Das sogenannte Refoaming ist bei einem Lautsprecher Chassis (nur) der Austausch der äußeren Sicke
Sept. 2011 - von Gert Redlich - Ein Lautsprecherchassis für den Mitteltonbereich, den Tief-Mittelton- und den Bass-Bereich hat fast immer 2 Sicken. Das ist einmal die sogenannte Zentrier- sicke (meist aus grob gewebtem gummierten Leinen-Stoff) direkt innen an der Schwingspule und dann noch die Membransicke ganz außen an dem äußeren Umfang der Membrane.
Die äußeren Sicken gibt es als Stoff-, Gummi- oder Schaum- stoffsicken. Der Schaumstoff gibt dem "Austauschen" den Namen, nämlich "foam" = Schaum, daher "refoaming".
Im ebay bereits für 29.- US $ zu haben.
Der Preis verlockt natürlich und ich war auch auf dem Trip, das machst Du schön selbst. Doch irgendwie schien mir das zu einfach. Denn aus der Historie von vor 30 Jahren hatte ich Isophon Austausch-Membranen (incl. Schwingspule) in die verbrotzelten 38cm Bass-Chassis eingebaut und es war damals schon überhaupt nicht trivial. Also habe ich mir die 29 Dollar Variante etwas genauer durchgelesen und da stolperte ich über eine Menge Ungereimtheiten.
Fazit: Lassen Sie die Finger davon, das wird nichts. Unter der riesigen Staubschutzkappe der LH14H Membrane ist nämlich noch solch ein Stückchen zerbröselnder Schaumstoff als Staubfilter für die hintere Öffnung. Und auch dieser Schaumstoff teilt sich in Bröckchen, die auf keinen Fall in den Magnetspalt fallen dürfen. Das tun sie aber nach und nach, auch, wenn das Chassis immer noch oder wieder senkrecht in der Box eingebaut ist. Die große Staubschutzkappe im Zentrum der Membrane muß ab, so oder so. Und die Schaumstoff-Brocken müssen weg (abgesaugt werden), und zwar lückenlos.
Vor allem, man muß es erst mal wissen, daß da eine weitere Zeitbombe tickt.
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Die Bilder stammen alle aus der Sound-Clinic von Herrn Christ in Ingelheim am Rhein
Ich durfte bei der Reparatur meiner JBL Ti 250 Chassis dabei sein und jede Menge Fotos schiessen und mich wirklich davon überzeugen, daß ich das so nicht hinbekommen hätte.
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Sonst nichts weiter kaputt machen !!
Bei Reconing wird eine vom Hersteller in Serie angefertige und gelieferte komplett fertige Membrane in den Chassis-Korb eingebaut.
Bei Refoaming bleibt die alte Membrane samt Schwingspule drinnen und bekommt nur die äußere Sicke neu angeklebt.
Hier gibt es wieder andere Gegebenheiten, denn der Kleber muß jetzt innen an der Papp-Membrane kleben und auch außen in der Rinne am lackierten Alu- oder Stahl-Korb.
Dazu braucht man zwei Sorten von Klebern, die aber beide die gleiche Abbindezeit bzw. Trocknungszeit haben sollten, damit der Schaum der Sicke nicht angegriffen wird, also auch nicht gerade trivial.
Rechts im Bild wird gerade der Kleber in die Rinne des Chassis-Korbes eingebracht.
Bei JBL gibt es zusätzlich noch eine Kunststoffleiste, die einmal rings rum oben auf die Sicke nochmal (also wieder) drauf geklebt werden muß.
Dann, wenn der erste Klebevorgang 24 Stunden ausgehärtet ist, geht es mit der Sicke an der Pappmembrane weiter.
Zum Schluß kommt noch eine neue Kappe oben drauf.
Diese (Staubschutz-) Kappe hat beim Bass so gut wie keine akustische Funktion. Sie soll den Bereich des inneren Konus, an dem ja die Schwingspule angeklebt ist, stabilisieren und vor Schmutz und Staub schützen.
Das ist jetzt die dritte 24 Stunden Wartezeit, die die Geduld eines Zuschauers oder "Unwissenden" strapaziert, also meine Geduld war das.
Doch dann ist er fertig und kann mit einem 200 Watt Sinus Verstärker mal so richtig Luft pumpen. Ohne Gehäuse, also ohne die eigentliche Bedämpfung wird da weit weniger Leistung benötigt, etwa 20 Watt reichen, um den maximalen Hub zu erreichen.
Nach etwa 1 Woche hatte ich beide Bässe wieder eingebaut und konnte sofort wieder lospowern. Jetzt gehen sie wieder und machen selbst bei Heavy Metall ganz ordentlich Krach, bei mir mit konzertanter Musik aber eher tolle Musik.
Ganz wichtig für den Gourmet in Highend Sphären, solch ein Chassis muss wirklich erst einlaufen. Die "neue" Sicke ist nämlich wirklich noch "neu" = unflexibel. Es wird mehrere Wochen dauern, bis die Sicke Ihre "Nenn-Flexibilität" erreicht hat, die dann ganz langsam bis zum Ende ihres Lebens immer weniger wird, bis der Schaumstoff irgendwann (wieder) reißt oder bricht.
"Nenn-Flexibilität" ist ein von mir hilfsweise benutztes Kunstwort, das es so eigentlich nicht gibt. Doch schauen wir mal rüber zu fabrikneuen Autoreifen, die in den ersten 1.000 Kilometern schonend gefahren werden "sollen", auch bei schnellen Rennwagen. Die Gummischicht soll sich erst mal flexibel durchwalken, ehe sie richtig haftet, erklärt der Reifenfachmann plausibel.
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Etwas mehr darüber (über das Einlaufen) steht hier.
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