Peter Burkowitz (†) und "Die Welt des Klanges"
In der "stereoplay" Ausgabe Mai 1991 beginnt eine Artikelserie von Peter Burkowitz. - Der damalige Chefredakteur Karl Breh kannte sie alle, die Koryphäen der Tontechnik und der "highfidelen" Edelstudiotechnik. Ob es ein Siegfried Linkwitz oder Eberhard Sengpiel war, das waren die unbestech- lichen Geister, die mit dem Gehör jede Legende, jeden Mythos oder jedes virtuelle Wunschdenken und erst recht die verklärte Wahrheit der Erinnerung sofort entlarven konnten.
Das alles steht in den 25 Artikeln "über den Klang".
1991 - DIE WELT DES KLANGS
Musik auf dem Weg vom Künstler zum Hörer (19 von 25)
von Peter K. Burkowitz 1991 bis 1993
Freigebige Freigabe
Rücksichten - historisch
Für den historisch Interessierten wird es sicher ganz reizvoll sein, ein Zitat aus der tontechnischen Steinzeit kennenzulernen. In seinem Beitrag in Heft 4, 13. Jahrgang der "Phonographischen Zeitschrift" vom 25.1.1912, schließt der Autor Max Chop aus einschlägig leidvollen Beobachtungen sogar, daß man bestimmte Musikgattungen überhaupt nie wird einwandfrei aufnehmen können, und schreibt dazu unter der kategorischen Überschrift:
Plattenmögliche Musik (25.1.1912)
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- Vor kurzer Zeit habe ich in einer meiner Besprechungen unter "Phonokritik" die Frage der Plattenmöglichkeit der Musik angeschnitten, als es sich um Reproduktionen modernster Kunst handelte und dabei die Membran in ziemlich ostentativer Weise ihre Mittlerwilligkeit versagte. In ähnlicher Weise ist auch bezüglich einer Anzahl von Vokal-Vorträgen bereits darauf hingewiesen worden, daß es zahlreiche Stimmen gibt, denen der Aufnehmer machtlos gegenüber steht, weil sie trotz sorglichster technischer Herrichtung auf der Platte nicht ansprechen.
Während die letzterwähnte Erscheinung schon älteren Datums ist, hat sich der Generalstreik aller grammophonen Faktoren bei einem bestimmten Genre unserer musikalischen Produktion erst besonders evident gezeigt, als man sich dem Neuesten zuwandte und den Versuch unternahm, die letzte Kunstepoche eines Richard Strauss, Max Reger u. a. auch für die Plattenliteratur zu erschließen. Nichts war natürlicher als dies!
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- Das Publikum kam mit Werken wie "Salome", "Elektra ", "Rosenkavalier" in Berührung und sprach den Wunsch aus, Bruchstücke dieser Musik durch Grammophon daheim genießen zu dürfen. Eine dienstbereite Industrie war selbstverständlich gern erbötig, dem Begehren zu entsprechen, ebenso wie sie das moderne lied (Strauss, Reger, Schönberg u. a.), das beim Vortrage bedeutender Sänger im Konzertsaale gefiel, in ihr Repertoire aufnahm. Und nun trat die wunderbare Erscheinung zutage, daß diese Sachen trotz erdenklichster Mühe bei der Aufnahme und Plattenzurüstung durchaus nicht klingen wollten.
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- War diese Erscheinung wirklich so neu? Hatte sie sich nicht bereits angemeldet, auf ihren Eintritt vorbereitet? Für den, der Ohren zum Hören besaß, brachte die Tatsache weder etwas Neues noch Verwunderliches, sie bildete vielmehr eine konsequente Betonung jener Grundforderungen, welche die Membranen an die durch sie erklingenden künstlerischen Sujets stellt, je komplizierter die Struktur der Musik, je diffiziler ihre Architektonik, um so schwieriger war es schon seit fahren, dem Gegenstande selbst in einer tauglichen Aufnahme beizukommen.
Erinnert sei, um dies an einigen Beispielen zu beweisen, daran, daß wir bei Richard Wagner von seiner 'Meistersinger"- und 'Tristan "- Musik an nur von relativem Gelingen vieler Aufnahmen reden können und daß die am wenigsten gut ausgefallenen Partien die waren, in denen polyphone Arbeit zur Chromatik greift. Eklatant tritt das heraus im "Meistersinger "-Vorspiel, in dem alle anderen Teile, selbst der dreifache Kontrapunkt in der Durchführung, klar und plastisch erklingen, soweit sie sich auf eine feste Harmonie stützen, während der kleine Abschnitt nach dem ersten Erklingen des Meistersingermarsches und seines Trios (Kunstvereinigungsweise), in dem Walther von Stolzing mit seinem Liebesdrangmotiv zur Geltung gelangt, stark abfällt, verzettelt, mitunter in den markiert klingenden Dissonanzen wie ein einstimmendes Orchester anmutet.
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- Der Grund liegt in der Eigenart des thematischen Materials, in einer beständigen Verschiebung der Harmonisation durch die Chromatik (durch den Halbton-Auf- beziehungsweise- Abschritt), die selten nur eine reine Harmonie zuläßt, dafür aber - wenn auch nur flüchtig - die (eben im Sinne reiner Modulation) Dissonanzen anhäuft. Unser Ohr empfindet beim direkten Anhören das alles kaum, weil wir uns an diese Beweglichkeit der Einzelstimmführung, an das Ineinanderfließen und -strömen, bereits gewöhnt haben.
Anders die Membran als 'Merker am Ort", gegen den der gallige Beckmesser ein "wahrer Waisenknabe" ist. Sie duldet prinzipiell keine Unklarheiten, keine Trübungen der reinen Harmonie und widersetzt sich daher dem steten chromatischen Wechsel in einer Weise, die selbst einen ungeübten Zuhörerschockieren kann...
... Man legt heute Dreiklänge heterogenster Art aufeinander, schwelgt in Chromatik, in Quartsextakkorden, in verminderten und übermäßigen Harmonien, in Vorhalten; es gibt "Harmonien", die sämtliche Halbtone der Oktave umschließen (Strauss hat sie in "Salome" und "Elektra " a ngewandt).
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- Hinzu kommt eine bis zur höchsten Komplikation gesteigerte Motiv-Polyphonie. die gar keine Rücksicht auf das Wohlklingende nimmt, sondern in brutaler Betonung realistischer Nachmalungsmanier das Passende oder Nichtpassende aufeinanderhäuft. Dieser Art von Musik, die wirklich an das Geräusch grenzt, das heißt an den Zusammenklang einer heterogenen Tonreihe, und zu deren Übertrumpfung nur noch die Einführung der Dritteltöne fehlt, wie sie die alten Inder kannten, verweigert die Membran jeden Dienst...
... Nun kam der "Rosenkavalier". Viele sagen, das sei eigentlich gar kein Strauß ... daß der "Rosenkavalier" von einer Umkehr, von einer Hingabe an die Grazie des Rokoko-Zeitalters weit, weit -, entfernt ist...
. . . Darum wird auch die "Rosenkavalier'-Musik nur cum grano salis plattenfähig sein - dort, wo der reine Wohllaut vorherrscht, wo ein geschickter Arrangeur der aufzunehmenden Stücke für die betreffende Grammophon-Hauskapelle nach Möglichkeit alles eliminiert, was störend eingreifen könnte...
... Auch hier gilt: je ausgesprochener die Reinheit der Harmonie, um so bedingungsloser die Gewähr für tadellose Aufnahme ... - von Schönberg und den allermodernsten Kakophonikern ganz zu schweigen.
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- ... In der Hauptsache ruht der Grund, aus dem die Membran bei Stimmen ihren Mittlerdienst verweigert, auf verwandten Voraussetzungen, nur noch feiner differenziert - in erster linie auf dem Mitklingen von Tönen, die in keinem harmonischen Verhältnis zum vorgeschriebenen stehen, auch auf gewissen Resonanzen der Stimmwerkzeuge. Das Volumen selbst spielt dabei eine untergeordnete Rolle; Hauptsache bleibt eine klare, feste Intonation, die weder nach unten noch nach oben ihre durch Schwingungszahl vorgeschriebenen Grenzen überschreitet.
Schulbeispiele hierfür lieferten der bekannte Bayreuther Bariton-Kammersänger Theodor Bertram und die Münchener Kammersängerin Laura Hilgermann, deren Vorträge kaum einmal völlig befriedigende Resultate lieferten (auch die Atemführung spricht ein bedeutsames Wort mit). Daß höchste Klangkraft gar keinen Einfluß im üblen Sinne auf die Membran ausübt, sofern die Intonation rein und fest ist, das beweisen Stimmgewaltige (namentlich aus den Reihen italienischer Stars) wie Caruso, Scotti, Coletti u. a.
Eine Überlastung der Membran durch das Volumen wird durch vernunftgemäße Aufstellung vor dem Trichter verhindert ...
Vor einiger Zeit sprach ich über diese (auch rein physikalisch zu erklärenden) Bedenken ... mit einem unserer vortrefflichsten Fachleute, der an der Spitze eines großen Grammophon-Orchesters steht. Er bestätigte meine kritischen Wahrnehmungen durch eine ganze Anzahl von praktischen Erfahrungen und erklärte, daß er sich in seinen Orchester-Arrangements nach Möglichkeit auf die einfachste Faktur beschränke, um Störungen der Membrantätigkeit und dadurch entstehende unkünstlerische Eindrücke zu vermeiden.
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- Natürlich wird die Folge jener Eliminationen die Beanstandung der Leistung durch jene Pedanten des Urteils sein, die eine Arbeit schlecht rezensieren, wenn ein I-Punkt fehlt oder der Bogen nicht genau über dem U steht. Das darf indessen keinesfalls irritieren. Ehe wir etwas Mißlungenes in der Originalfassung bieten, greifen wir lieber zur Zustutzung in usum proprium mit der Gewähr des Gelingens ...
Man erkennt aus alledem, welche Mühe es mit sich bringt, eine einwandfreie Aufnahme moderner Musik herzustellen, außerdem auch, wie notwendig es ist, daß jede Grammophonfirma einen ganz tüchtigen Berater und Vorbereiter immer zur Seite hat - also einen Mann, der nicht nur praktischer Routinier, sondern auch so viel Theoretiker ist, daß er aus vorliegenden negativen Ergebnissen die Möglichkeit positiven Gewinns, die Wege der Abänderung, die Prämissen und Gründe für dieses oder jenes Hindernis, das sich in den Weg stellt, erkennt.
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So weit die Zitate aus dem Jahre 1912.
Sie werfen ein Schlaglicht auf längst vergessene Rücksichten. Sie machen andererseits aber auch deutlich, wie zu allen Zeiten mit Elan und Hingabe den noch unerklärten Geheimnissen des Metiers nachgespürt wurde. Wie heute auch - und ganz besonders bei Dingen, die den Menschen fesseln und seine Neugier reizen.
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Am Ziel
Irgendwann einmal ist ja dann (fast) jede Aufnahme wirklich fertig. Ich sage das so gewunden, weil ein zügiger Durchlauf zwar von allen "Bearbeitern" gewollt, aber dann doch nicht immer gekonnt wird. Denn es kann Hindernisse geben.
Als da sind: ein möglicher Sinneswandel bei den Interpreten, wenn sie das endgültige Abhörmuster erhalten haben (so es das überhaupt noch gibt). In diesem Fall kann es zu langatmigen Retouchen kommen. Oder sollte ich vielleicht besser "konnte" sagen - denn das Reklamieren und Reparieren am künstlerischen Endprodukt (dem Studioband) tendiert heute gegen Null. In der Klassik jedenfalls.
Immer weniger technische Mängel heutzutage
Schuld an dieser vortrefflichen Tendenz hat, um es mal mit verdrehtem Vorzeichen auszudrücken, ein Mangel: Dem aufgenommenen Klang ermangelt es von Jahr zu Jahr mehr an technischen Defekten.
Die Künstler fühlen sich durch die makellose "Aufbereitung" so vorzüglich "gerahmt" und "beleuchtet", daß sie immer weniger das Verlangen spüren, an der Darbietung selbst zu nörgeln.
Natürlich gibt es Ausnahmen.
Vor allem unter den Solisten mit Charisma wird man immer fündig. Warum auch sollte ein Tastenartist sich wegen des technischen Fortschritts plötzlich mit einem lokal vorhandenen Flügel begnügen, wenn er bisher immer mehrere per Luftfracht zur Auswahl hatte. Oder wird sein Ohr durch die immer perfektere Aufnahmetechnik nun erst recht darauf gelenkt, daß der Filz vom eingestrichenen Fis einen Hauch zu hart ist?
Ein weiterer Grund zur Verzögerung
kann in allerhand logistischen Tücken stecken. So ist es ja durchaus nicht sicher, daß alle Begleittexte, Illustrationen, Spezialverpackungen, Marketingaktionen, Bemusterungen, Werbemittel, um nur einige wenige Attribute zu nennen, "im Plan liegen".
Besonders blümerant wird es immer dann, wenn Verspätungen bei einem Saison-Produkt eintreten. So spricht einiges dafür, daß eine Weihnachtsplatte tunlichst ab November im Laden sein sollte und nicht erst eine Woche vor Ostern.
Weil vornehmlich große Firmen umfangreiche Kataloge pflegen, müssen sie auch die regelmäßigen Veröffentlichungstermine zuverlässig bedienen. Und das bedeutet dann eben bei den "Aushängeschildern", den reputierlichen Großprojekten, beachtliche Vorlaufzeiten. Nicht selten bis zu einem Jahr und mehr.
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Aber es gibt auch "Schnellschüsse".
Mehr noch, jede Produktion (jeder Produzent) mit professionellem Sportgeist wird ihre gewerbliche Umgebung so lange nerven, bis es Schnellschüsse bei Bedarf jederzeit geben kann. Da trifft es sich gut, daß auch die Vermarktungsstrategen am gleichen Strang ziehen. Denn in der Regel gelingt es nur dem geballten Aufgebot beider, die in Arbeitszeitkorsett und Fertigungsvorgaben eingezwängten Herstellbetriebe zu bedarfsweise aufgelockerter Gangart zu bewegen. Aber auch da gibt es löbliche Ausnahmen.
Wenn das Vorhaben überzeugt, und zwar nicht nur die Erfinder, sondern auch den in solchen Fällen gern zitierten "Mann an der Presse", dann kann es durchaus passieren, daß die ersten tausend Platten schon raus sind bevor "das Ganze, halt" gepfiffen wird, weil auf der Tasche ein Name fehlt. Es müssen eben alle motiviert sein, dann flutscht es sogar in Großbetrieben. Jedenfalls habe ich so viel flotte Ausnahmen erlebt, daß ich eigentlich alles zurücknehmen muß, was ich da eben geschrieben habe. Aber die Beobachtungszeit war ja auch lang genug, und es gibt halt doch "so ne und solche1.
Früher - ja, da war einges anders
Daß eine Platte nicht "rauskommt", weil sie einem der höheren Kompetenzträger im Hause nicht gefällt, ist da schon eher selten. Ich würde sogar sagen, das kommt heute in unseren "entpatriarchten" Geschäftsgebilden überhaupt nicht mehr vor.
Früher, da gab es mal Zeiten, da erschien der Inhaber noch leibhaftig (gelegentlich und unangemeldet) im Regieraum. Erstens, um der Diva seine Aufwartung zu machen, und zweitens, um das ganze Gewicht seines überwiegend durch Geschäftsanteile begründeten Urteils in die Meinungsbildung einzubringen.
Es gab auch Mäzene mit Sachverstand
Aber es gab auch Mäzene, die viel von der Sache verstanden und "ihren Laden" eher unauffällig auf anspruchsvollem und gediegenem Niveau hielten. So verdankt eine der bedeutendsten Marken ein gut Teil ihres weltweiten Rufes der jahrzehntelangen, persönlichen Zuwendung eines der Großen der deutschen Elektroindustrie.
Und was manche Insider andernorts lange am Grübeln hielt: Diese Zuwendung (ein weniger verfängliches Wort fällt mir hier nicht ein) zeugte ein Geschäftsgebaren, das sich selbst trug. Und nicht nur das. Vielleicht verstanden andere unter Zuwendung das, was ich hier nun gerade nicht meine. Aber wir sind ja eigentlich bei der Frage, wer was, wie und warum noch zu einer mehr oder weniger fertigen Aufnahme zu sagen hat.
Dann die Freigabe
Der unabhängige Produzent heute und der Firmenpatriarch früherer Tage haben mindestens eines gemeinsam: Sie brauchen niemanden zu fragen, ob das Produkt so recht ist. Sie stehen allein für seinen Erfolg. Aber auch für jeden Flop. Allenfalls, wenn sie Erfolg oder Mißerfolg mit bedeutenden Stars teilen müssen, waren und sind sie gut beraten, sich wohlwollende Zustimmung zu sichern, bevor die Künstler von Kollegen auf eine Fehlleistung angesprochen werden.
In größeren Betrieben war es wegen der schwierigen Überschaubarkeit des Produktionsvolumens daher jahrzehntelang üblich, noch vor der Fabrikation ein Kontrollorgan zwischenzuschalten. Dort wurde jede Neuaufnahme und jede wichtigere Zweitauswertung (Zusammenstellung etc.) durchgehört und in Zweifelsfällen die verantwortliche Produktion verständigt. Meist (und ziemlich logisch) gehörten diese Stellen zum Musik-Bereich.
Es gab auch unwissentlich mißratene Zulieferungen
Es gab aber auch Fabriken, die leisteten sich solch eine Instanz unter Fertigungshoheit, sozusagen als Sicherheitsventil gegen unnützen Fertigungsaufwand bei unwissentlich mißratenen Zulieferungen.
So etwas kam durchaus nicht selten vor, besonders wenn Aufnahmen von freischaffenden Produktionen angeliefert wurden, die keine organisch gewachsenen Erfahrungen besaßen, was in einer Fabrik geht und was nicht.
Vielleicht ein Drehbuch über die Prüfstellen
Die Beziehungen zwischen technischen und musikalischen Prüfstellen würden Stoff für ein Drehbuch abgeben. Daß noch keines geschrieben wurde, liegt sicher daran, daß der potentielle Zeuge der Handlung sich wohl doch mehr für den real existierenden Rilleninhalt interessiert als für die überwiegend inkompatible Dialektik der jeweils aufbegehrenden Partei.
Von "Pickeln", "Blasen", "Hörnchen" und so weiter
In besseren Häusern gehörte es da schon zur innerbetrieblichen Etikette, daß man wenigstens dem Kollegen von der anderen Fraktion die häufig selbsterfundenen Fachvokabeln gönnte. Wie anders hätte man auch miteinander umgehen sollen, wo es doch kein offiziöses Glossar der "Pickel", "Blasen", "Hörnchen", "Zischer ", " Faucher", " Bumser" und sonstiger phonographischer Unartigkeiten gab. Und bis heute nicht gibt.
Die Spezifizierung des nicht Spezifizierbaren
Möglicherweise deutet dieser Umstand sogar darauf hin, daß es bisher bei der Phonographie weise Leute gegeben haben muß, die weitblickend einer allzu gründlichen Spezifizierung des nicht Spezifizierbaren Widerstand entgegengesetzt haben. Immerhin gab es ja Versuche. Noch in den späten Sechzigern bis tief in die Siebziger hinein kamen immer wieder Vorstöße zur Normung hoch.
An eine recht hochkarätig besetzte Tagung erinnere ich mich noch recht lebhaft. Abgesandte mehrerer Firmen und Verbände verglichen und diskutierten tagelang ihre kunstvollen Wortschöpfungen. Am Ende einigte man sich darauf, daß nur Begriffe zur Normung taugen, die sich genügend genau, das heißt zweifelsfrei beschreiben lassen. Was denen, die schon länger mit Normen zu tun hatten, nicht ganz neu vorkam.
Und schon wieder lächeln :
So blieb denn fast alles auf der Strecke außer 'Rumpeln', "Jaulen" und "Wimmern". Doch siehe: Dafür gab es ja schon seit Jahrzehnten im Englischen "rumble", "wow" und "flutter". Es bedarf eben einer seriösen Veranstaltung, um die Übersetzung von drei Vokabeln zu legitimieren.
Ich glaube, Du verstehst was ich denke . . . . .
Um solcherlei Erfahrung erneut bereichert, stach mir ein konkurrenzlos treffender Spruch ins Auge. Er lag auf dem Schreibtisch meines damaligen Kollegen bei Capitol Records in Hollywood und ziert seither auch den meinen:
- "I KNOW YOU BELIEVE YOU UNDER-STAND WHAT YOU THINK I SAID, BUT I AM NOT SURE YOU REALIZE THAT WHAT YOU HEARD IS NOT WHAT I MEANT."
Die "Amis" hatten eben schon damals ein ausgeschlafenes Verhältnis zu gespreizter Fachlinguistik.
Peter K. Burkowitz
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