Ein paar Erläuterungen zum Hoch- und Mitteltöner
Nach unseren Zeitzeugenberichten hatten die Lautsprecher-Entwickler von Braun etwa 1964 den ersten "richtigen" Kalottenhochtöner aus Italien bekommen und hatten auch gleich ein paar Ideen der Verbesserung.
Sicher gab es vorher 1954 bereits die Hochtöner von Acoustic Research in den USA unter Edgar Vilshure benutzte Methode, in das Zentrum der Konusmembranen von Hoch- und Tieftönern anstelle der flachen Staubschutzkappe eine kleine Halbkugel aus Pappe - also eine kleine "Kalotte" einzukleben.
Der wichtigste Grund war aber die luftdichte Abdichtung der offenen Schwingspule, um speziell beim Tieftöner einem pneumatischen akustischen Kurzschluß vorzubeugen. Weiterhin wurde die Membrane um den Bereich der Schwingspulenklebung erheblich gegen Verbiegen (sogenannte Partialschwingungen) verstärkt. Beim Hochtöner war der vergrößerte Abstrahlwinkel der sehr kleinen Papp-Hochtonkalotte inmitten der deutlich größeren konischen Membrane doch nur marginal.
Erst die Italiener hatten so um 1963/64 die (Halbkugel-) Kalotte als komplette Membrane gestaltet, aber aus Pappe. Die Klangeigenschaft war (deshalb ?) bescheiden, zu hart und schon gar nicht annähernd linear ?
Nein, es war die Pappe, die Probleme bereitete, jedenfalls bei uns hier in Deutschland mit einem feuchten Frühjahr und Herbst. Die Pappe quoll auf und verzog sich und die Schwingspule schliff oder kratzte am Magneten.
Die Mitarbeiter im Braun Labor, Hasselbach, Hauppen- berger und Seikritt wollten aber Hifi machen und fanden schließlich ein anderes Material, das damals zumindest die gewünschten Verbesserungen mitbrachte. Es war der berühmte spezielle Stoff der imprägnierten Krawatten und Schlipse, aus dem die Klangträume gemacht werden sollten.
Die Techniker im Braun Labor hatten alle diese Kunstschlipse an, die auch mal etwas Öl oder Schmiere vertragen konnten. Dazu kam später noch die schwarze Gummi-Lack-Brühe (besser gesagt - es war eine schwarze Pampe) der Chemiefabrik, mit der die Kalotten zusätzlich eingepinselt wurden.
Ganz wichtig zum Verständnis: Während die normalen Konuslautsprecher immer 2 Sicken hatten und haben (die große Sicke außen an der Membrane und die kleine Zentriersicke an der Schwingpule), hat dieser Kalotten- lautsprecher jetzt nur noch eine gemeinsame Sicke !!
Das alles führte zu den Braun Kalottenlautsprechern.
Nach dem ersten Hochtöner mit verblüffend guten Eigenschaften, einer sanften und linearen Wiedergabe wurde sogleich an einem etwas größeren Mitteltöner gearbeitet. In der Braun L710 sind heute noch diese beiden Kalotten zu bewundern. Daß die auch bald bei Heco (dorthin war nämlich Wolfgang Seikritt abgewandert) und bei Isophon in Berlin auftauchten, ist verständlich, denn diese Idee war nicht patentfähig.
Man hatte bei den Höhen und Mitten erst einmal zwei neue Lautsprecherchassis, die die bisherigen Konuslautsprecher offensichtlich komplett ersetzen konnten. Doch bald kamen auch die Nachteile ans Tageslicht. Die Kalotte war ja dauerweich durch diese Art von Tränkung. Außen rings um die Kalotte mußte ja auch die Sicke vorhanden sein, die ja die Bewegung der Kalotte erst ermöglichte. Beim Mitteltöner war das doch schon der eine oder andere Millimeter an Hub, wenn es mal laut wurde.
Und jetzt stieß man an das Problem des Wirkungsgrades und der Membranauslenkung. Ein Langhub-Mitteltöner ging deutlich weiter runter bei den tiefen Frequenzen (im mittleren Bereich) und konnte schon mal etwas mehr Amplitude verarbeiten. Einige Hersteller verabschiedeten sich bei ihren Spitzenprodukten wieder vom Kalottenmitteltöner.
Wie kam die Kalotte nach USA ?
Auch die Amerikaner bei JBL, Altec und E-Voice klebten eine Art von recht flacher Alu-Kalotte über die Schwingspulen in die Bass-Chassis ihrer dicken Bühnenlautsprecher. Bei den Hochtönern blieben sie auch bei JBL über Jahre im Hochlastbereich bei den Hörnern und bei normalen Boxen bei den Pappmembranen - auch bei den sogenannten Studiomonitoren L100 / 4311.
Und das klang auch entsprechend mau. Mangels wirklich guter Programmquellen konnten wir das damals aber nicht beurteilen und verließen uns auf die Hifi-Zeitschriften.
Im Jahr 1982 kam dann JBL mit einer neuen Serie von wirklichen Hifi-Lautsprechern auf den Markt. Die hatten Metallkalotten in den Höhen und die waren bereits 1986 bei der Ti250 umwerfend gut. Bei den Mitteltönern und Mitteltieftönern blieb man bei den Konuslautsprechern. Diese Metallkalotte aus Titan war sehr sehr dünn und mit einem Gitter gegen etwaiges Eindrücken durch Dusseligkeit oder Neugierde geschützt.
Ob bereits andere US-Hersteller auch schon diese deutschen Braun- Lautsprecher wegen der Kalotten zerlegt hatten, ist bei uns nicht bekannt. Die Legende um den Taunus-Sound spricht ja von nahezu frequenzlinearen Boxen, die gar nicht klingen oder klängen. Speziell amerikanische Lautsprecher waren damals schon meilenweit am "Klang" zu erkennen, ebenso die Engländer und die Japaner.
Doch auch diese Kalotte hatte Nachteile
In der Technik gibt es einen Spruch, wonach auch wirklich Gutes immer wieder zu verbessern geht. Der kleine zentrische Wellen-Rand um die eigentliche Metallkalotte mit der Sicke ähnlich einer Zieharmonika oder einem Klavierband erzeugte störende Abstrahlungen unerwünschter Art. Dafür ließ sich Jemand sogar aus Deutschland eine starre Abdeckung bis dicht an die eigentliche Kalotte patentieren.
Die Japaner erforschten das Phänomen genauer und schlitzten die Kalotte auch noch auf und elemenierten so die unerwünschten Brechungen des Schalls an der Abdeckung über der Sicke.
Wieder andere Entwickler oder Tüftler ließen sich eine segmentierte Form der Metallkalotte patentieren, die wieder andere aufgetretene Schwächen oder Fehler beseitigte. In die halbrunde Form der Metallkalotte wurden Rillen und Flächen geprägt, die verschiedene Frequenzen verschieden verteilen sollten und in der Summe dann doch wieder linear sein sollten.
Wenn Sie nach "Kalottenlautsprecher" googeln . .
kommen Sie auf die Patente aller Art, auch wenn Sie die Beschreibungen nicht verstehen. Macht aber nichts, ich hatte auch nur Teile verstanden.
Wichtigste Quintessenz:
In den letzten 20 oder 30 Jahren nach den legendären BRAUN L710 von 1970 oder Heco P7302 von 1974 hat sich immens viel bei den Lautsprechern getan.
Es lohnt sich also als Hifi Freak schon, wieder mal Ausschau zu halten, was es im Ebay so alles gibt oder auch, was die Hifi-Studios heute so alles anbieten. Die Preise haben sich im Verhältnis zur Qualität deutlich zu Ihren Gunsten als Kunde entwickelt oder aber sie bekommen erheblich mehr fürs gleiche Geld als früher.
Ein Beispiel ist die uralte ARCUS TM 1000, einstmals (um 1980) wirklich teuer und überall hoch gelobt. Heute ist das Teil aus meiner Sicht (etwas übertrieben) eine Krücke. Die aktuellen Besitzer werden jetzt fast Tränen vor Zorn (über meine Beurteilung) in die Augen bekommen, doch ein realer Vergleich ernüchtert sofort. Diese Arcus TM 1000 war damals bereits dermaßen ineffizient, daß selbst dickste Verstärker bei Zimmerlautstärke ins Schwitzen kamen. Technologisch ist sie heute völlig out.
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