Ein Artikel aus 1979 - fonoreport
Diesen Artikel haben wir in einem Reinigungskit einer Spende gefunden und er erschien uns veröffentlichungswürdig zu sein. Dazu noch ein Anschreiben der technischen Prüfstelle des Bertelsmann Buchclubs, der damals sehr hohe Plattenverkäufe melden konnte.
Es waren zwar immer wieder diese verbilligten "billigen" Club- Editionen oder Sonderausgaben, aber die Stückzahlen waren erstaunlich hoch. Der danach folgende Artikel beschäftigt sich mit den angebotenen Reinigungsmethoden und Geräten.
Doch zuerst das Anschreiben vom 16.6.1979 :
Bertelsmann Club GmbH
Lesering • Schallplattenring • Europaring • Deutscher Bildungskreis
Bertelsmann Club GmbH • Postfach 55 55 • 4830 Gütersloh 1
Sehr geehrter Herr Z.....,
wie schon telefonisch mitgeteilt, ist das Plattenpflegesystem aller Herstellerfirmen immer fraglich. In der Anlage sende ich Ihnen eine Foto-kopie aus der Zeitschrift „fonoreport", in der so einige Schallplattenpflegemittel nochmals beschrieben werden.
Telefonisch gab ich Ihnen schon bekannt, daß wir in unserem Hause alle Schallplatten, die wir abspielen, vorher mit einem Samttuch, das ganz leicht mit Brennspiritus getränkt wird und dann leicht damit die Platten abwischen. Der Samt hat die Eigenschaft, auch in die engste Rille einzudringen und den Schmutz herauszuwischen. Der Spiritus hilft in einer Art und Weise, das auch das kleinste Staubteilchen herausgeschwämmt werden kann.
Ich hoffe, daß ich Ihnen mit diesen Auskünften helfen konnte und verbleibe,
Rudolf Fischer
Über die Schallplatten-Pflege
Da unsere Umwelt nicht staubfrei ist, läßt es sich nicht vermeiden, daß mit der Zeit die Schallplatte verunreinigt wird. Das Problem ist so alt wie die Platte selbst und ein Patentrezept hat noch niemand erfunden. Dafür hält aber ein ganzer Industriezweig eine Menge von Pflegemitteln wie Plattentücher, Antistatiktücher, Samtroller, Kohlefaserbürsten, Mitlaufbesen, Antistatiksprays und so weiter bereit, dem Staub zu Leibe zu rücken.
Mitunter werden wahre Wunderdinge versprochen, wobei ein fantasievoller Name oft als ausreichend für den Verkaufserfolg angesehen wird. Ob dem Käufer und seinen Schallplatten damit aber geholfen ist, bleibt mehr oder weniger dem Zufall überlassen.
Zwei Gruppen von Störfaktoren
Die Störfaktoren bei der Schallplattenabtastung lassen sich im wesentlichen in zwei Gruppen einteilen, das sind einmal
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- mechanische Einflüsse durch Staub, Kratzer, Rückstände falscher Schallplattenpflege
- sowie Entladungen elektrostatischer Felder auf der Plattenoberfläche.
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Diese meist negativen Aufladungen haben die unangenehme Erscheinung, daß sie Staubteilchen aus der Luft anziehen und festhalten. Bei sinnvoller Schallplattenpflege hat man es also selten nur mit einem dieser Faktoren zu tun, meist müssen beide gleichzeitig eliminiert werden.
Allgegenwärtiger Staub
Zuerst zu Staub und Co: sicherster Schutz ist peinliche Sauberkeit von Schallplatte, Plattenspieler und Tonabnehmer. Man sollte dem Staub ebensowenig Gelegenheit wie möglich geben, überhaupt auf die Plattenoberfläche zu gelangen. Dazu gehört, den Plattenteller von Zeit zu Zeit zu reinigen, den Staubdeckel beim Abspielen geschlossen zu halten und die Schallplatte danach sofort in die Schutzhülle zurückzulegen (wegen der Fingerabdrücke).
Rechts im Bild sieht man den Staub auf einer Computer-Festplatte, die, einmal geöffnet, nie mehr zum Laufen kommt.
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Der Kampf gegen Windmühlen
So wirkungsvoll die meisten Mittel sein mögen, einige verteilen den Staub nur besser auf der Platte, als daß sie ihn entfernen.
Die Ursache ist eigentlich ganz einfach. Durch das Abwischen entsteht Reibung, welche wiederum die Platte elektrostatisch auflädt. Die Staubpartikel haften sozusagen auf der Scheibe.
Lästige Aufladungen
Es gilt also zunächst, diese Aufladungen zu neutralisieren. Möglich ist dies durch Naßabspielen mit LencoClean oder ähnlichen Flüssigkeiten, deren Nachteil, es immer verwenden zu müssen, bekannt ist.
Von Versuchen, mit Hilfe von Antistatiksprays die Schallplatten länger zu entladen, kann nur abgeraten werden, Staub und Schmutz verbinden sich mit dieser Flüssigkeit zu einer festen Schmiere, die sich an den Rillenflanken festsetzt und kaum noch zu entfernen ist.
Auch die weitverbreiteten Reinigungstücher haben ähnliche Nachteile, sie drücken den Staub meist mehr in die Rillen, als sie ihn aufnehmen. Zudem sind sie nach kurzer Gebrauchsdauer selbst verunreinigt, was ihrer Bestimmung nicht gerade förderlich ist.
Wesentlich nützlicher sind Samtwischer, die mit etwas Antistatikflüssigkeit benetzt werden. Von ihnen sollte aber der angesammelt Staub nach jedem Gebrauch mit einer Bürste, nicht etwa mit den Fingern, entfernt werden. Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, immer nur saubere Reinigungsgeräte zu verwenden.
Sehr gute Reinigungsqualität leisten auch die Kohlefaserbürsten mit vielen Tausenden vor Härchen. Aber sie können keine elektrostatischen Aufladungen ableiten, wie in der Werbung manchmal behauptet wird.
Die Antistatikpistole
Eine andere Methode, die Aufladungen zu eliminieren, wird von Pflegemittelherstellen zunehmend propagiert, die „Antistatikpistole".
Ein Piezoelement, von einer Batterie gespeist oder mechanisch aktiviert, trennt mit einer Hochspannung von mehreren tausend Volt die umgebende Luft in ihre Moleküle, so daß eine Wolke positiv und negativ geladener Ionen zurückbleibt.
Diese neutralisieren die Ladungen auf der Schallplatte. An schließend kann der Staub mit Bürste, Wischer oder Roller von der Oberfläche entfernt werden. Es empfiehlt sich, danach nochmals zu neutralisieren, um Ladungen, die durch das Abwischen entstanden sind, wieder unschädlich zu machen.
Zweifellos ein etwas umständliches Verfahren, das bei je dem Abspielen wiederholt werden muß. Aber wer lange Zeit Spaß an seinen Platten genießen möchte, wird darauf nicht verzichten können.
Optimale Pflege
Für die ganz schwierigen Fälle, nämlich völlig verschmutzte Schallplatten, hilft nur noch die Plattenwäsche. Man kann dies mit einfachen Mitteln in einem Wännchen mit etwas flüssigem Spülmittel (kein Scheuermittel!) und einem weichen Schwamm machen und danach mit destilliertem, entmineralisiertem Wasser oder Alkohol nachspülen.
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Die Schallplattenwaschmaschine
Aber auch für diesen Fall bietet die Industrie Pflegesets an, bei denen vom Spezial-Shampoo bis zur Nachspülflüssigkeit alles enthalten ist. Eine technisch perfekte und sehr elegante Methode ist die Schallplattenwaschmaschine vom KMAL, die für die Diskothek zu Hause kaum erschwinglich sein dürfte. Aber in einigen wenigen Fachgeschäften wie dem Klangstudio Pohl können Kunden diese für wenig Geld in Anspruch nehmen, sozusagen als besonderen Service.
Disco-Film
Eine elegante Lösung ist der „Disco-Film", eine geleeartige Masse, die - nicht zu dünn - auf der Platte aufgetragen wird. Nach dem Trocknen (mindestens 6 Stunden) kann sie wie ein Stück Film abgezogen werden. Ganz unproblematisch ist diese Methode auch nicht, an Stellen, an denen die Masse zu dünn aufgetragen wurde, reißt der Film und es bleiben kleine Fasern auf der Oberfläche der Schallplatte haften. Mit einem Stückchen Tesafilm können sie nachträglich entfernt werden. In jedem Fall empfiehlt es sich, an einer unbrauchbaren Platte zu üben.
HiFi-Kosmetik
Daneben gibt es auf dem Markt eine Reihe von Konservierungsmitteln, wie zum Beispiel „Sound-Guard" oder „Disc Protec". Diese können natürlich nur auf völlig sauberen Schallplatten aufgetragen werden, da Staub und Dreck gleichermaßen „konserviert" würden. Sie versprechen eine deutlich längere Lebensdauer und bessere Klangqualität. Die Frage ist aber, ob diese bei normaler und schonender Nutzung nicht auch ohne diese teuren Mittelchen unsere Erwartungen befriedigen kann.
Pflege im Einzelnen
Die englische Firma Metrosound bietet auf dem HiFi-Markt ein umfassendes Angebot preisgünstiger Pflegemittel in verschiedenen Sets an. Dabei sind sinnvolle Kombinationen zur Montage und Kontrolle von Tonabnehmern, Wasserwaage, Tonarmwaage, Lupe.
Mitlaufbesen mit kleinem Gegengewicht, Samtwischer mit Antistatikflüssigkeit und Antistatikpistole können durchaus empfohlen werden. Etwas problematisch sind dagegen Feinölmittel zur Schmierung des Plattenspielers, Schallplattenspray und ein harter, unelastischer Schwamm, der mit einer antistatischen Flüssigkeit getränkt wird. Der mit der Bezeichnung Duostatik verkaufte kombinierte Roller soll mit einer samt- und einer leinenartigen Oberfläche Staub und statische Aufladungen entfernen. Allerdings konnte letzteres bei keinem unserer zahlreichen Versuche nachgewiesen werden.
Manche Konstruktionen sind in ihrer Idee zweifellos gut durchdacht, aber die Qualität der Ausführung entspricht eben nur einfachen Ansprüchen. Der Käufer sollte von diesen Produkten keine allzu große Lebensdauer erwarten, auch die tatsächliche Reinigungsqualität läßt mitunter zu wünschen übrig.
VMP Zeepa
In ihrer Qualität außer Frage stehen die Erzeugnisse von VMP Zeepa. Die Kohlefaserbürsten haben eine sehr sinnreiche Hilfe, um den angesammelten Staub abzustreifen. Bei der „Record Dust Bridge" ist dies ein langer, dünner Stab, beim „Dust-up" kann die Bürste um die eigene Achse geschwenkt werden, wobei die Fasern über ein hochstehendes Blech gestreift werden. Antistatikpistole und „Record Dust Lifter" ergänzen die Schallplattenpflege, was von der Antistatikmatte und vor allem vom Schallplattentuch nur sehr eingeschränkt bestätigt werden kann.
Bib
Aus England kommen die Erzeugnisse von Bib, in einer breit gestreuten Palette. Auffällig ist die Imitation von Glanz und Glimmer in der Präsentation der Pflegesets. Aber die für eine erfolgversprechende Verwendung maßgeblichen Kriterien werden dabei nicht immer beachtet, wie zum Beispiel fehlender Staubschutz bei den Samtwischern. Ansonsten genügen die Hilfsmittel ihrer Bestimmung recht gut. Von der Tonarmwaage kann man natürlich keine superpräzisen Werte erwarten, aber bei Tonarmen ohne jede Skala ist sie sicher von Nutzen.
Groovstat
Sehr zu empfehlen ist der batteriebetriebene „Groovstat", eine Antistatikpistole. Per Knopfdruck lassen sich die Aufladungen sehr gut eliminieren, der Erfolg kann mit einem kleinen Elektrometer, das mitgeliefert wird, begutachtet werden.
Disco-Clean
Pfeiffer Phonozubehör vertreibt einige Pflegemittel, unter anderem auch Tücher, von denen aus oben genannten Gründen abgeraten wird. Sehr empfehlenswert ist für Freunde des Naßabspielens ein „Disco-Clean", bei dem sogar die Flußmenge der Flüssigkeit geregelt werden kann. Das mitgelieferte Super Clean ist eine sehr reine, rasch verdunstende Mischung.
Multistat 2000
Sonetic vertreibt mit dem „Multistat 2000" und dem „Cleanetic" zwei Entladungsstäbe. Während der Multistab nur Ladungen neutralisiert, ist das Piezoelement des Cleanetic in eine Samtbürste integriert. Allerdings empfiehlt es sich, beide Vorgänge nacheinander vorzunehmen und nicht gleichzeitig wie in der Bedienungsanleitung beschrieben.
Polydor
Ein komplettes abgerundetes Programm offeriert Polydor. Besonders günstig und nützlich sind die Pflegesets mit vielen wichtigen Accessoires wie Tonarmwaage, Wasserwaage, Samtwischer in allen erdenklichen Ausführungen, verschiedenen Flüssigkeiten für Bürste, Nadel und Schallplattenbad. Sehr durchdacht sind die Wischer konstruiert, als Einfach- oder Doppelwischer können sie trocken und feucht, also mit antistatischer Flüssigkeit, verwendet werden.
In den Wischer ist dabei eine Bürste eingebaut, mit der die Abtastnadel und der Wischerbezug gereinigt werden können. Auch Polydor ergänzt sein Angebot mit einem „Piezo-Stab 2000", der die elektrostatischen Aufladungen neutralisiert und die Staubbeseitigung erleichtert. Das gesamte Programm wird in schwarzen Kunststoffbehältern verkauft, die neben dem dezenten Aussehen vor allem staubfreie Aufbewahrung ermöglichen.
Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Diese Beurteilungen sind bis ins Jahr 2011 nach wie vor gültig, obwohl wieder massenweise Scharlatane im ebay ihr Unwesen treiben.