Dies ist der vierte Artikel von mehreren Artikeln.
Die einführenden Seiten des 1979er Test-Jahrbuches von Karl Breh.
Zum vorhergehenden Artikel bitte hier klicken.
Die Einführung und das Vorwort in den Testjahrbüchern
Sowohl in den Hifi-Jahrbüchern wie auch in den Testjahrbüchern schrieb Chefredakteur Karl Breh immer eine Einleitung mit Erläuterung, um was es sich bei den Tests und Vergleichen überhaupt dreht.
.
Der Plattenspieler (Artikel Nummer 4 von 1979)
"Informationen über das Laufwerk"
Der Plattenspieler ist neben dem Rundfunk-Empfangsteil die wichtigste Programmquelle einer HiFi-Anlage. Wie schon der Name besagt, dient er zum Abspielen von Schallplatten. Dazu ist zunächst einmal erforderlich, daß die Schallplatte in eine Drehung konstanter Geschwindigkeit versetzt wird.
.
Langspielplatten benötigen 33 1/3 Umdrehungen pro Minute (U/min), bei 17cm-Platten sind auch 45 U/min üblich. Die alte Schellackplatte drehte sich mit 78 U/min, und bei Wortplatten würden auch 16 U/min ausreichen. Derzeit werden jedoch keine Platten auf den Markt gebracht, die mit 16 U/min abzuspielen sind. Schellackplatten haben nur noch Sammelwert, weil ihre Klangqualität weit unter dem heutigen Standard liegt. Demnach genügt es, wenn Plattenspieler mit den zwei Geschwindigkeiten 33 1/3 und 45 U/min ausgestattet sind. Das ist in zunehmendem Umfang der Fall.
.
Die Gleichlaufschwankungen
Mit der Umdrehungsgeschwindigkeit sind zwei Qualitätsforderungen verknüpft, die an das Laufwerk eines Plattenspielers der HiFi-Klasse zu stellen sind:
1. Die Nenndrehzahl muß genau erreicht werden, wenn die Musik in der richtigen Tonlage erklingen soll. Dreht sich der Plattenteller schneller, so ist die Stimmung z. B. eines wiedergegebenen Orchesters zu hoch, dreht er sich zu langsam, ist sie zu tief. Und zwar bedeutet eine Abweichung von ±6%, d. h. bei 33 1/3 U/min um plus oder minus 2 U/min, eine Erhöhung oder Absenkung der Tonlage um einen halben Ton. Die HiFi-Norm läßt daher nur Abweichungen von maximal +1,5% oder -1% zu. Abweichungen von der Nenndrehzahl, die sich innerhalb dieser Grenzen bewegen, können vom menschlichen Ohr nicht wahrgenommen werden, weil sie jenseits der Empfindlichkeit für Tonhöhenunterschiede liegen.
Bei vielen Plattenspielern kann die Nenndrehzahl mit Hilfe einer Drehzahl-Feinregulierung exakt eingestellt werden. Die Kontrolle erfolgt über Stroboskopmarkierungen, die auf der Unterseite (oder dem Außenrand) des Plattentellers angebracht sind und durch eine Glimmlampe mit Blitzen der Netzfrequenz angeleuchtet werden. Ein Spiegel-System projiziert das Bild der Marken in ein Beobachtungsfenster. Stehen die Markierungen still, so dreht sich der Plattenteller mit der Nenndrehzahl. Bei anderen Modellen muß die Drehzahl-Kontrolle mit Hilfe einer Stroboskopscheibe vorgenommen werden, die man auf den sich drehenden Teller legt und die durch jede vom Netz her betriebene Lichtquelle beleuchtet werden kann.
Die Drehzahlfeinregulierung ist besonders wichtig für Musikfreunde, die mit einem Instrument zu einer Schallplatte spielen wollen. Wenn zum Beispiel ein Klavier einen halben Ton unter dem heute üblichen Kammerton von 440 Hz gestimmt ist - was häufig vorkommt-, muß man die Drehzahl des Plattenspielers um 6% oder 2 U/min herabsetzen können, wenn man mit einem solchen Klavier zu einer Schallplattenaufnahme spielen will.
.
2. Kurzzeitige Geschwindigkeitsschwankungen sollten nach dem Entwurf vom November 1970 der DIN 45500, Blatt 3, bewertet ±0,15% nicht überschreiten. Zwar hat dieser Entwurf keine Gültigkeit erlangt, so daß immer noch der Wert ± 0,2% die Mindestforderung darstellt, aber alle Laufwerke mit Anspruch auf HiFi-Qualität genügen der schärferen Forderung.
Größere Geschwindigkeitsschwankungen machen sich als Tonhöhenschwankungen unangenehm bemerkbar, die langsamen als Jaulen, die schnellen als Rauhigkeit des Klanges. Am empfindlichsten ist das menschliche Gehör für Tonhöhenschwankungen von 4 Hz Schwankungsfrequenz (Klavier). Darüber und darunter nimmt die Empfindlichkeit ab. Will man dies berücksichtigen, so muß man bei der Messung ein Filter verwenden, dessen Durchlaßkurve die aus Bild 1 ersichtliche Form hat. Die Messung erfolgt mit Hilfe des speziell dafür entwickelten Tonhöhenschwankungsmessers EMT 424 und der DIN-Meßplatte 45545 und wird als „bewertet" bezeichnet, wenn ein Bild 1 entsprechendes Filter eingeschaltet ist.
Seit wir die Gleichlaufschwankungen mit dem neuen EMT 424 messen, geben wir neben dem bewerteten Wert noch den nach der 2-sigma Integrationsmethode bestimmten und den linearen Wert an. Die 2-sigma-Methode erfaßt auch sehr kurzzeitige Schwankungsimpulse und liefert je nach Struktur der Gleichlaufschwankungen bis um den Faktor 2 größere, d. h. strengere, Werte als die nach DIN bewerteten.
Die Rumpelfreiheit
Ein weiteres Qualitätskriterium des Laufwerks eines Plattenspielers ist dessen Rumpelfreiheit. Unter Rumpeln versteht man tieffrequente Störgeräusche, die ihre Ursache in mechanischen Vibrationen haben, die vom Antrieb ausgehen und über Plattenteller oder Tonarm auf den Tonabnehmer übertragen, von diesem in elektrische Schwingungen umgewandelt und im Verstärker so verstärkt werden, daß sie über die Lautsprecher deutlich hörbar sind. Die meßtechnisch ermittelten Größen nennt man Rumpel-Fremdspannungsabstand und Rumpel-Geräuschspannungsabstand.
In beiden Fällen wird die Spannung des Störgeräusches, das beim Abtasten der Leerrillen der Rumpel-Meßplatte DIN 45544 gemessen wird, auf die Spannung eines in derselben Platte enthaltenen Bezugssignals von 315 Hz und 5,42 cm/s Spitzenschnelle oder, was auf dasselbe hinausläuft, auf 1000 Hz und eine Spitzenschnelle von 10 cm/s bezogen und in Dezibel (dB) ausgedrückt.
Die Bewertungskurven
Auch hier spielt die Empfindlichkeit bzw. die Eigenart des menschlichen Gehörs wieder eine wichtige Rolle. Sie nimmt nämlich für tiefe Frequenzen schnell ab. Deshalb verwendet man für die Messung der beiden für das Rumpeln maßgebenden Größen wiederum Bewertungsfilter.
Bild 2 zeigt die Bewertungskurven dieses Filters. Verwendet man für die Messung ein Filter, dessen Bewertungskurve die Form A hat, so ermittelt man den Rumpel-Fremdspannungsabstand. Schaltet man dagegen ein Filter ein, dessen Bewertungskurve die Form B aufweist, ergibt die Messung den Rumpel-Geräuschspannungsabstand. Der Rumpel-Geräuschspannungsabstand erfaßt dadurch, daß die Bewertungskurve alle Störanteile von Frequenzen unterhalb 315 Hz mit einer Steilheit von 12 dB/Oktave unterdrückt, diejenigen Störanteile, für die das menschliche Ohr besonders empfindlich ist, während der Rumpel-Fremdspannungsabstand auch diese, in ihrer Auswirkung weniger schädlichen Frequenzanteile berücksichtigt.
Die Werte des Rumpel-Geräuschspannungsab-standes sind daher, in dB ausgedrückt, immer besser als die des Rumpel-Fremdspannungsabstandes. Die HiFi-Norm fordert für Rumpel-Geräuschspannungsabstand einen Wert von mindestens 55 dB und für den Rumpel-Fremdspannungsabstand von mindestens 35 dB.
Die Meßplatten
Ein schwieriges Kapitel bei Rumpelmessungen sind die Meßplatten. Fast immer mißt man in einem Außendurchmesser schlechtere Werte als innen (bis zu 10 dB).
Es scheint, daß dies auf die mangelnde Qualität der Meßplatten zurückzuführen ist, so daß es in diesem Fall erlaubt ist, den besseren Wert als den typischen zu betrachten.
Die Eigenschaften des Laufwerks, die im wesentlichen charakterisiert werden durch die Gleichlaufschwankungen und die Rumpel-Fremdspannungsabstände, werden durch seinen Antrieb und dessen Anordnung im Laufwerk bestimmt.
Ein gebräuchliches Mittel, die Gleichlaufschwankungen sehr klein zu halten, besteht darin, dem Plattenteller eine große träge Masse zu geben, die verhindert, daß dieser kleinen Geschwindigkeitsschwankungen des Antriebs überhaupt folgen kann. Eine große träge Masse des Plattentellers setzt aber einen kräftigen Antriebsmotor voraus, damit der Plattenteller nach dem Einschalten möglichst schnell seine Nenndrehzahl erreicht (kleine Hochlaufzeit), und ein stabiles Lager für die Tellerachse. Je stärker der Antriebsmotor ist, desto besser muß man durch Abschirmung dafür sorgen, daß magnetische Streufelder nicht in den Tonabnehmer gelangen und dort unerwünschten Brumm induzieren.
Der Kompromiss zwischen Masse und Antriebskraft
Ein anderer Weg, gute Laufwerkeigenschaften zu erzielen, besteht darin, einen relativ schwachen Synchronmotor, dessen Drehzahl durch die Netzfrequenz konstant gehalten wird, mit einem leichten Plattenteller zu kombinieren, wobei der Antrieb über einen Treibriemen von der Motorachse direkt auf den Plattenteller erfolgt.
Es gibt aber auch Laufwerke, bei denen eine Art Servo-Elektronik für die Konstanthaltung der Drehzahl unabhängig von der Belastung des Motors sorgt Dabei erfolgt auch die Drehzahlumschaltung auf elektronischem Wege. In allen Fällen muß der Antrieb federnd und bedämpft am Chassis des Laufwerks aufgehängt sein, damit Vibrationen nicht vom Antrieb auf Plattenteller und Tonarm übertragen werden. Eine solche Entkopplung zwischen Antrieb und Plattenteller bewirkt auch der Gummiriemen.
Der Direktantrieb
Seit rund sechs Jahren gibt es auch Laufwerke mit Direktantrieb. Die Achse eines Vielpol-Gleichstrommotors ist als Plattentellerachse ausgebildet. Der langsam laufende, über einen elektronischen Kollektor gesteuerte Motor treibt den Plattenteller auf dem "direktesten" ?? aller denkbaren Wege an (Bild 3).
Die neueste Entwicklung bei Direktantrieben besteht darin, daß die Drehzahlkonstanz durch einen schwingenden Quarzkristall gewährleistet wird. Die Drehzahl wird neuerdings digital angezeigt (vgl. Test Revox B 790 und Kenwood KD-750 in diesem TJB). Auch das Prinzip des Linearantriebs hat Eingang in den Plattenspielerbau gefunden und zu einer sehr eleganten, vorteilhaften und preisgünstigen Lösung geführt (vgl. Testbericht Fisher MT-6225, TJB 78/79).
Tonarm und der Tonabnehmer
Zum Plattenspieler gehören natürlich auch der Tonarm und der Tonabnehmer. Bei den meisten Fabrikaten ist ein Tonarm fest montiert und meist bei Lieferung auch schon ein Tonabnehmer eingebaut. Auf jeden Fall kann man, von einer Ausnahme abgesehen (Beogram), in den Tonarmkopf eines jeden HiFi-Plattenspielers einen Tonabnehmer eigener Wahl befestigen. Einige Plattenspieler werden auch als reine Laufwerke angeboten, die man mit einem geeigneten Tonarm ausstatten kann. Bemerkungen über Tonabnehmer sind dem entsprechenden Kapitel vorangestellt.
Einfachspieler oder automatischer Spieler
Hier bleibt noch die Frage„Einfachspieler oder automatischer Spieler und Wechsler?" zu diskutieren. Historisch betrachtet, galt der automatische Spieler und Plattenwechsler in qualitätsbewußten HiFi-Kreisen als nicht salonfähig. Das hatte seine guten Gründe. Der Wechselmechanismus und alle hierzu erforderlichen Funktionen des Tonarms müssen über eine relativ komplizierte Mechanik gesteuert werden, die ihre Antriebsenergie aus der Schwungenergie des sich drehenden Plattentellers bezieht.
Der Tonarm und die Automatik
Nun werden wir später erfahren, daß ein Tonarm leicht und möglichst reibungsfrei gelagert sein sollte. Der Erfüllung dieser Bedingungen stand früher bei Wechslern der erforderliche Steuermechanismus entgegen. Dies hat sich schon seit geraumer Zeit grundlegend geändert. Es gibt heute mehrere Fabrikate automatischer Plattenspieler und -Wechsler, die in jeder Hinsicht die an einen HiFi-Plattenspieler zu stellenden Forderungen erfüllen. Ihre Tonarme setzen entweder vollautomatisch oder nach Vorwahl des Plattendurchmessers in den Einlaufrillen der abzuspielenden Platte auf und heben ebenso selbsttätig nach Erreichen der Auslaufrillen wieder ab (automatischer Spieler).
Daneben gestatten sie den automatischen Wechsel von meist 8 Schallplatten. Bei Dual müssen die Schallplatten des zu wechselnden Stapels jeweils gleichen Durchmesser aufweisen, bei anderen Fabrikaten dürfen auch Schallplatten unterschiedlichen Durchmessers gestapelt werden.
Heute "wechselt" fast keiner mehr
Inwieweit HiFi-Freunde, die sich hauptsächlich für Werke der sogenannten ernsten Musik interessieren, von der Möglichkeit des Wechseins Gebrauch machen, bleibt dahingestellt. Der Autor würde seine Platten keinesfalls dem Abwurfmechanismus eines Wechslers aussetzen, schon deshalb nicht, weil die jeweils zum Abspielen abgeworfene Platte auf eine schon auf dem Plattenteller liegende, sich drehende fällt, wodurch die Gefahr besteht, daß auf der Plattenoberfläche haftende Staubkörnchen durch die Relativbewegung der beiden Platten in die Rillen „hineingemahlen" werden, zumal im Wechselbetrieb kein Plattenbesen verwendet werden kann, sofern dieser nicht am Tonabnehmer befestigt ist.
Im übrigen kann man ja jeden Wechsler als automatischen Plattenspieler benutzen und von der Wechselmöglichkeit keinen Gebrauch machen. Dem steht um so weniger etwas im Wege als - wie gesagt - die führenden Fabrikate automatischer Plattenspieler und -Wechsler heute uneingeschränkt HiFi-Qualität aufweisen und, infolge großer produzierter Stückzahlen, die zusätzliche Möglichkeit des Plattenwechselns sich praktisch nicht auf den Preis auswirkt.
In jüngerer Zeit kommen immer mehr vollautomatische Einfachspieler auf den Markt, die ein Maximum an Bedienungskomfort bieten.