Die vierte Bilanz für 1965 stammt vom März 1966
Bericht des Vorstands zur Gesamtentwicklung
Am 30. September 1965 hat die Braun AG das Geschäftsjahr 1964/65 mit gutem Ergebnis abgeschlossen.
Umsatz 1965 ca. 175 Millionen DM
Die Braun AG konnte ihren Umsatz um 20,7% auf 175 Mio. DM steigern. Der Umsatz der gesamten Braun-Gruppe (Braun AG mit in- und ausländischen Beteiligungsgesellschaften) stieg um 21,2% auf 210 Mio. DM. Alle Artikelbereiche waren an der Geschäftsausweitung beteiligt.
Export 1965
Nach wie vor hatte der Export zu einem Drittel Anteil am Umsatz der Braun AG. Davon gingen drei Viertel nach Europa, ein Viertel nach Uebersee.
Ertrag 1965
Das Jahresergebnis hat um 28,4 % zugenommen. (Reingewin vor Steuern 7,6 Millionen DM) Kostendegressionen durch Geschäftsausweitung und Rationalisierung konnten die in einzelnen Bereichen gestiegenen Kosten ausgleichen. Die Preise wurden im wesentlichen gehalten.
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Investitionen 1965
Die Sachinvestitionen der Braun AG sind auf 4 Mio. DM gestiegen. Darin ist das im Sommer 1965 angelaufene Bauprojekt Kronberg mit insgesamt 10 Mio. DM nur zum geringen Teil enthalten. Bei den Beteiligungsgesellschaften wurde die erhebliche Kapazitätserweiterung des Haushaltgerätewerkes Marktheidenfeld mit einem Gesamtaufwand von zirka 4 Mio. DM abgeschlossen. Das Rasiererwerk Walldürn wird weiter ausgebaut.
Börseneinführung
Im Oktober 1964 wurden 6 Mio. DM stimmrechtslose Braun-Vorzugsaktien zum Kurs von 380% in den geregelten Freiverkehr eingeführt. Seit Juli 1965 werden diese Aktien an den Börsen Frankfurt und Düsseldorf amtlich gehandelt. Trotz allgemein schwacher Börse entwickelte sich der Kurs im Geschäftsjahr gut.
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Auszeichnungen
Braun-Produkte wurden erneut für Gestaltung und technische Qualität international ausgezeichnet. Die Abteilung Produktgestaltung erhielt den Berliner Kunstpreis der jungen Generation, der erstmalig auch für Formgestaltung verliehen wurde. Für zahlreiche Repräsentativ-Ausstellungen der Bundesrepublik wurden Braun-Geräte ausgewählt. Der japanische Rat für Formgebung stellte in Tokio das gesamte Braun-Programm vor. Braun-Geräte bildeten einen wesentlichen Teil der Ausstellung des deutschen Rates für Formgebung im Londoner Design Centre. Auch in Prag wurden Braun-Geräte in einer Ausstellung vorbildlicher Produkte und Verpackungen gezeigt. In zahlreichen Verbrauchertests standen Braun-Geräte in der Spitzengruppe.
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Technik
Der Geschäftsbereich Technik, mit dem Schwerpunkt Teilefertigung in Frankfurt, war durch Teileherstellung, Werkzeug- und Formenbau für alle Artikelbereiche voll ausgelastet.
Vertrieb
Der Geschäftsbereich Vertrieb koordiniert die Vertriebspolitik der Gesellschaft. Die zum Geschäftsbereich gehörende Verkaufsorganisation wurde wegen der Geschäftsausweitung personell und organisatorisch ausgebaut. Die Tätigkeit der Braun-Informationszentren wurde als Teil der allgemein verstärkten Werbung aktiviert.
Ausland
Wegen der wachsenden Bedeutung des internationalen Geschäftes wurde ab 1. Oktober 1965 der Geschäftsbereich Ausland eingerichtet.
Mitarbeiter
Am Stichtag hatte die Braun AG 2979 Mitarbeiter. In der Braun-Gruppe waren 5387 Mitarbeiter beschäftigt (1964: 4945 Mitarbeiter). Die überproportionale Steigerung der Personalkosten beruht in erster Linie auf tariflichen und aussertariflichen Lohn- und Gehaltserhöhungen. Die gleichfalls gestiegenen freiwilligen sozialen Leistungen betrafen u. a. die Schwerpunkte Werksverpflegung einschliesslich Diätkantine und Gratifikation. Der Braun-Gesundheitsdienst konzentrierte seine Arbeit vor allem auf vorbeugende und heilende Massnahmen gegen Zivilisationsschäden.
Ausblick
Für das laufende Geschäftsjahr sind stärkere Kostenerhöhungen für Material und Löhne als bisher zu erwarten. Daneben sind die allgemeine Konjunkturentwicklung und.die zunehmende internationale Konkurrenz zu berücksichtigen. Trotzdem erwarten wir nach dem Verlauf der bereits abgeschlossenen Hauptsaison für 1965/66 eine befriedigende Entwicklung.
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- Anmerkung: Braun zahlt für 1965 ca. 2,8 Millionen DM Ertragssteuern an die Stadt und den Bund.
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Elektronik
Der Artikelbereich Elektronik hat sich auch im abgelaufenen Geschäftsjahr weiter spezialisiert. Das gilt vor allem für das Gebiet hochwertiger Musikwiedergabe, das sich zu einem "interessanten Spezialmarkt" entwickelt hat.
Anmerkung : Diese gewählte Umscheibung des (Hifi-) Spezialmarktes hier ist bemerkenswert, denn "interessant" heißt zwar : mit einer gewissen Perspektive, dennoch (noch) nicht profitabel. Man investiert in die Zukunft und das Braun Image. Es ist völlig unstreitig, jedenfalls noch bei Braun, daß das aufgebaute Image der Spitzenklasse Hifigeräte den Hausgeräten und den Rasieren einen kräftigen Schubs gegeben hat. Nach internen Informationen hatte die Hifi-Sparte irgendwann zwischen 1964 bis 1967 einmalig eine schwarze 0 erreicht.
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Braun bietet ein vollständiges HiFi-Programm vom Platten- spieler, Tonbandgerät und Rundfunkempfangsteil über Verstärker bis zum Lautsprecher.
Dieser Markt wurde durch Vortragsabende und Schallplatten- konzerte gepflegt. Ein Netz von Fachhändlern, die sich auf dieses Gebiet spezialisieren, wurde systematisch ausgebaut. Mit der auf der Funkausstellung 1965 in Stuttgart erstmalig gezeigten Anlage Studio 1000 wurde der Anschluss an den Bereich kommerzieller Wiedergabeanlagen hergestellt. Auch auf dem Gebiet der Transistor-Koffergeräte ist der Bereich mit dem Universal-Empfänger T1000 in der höchsten Qualitätsklasse vertreten.
Das umfangreiche Programm der Elektronenblitzgeräte wurde um ein leistungsfähiges Kleinstgerät und ein neues Gerät für Pressefotografen erweitert. Braun steht mit seinem Elektronenblitz-Programm sowohl in der Programmbreite als auch im Umsatzvolumen mit an der Spitze.
Im Export hatte die Artikelgruppe mit HiFi-Anlagen vor allem in Frankreich und in der Schweiz guten Erfolg. Elektronenblitzgeräte brachten in Italien und trotz erheblicher Zollerhöhungen in England beachtliche Umsatzsteigerungen.
Die Tochtergesellschaft Braun Electronic GmbH hat ihr Programm für elektronische Temperaturmessungen weiter ausgebaut.
Die Geschäftsentwicklung des Artikelbereiches Elektronik in den ersten drei Monaten des laufenden Geschäftsjahres war zufriedenstellend.
Foto 1965
Ueberproduktion einiger Hersteller und Umwälzungen auf dem Schmalfilmgerätesektor haben im abgelaufenen Geschäftsjahr zu einer Beunruhigung des Fotomarktes geführt.
Braun-Foto mit der Tochtergesellschaft Niezoldi & Krämer GmbH (Nizo) hat diese Entwicklung durch marktgerechte Disposition ausgeglichen.
Anmerkung: Der Fotomarkt ist stark eingebrochen und die Umsätze sind gefallen. Wieviel, darüber schweigt sich die Bilanz aus. Auch der Sprung auf den 8mm Tonfilm zeigte noch keine Wirkung. Der Ampex Profi-Videorecorder war seit 1956 auf dem Weltmarkt und die Ideen der großen Firmen für einen Heimrecorder sprudelten und verunsicherten bereits den Markt. Die Tochter Nizo musste (finanziell) gestützt werden.
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Als eine der ersten Firmen brachte Nizo Schmalfilmkameras für das neue Super-8-System im Mai 1965 zunächst in den USA heraus. In Europa wurde das System vom Filmhersteller erst sechs Monate später eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt war Nizo voll lieferfähig. Der neue Projektor FP 1 S wird seit kurzem gefertigt.
Die Diaprojektoren konnten ihre Marktstellung ausbauen. Die im Vorjahr herausgebrachten Vollautomaten D45 für Netzspannungslampe und D46 für Halogenlampe hatten trotz der Marktbeunruhigung guten Erfolg.
Auf der Internationalen Verkehrsausstellung in München zeigte der Bereich erstmalig eine mit Braun-Projektoren ausgestattete kommerzielle Informationstafel. Sie ist vor allem für Flughäfen und Bahnhöfe geeignet. Dieses Gebiet soll weiter ausgebaut werden.
Das laufende Geschäftsjahr hat bisher auch auf dem Fotosektor gute Ergebnisse gebracht.
Haushalt
Auf dem Markt der Haushaltgeräte steht die Artikelgruppe in harter Konkurrenz mit internationalen Grossunternehmen. Trotzdem hat sie in Deutschland und auf weiteren interessanten Märkten mit den «klassischen Geräten», der Küchenmaschine, dem Multimix und der Saftzentrifuge Multipress, den grössten Anteil. Das Programm Heizlüfter und Wärmegeräte brachte gute Umsätze. Daneben wurden sechs neue Geräte in den Markt eingeführt.
Die Kapazität des Werkes Marktheidenfeld wurde um das Dreifache auf 12.600qm erweitert. Auch das Zentrallager und der Versand des Bereiches wurden hier konzentriert.
Im Gespräch mit dem Fachhandel konnten noch im Berichtszeitraum wesentliche Fortschritte zur Bereinigung der Unruhe auf dem Elektrogeräte-Markt erzielt werden. Nach Kürzung der Handelsspanne für Haushaltgeräte besteht Hoffnung, dass sich eine vernünftige Preis- und Rabattpolitik entwickelt.
Besondere Anstrengungen machte der Artikelbereich im Export. Der skandinavische Markt und die Niederlande sind gut erschlossen. In Japan wurden geeignete Geräte eingeführt. Guten Anfangserfolg hatten hier vor allem die Heiz- und Tischlüfter. Das gleiche gilt für die USA und Kanada.
Die Artikelgruppe hat einen Beratungsdienst, der über 50 geschulte Hauswirtschafts- Beraterinnen verfügt. Sie bilden in ganz Europa Verkaufspersonal aus und demonstrieren Haushaltgeräte im Fachgeschäft, auf Messen und in öffentlichen Vorträgen.
Mit einem breiten Programm marktgerechter Geräte und mit vernünftigen Handelsspannen erwartet der Bereich eine gute Entwicklung.
Anmerkung: Nach internen Informationen aus der Kostenrechnung war die Haushaltsgerätesparte genauso defizitär wie die Hifi-Sparte und mußte von den Rasierergewinnen gestützt werden.
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Rasierer 1965
An der Umsatzsteigerung des (gesamten) Unternehmens war die Artikelgruppe Rasierer besonders stark beteiligt. In Deutschland haben die Braun-Rasierer den grössten Marktanteil. Die Anteile sind auch im Ausland im Verlauf des Geschäftsjahres überall stetig gestiegen. Diese Entwicklung wird voraussichtlich weiter anhalten. Der Marktsättigungsgrad in den USA für Elektrorasierer ist weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern erreicht.
Das Programm wurde um drei Geräte erweitert. In der untersten Preisklasse gibt es jetzt als Zweit- und Reisegerät einen einfachen Batterie-Rasierstab. Darüber hinaus einen Netzrasierer mit sehr guter Rasierleistung, aber einfacher Ausstattung. Ausserdem wurde ein Rasiergerät für Auto- oder Trockenbatteriebetrieb eingeführt.
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Anmerkung : Albrecht Schultz konnte als einziger wirklich lachen und stolze Zahlen vorweisen. Wieviel wissen wir nicht, doch die Sparte war immens profitabel. Die Rasierer-Sparte nahm einen gigantischen Aufschwung und war der Highflyer aller Braun Produkte. Braun kam mit der Produktion kaum nach und baute Werkshalle um Werkshalle immer neben dran. Braun war mit dem elektrischen Trocken-Rasierer auf dem besten Weg zum Weltmarktführer und das interessierte die Amerikaner mit Sicherheit sehr.
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In Zusammenarbeit mit dem Fachhandel wurden im Frühjahr 1966 erneut Preise und Rabatte gesenkt. Die Rabatte wurden nach dem Leistungsprinzip neu geordnet. Der Konkurrenzkampf ist auf dem Gebiet Elektrorasierer äusserst scharf.
Das Braun-Scherblattprinzip hat sich jedoch sehr gut durchgesetzt. Werbung und Distributionsdichte spielen eine besondere Rolle. Auf beiden Gebieten wurden beachtliche Erfolge erzielt.
Die Spitzenstellung auf dem Inlandmarkt bot die Grundlage für eine stärkere Bearbeitung der Exportmärkte. Der Aufbau eines gut funktionierenden Vertriebsnetzes in den massgebenden europäischen Ländern machte gute Fortschritte.
Der japanische Markt hat sich gut entwickelt. Mit 20% Anteil am Markt für netzbetriebene Elektrorasierer steht Braun an der Spitze aller ausländischer Hersteller.
Durch die Kapazitätserweiterungen in Walldürn und Kronberg ist Braun im neuen Geschäftsjahr in der Lage, den steigenden Bedarf zu befriedigen.