren. Sie erübrigen den Gebrauch von Stativen. Wenn man hingegen Druckgradientenempfänger einsetzt, kann man sie so ausrichten, dass sie nur wenig von vorn aufnehmen.
Andererseits gibt es Fälle, bei denen hinten aufgenommene Raumanteile den vorderen Kanälen beigemischt werden, um einem möglichen Zerfall des räumlichen Geschehens in einen vorderen und einen hinteren Bereich entgegen zu wirken. Derartige Versuche wurden mit dem IRT-Kreuz gemacht /14/, das am Ende dieses Aufsatzes beschrieben wird.
Die Signale der zwei vorderen Mikrofone werden den entsprechenden frontalen Kanälen zugemischt, die beiden anderen Mikrofone liefern die Signale für die hinteren Lautsprecher.
Beispiele aktueller Hauptmikrofontechniken
Die folgende Aufzählung erfolgt ohne Bewertung. Die unterschiedlichen Vorschläge erfordern teilweise noch eine Ergänzung durch rückwärtige Kanäle oder einen Center-Kanal.
ASM 5
„ASM 5“ ist die Abkürzung für „Adjustable Surround Microphone“. Die einzelnen Mikrofone sind an langen Auslegern so montiert, wie dies bei „INA5“ /15/16/ vorgesehen ist. Bei ASM 5 können die Mikrofone aber in ihrer Richtcharakteristik eingestellt werden und auch die Winkel zwischen den Mikrofonen lassen sich verändern.
Doppelte MS "Mitte-Seite Aufstellung"
Bei dieser Technik werden ein nach vorn und ein nach hinten gerichtetes Mikrofon benötigt, zwischen denen ein horizontal zur Seite ausgerichtetes Mikrofon mit Achtcharakteristik angeordnet ist. Letzteres dient als gemeinsames S-Mikrofon einer nach vorn und einer nach hinten gerichteten MS-Anordnung. Daher bestehen auch die bekannten Einstell- und Nachbearbeitungsmöglichkeiten der MS-Technik.
INA 3 „Ideale Nieren-Anordnung“
Mit INA3 werden nur die vorderen drei Kanäle übertragen. INA ist die Abkürzung für „Ideale Nieren-Anordnung“ /15//16/. Die Nieren sind dabei über Ausleger so weit voneinander entfernt montiert und so im Winkel zueinander ausgerichtet, dass nur jeweils zwischen Center und dem linken bzw. dem rechten vorderen Lautsprecher eine Phantomschallquellen-Lokalisation erfolgt, nicht jedoch zwischen dem linken und rechten Lautsprecher, da hier die Pegel- und Laufzeitunterschiede zu groß sind.
Ein kompakterer Aufbau, dem auch etwas andere Überlegungen zu Grunde liegen, wird unter der gleichen Literaturstelle /15//16/ beschrieben. Diese Anordnung heißt INA 5 und umfasst auch die hinteren Kanäle.
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IRT Mikrofon-Kreuz
Beim IRT-Mikrofonkreuz werden vier Mikrofone mit Nierencharakteristik an den Eckpunkten eines Quadrates mit 20-25cm Kantenlänge angeordnet. Alle Mikrofone sind nach außen gerichtet. Ihre Achsen verlaufen in Richtung der Diagonalen des Quadrats. Das System ist also rundum symmetrisch. Bei Wiedergabe über eine nicht normgerechte Anordnung von vier Lautsprechern im Winkel von 90° zueinander, ist eine Rundum-Lokalisation möglich, z.B. wenn der Hörer einer bewegten Schallquelle folgt /17/.
Ursprünglich wurde das Kreuz jedoch als „Ambience-Mikrofon“ konzipiert. Es soll den Raum übertragen und kann als ein nach vorn und ein nach hinten gerichtetes Stereomikrofon betrachtet werden. Die Signale der vorderen Nieren werden vorn zugemischt. Die nach hinten weisenden Nieren ergeben unmittelbar das linke und rechte Surround-Signal.
KFM 360
Das KFM 360 nach Bruck /18//19/ basiert auf einem Kugelflächenmikrofon, bei dem jeweils dicht unterhalb der in die Kugel eingebauten Druckempfänger ein Mikrofon mit Achtcharakteristik montiert ist. Diese „Achten“ sind nach vorn/hinten gerichtet. Bei einer MS-Matrizierung der Signale ergibt sich auf jeder Seite durch die Summenbildung ein von vorn bevorzugt aufnehmendes virtuelles Mikrofon. Durch die Differenzbildung ergibt sich die gleiche Richtwirkung nach hinten.
Ihr Polardiagramm hängt vom Pegelverhältnis der beiden Signale ab und kann durch die Basisbreiteneinstellung (Width) verändert werden. Außerdem hängen die Richtdiagramme auch noch von der Frequenz ab. Dies ist ein typisches Merkmal des Kugelflächenmikrofons.
Wenn die vier Signale unmatriziert aufgenommen werden, können die optimalen Pegelverhältnisse von Druckempfänger und Acht auch in einer Nachbearbeitung bestimmt werden.
Multi Microphone Array
In /17/ ist ein Prinzip beschrieben, nach welchem der Aufnahmeraum z.B. in fünf gleich große Sektoren eingeteilt wird. In jedem Sektor werden jeweils die Gesetze für die Lokalisation herkömmlicher zweikanaliger Stereofonie angewandt. Eine Erweiterung dieser Technik wurde 1999 auf der AES in New York beschrieben /20/.
OCT "Optimized Cardioid Triangle"
Dieses System (Optimized Cardioid Triangle) /21/ ist dafür gedacht, die vorderen drei Kanäle einer Surroundaufnahme zu übertragen.
Vorzugsweise werden zwei seitlich gerichtete Supernieren verwendet und in der Mitte zwischen ihnen ein etwas nach vorn versetztes Nieren-Mikrofon (siehe Abbildung). Da Druckgradientenempfänger tiefste Frequenzen prinzipiell schwächer übertragen, ergänzen zwei Kondensatormikrofone mit Kugelcharakteristik den Bereich unterhalb 100Hz. (Abb.6)
Wenn die Kugeln nahe bei den Supernieren montiert werden und Tiefpass-Filter mit geeignetem Phasengang zum Einsatz kommen, können die Frequenzgänge von Superniere und Kugel ohne Einbruch aneinander anschließen. Da der von der Superniere aufgenommene Pegel aber vom Schalleinfallswinkel abhängt, müssen die Kugeln nach Gehör beigemischt werden.
Der Center-Kanal soll keine tiefen Frequenzen übertragen. Daher wird der Niere ein Hochpass mit 100Hz Eckfrequenz nachgeschaltet.
Der besondere Gedanke hinter der Anordnung besteht darin, einen sauberen Center-Kanal dadurch zu erreichen, dass frontaler Schall vor allem von der zentralen Niere aufgenommen wird. Die seitlich gerichteten Supernieren nehmen ihn unter 90° auf und liefern daher ca. 10dB weniger Pegel (gleiche Empfindlichkeiten von Niere und Supernieren vorausgesetzt). Außerdem wird Schall, der z.B.von der rechten Seite eines Orchesters kommt, von der linken Superniere nur wenig aufgenommen. Das führt zu einer guten Trennung zwischen den Signalen für links und rechts.
Kommt der Schall von extrem rechts (auf der Achse der Superniere), so wird er natürlich vor allem von der rechten Superniere übertragen und 6dB schwächer von der Niere. Das Signal, das dann auch aus der linken Superniere kommt, ist ca. 10dB reduziert und führt zu keiner irritierenden Phantomschallquelle, weil die rückseitige Empfindlichkeitskeule der Superniere gegenphasig überträgt.
Der Aufnahmewinkel lässt sich berechnen und ist natürlich von der Geometrie der Anordnung abhängig /21/. Bei einem Abstand der Supernieren von 70cm und einer um 8cm nach vorne versetzten Niere ergibt sich ein Aufnahmewinkel von 100°.
Soundfield
Das Soundfield-Prinzip /22//23/ ist rein koinzident und kann aus den Signalen von vier Nierenkapseln beliebig viele einstellbare Richtcharakteristiken in allen Richtungen matrizieren.
Literaturverzeichnis:
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