Ein Artikel aus der elrad 1987, Heft 7/8 - Teil 2 von 2
Dieser 2. Artikel aus 1987 ist zufällig aus einem ganzen großen Haufen von gespendeten Elektronik- Zeitschriften "aufgetaucht" und hat durch seine Qualität die volle Aufmerksamkeit der Redaktion auf sich gezogen.
Der Autor Gerhard Haas beschreibt hier sehr anschaulich und fundiert, was auch bereits in den McIntosh Unterlagen des legendären McIntosh Röhren- Endverstärkers MC275 von 1963 (aber auf englisch) steht und natürlich auch in den Artikeln von anderen Elektronik Magazinen.
- Zum Teil 1 können Sie hier nochmal zurück schalten.
Ausgangsübertrager sind also mitnichten einfach nur simple Trafos. Vielfach hört und liest man (vor allem in diversen Foren) die Meinung, Auffassung oder Einstellung alter Röhrenfreaks: Es reiche völlig eine Primärwicklung und eine Sekundärwicklung und das "Ding", also der Verstärker (bzw. der Röhrenverstärker) funktioniert (der Freak in solchen Foren spricht dann von "es funzt").
Dieser Artikel (aus der ELRAD) reflektiert (auch) auf die absolut blöden Sprüche der ebay "Spezialisten", die vollmundig ihre uralten Röhren-Gurken als die einzig wahren High-End- Endstufen dem (anscheinend "blöden" oder "verblödeten") ebay Interessentenkreis andienen.
Fakt ist aber doch: Insbesondere die Röhrenverstärker der preiswerten Hifi-Consumerklasse von 1962/1963 (Grundig, Braun usw.) hatten eben nur recht primitive Ausgangs-Übertrager und lieferten Klirrfaktoren von deutlich mehr als 2%.
In der Hifi-Stereophonie von 1982 wurde im Rahmen der 20 Jahr-Feier ein Test mit einem alten Telewatt VS71 und einem alten Braun CSV 60 durchgeführt. Das Ergebnis ist absolut niederschmetternd. Kommt in Kürze. Wir haben von Karl Breh (der ehemalige Chefredaktuer) die Erlaubnis, diese Tests sowie alle in der Hifi-Stereophonie jemals gedruckten Artikel bei uns auf den Museen-Seiten darzustellen.
Das Wissen um diese diffizile Übertrager-Technik war bei wenigen Spezialisten sicher vorhanden, nur um 1963 (noch) nicht allgemein verfügbar. Die Neumann und Schoeps Kondensator- Mikrofone waren ebenso berühmt wie die Telefunken Studioverstärker, die alle bereits solche kleinen speziellen NF-Übertrager enthielten und damit absolut edle Qualität "übertrugen". Von den Leistungsübertragern stach aber anfänglich nur McIntosch aus den USA heraus. Die anderen bekannten Namen von den damaligen Amerikanern wie The Fisher, H.H.Scott und Harman Kardon kochten auch nur "mit Wasser".
Richtig gute Röhrenendstufen (bei uns war das Klein + Hummel) kosteten ein Vielfaches der Consumergeräte von BRAUN und Grundig und vielen anderen. Etwas mehr darüber steht hier.
Wenn Ihnen noch andere themenspezifische Artikel über den Weg laufen, die noch irgendwo schlummern - also wenn Sie da helfen könnten ...... sind wir sehr dankbar.
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Der Übertrager - das unbekannte Wesen - 1987 Teil 2
von Gerhard Haas
Beim Zusammenschalten von mehreren Audiogeräten kommt es oft vor, daß es in den Lautsprechern brummt, oder, was noch schlimmer ist, man macht unter viel Mühen eine hochwertige Tonbandaufnahme und stellt beim Abhören fest, daß sie verbrummt ist.
Schuld daran ist meistens eine unerwünschte Masseschleife, die dann zustande kommt, wenn zwei oder mehr Geräte über NF-Leitungen gekoppelt werden. Die Geräte sind massemäßig über die Abschirmungen der NF-Leitungen verbunden, zusätzlich aber auch noch über den Schutzleiter.
Jetzt steht man vor einem Problem: Den Schutzleiter darf man aus sicherheitstechnischen Gründen nicht einfach abklemmen, die Abschirmung der NF-Leitungen muß aber an Masse liegen.
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Die galvanische Trennung
Wie schon am Anfang der Übertragertheorie erwähnt, bietet ein Übertrager den Vorteil der galvanischen Trennung. Wenn Audiogeräte gekoppelt werden, kann man sie durch den Einsatz von Übertragern galvanisch getrennt halten, und trotz angeschlossenen Schutzleiters kommt keine Brummschleife zustande. Ein weiterer Vorteil ergibt sich fast von selbst: Die NF-Leitungen lassen sich erdfrei symmetrisch führen. Das trägt viel zur Störunempfindlichkeit bei.
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- Anmerkung: Ende der 1980 Jahre kamen bereits die ersten analogen Optokoppler- ICs heraus, die eine solche galvanische Trennung von Audio-Signalen auf Studio-Niveau ermöglichten.
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Die Unsymmetriedämpfung
Störsignale wirken auf beide Adern gleich ein und werden durch den Übertrager unterdrückt. Das Nutzsignal ist auf den Adern im Gegentakt vorhanden und kann durch den Übertrager transformiert werden. Das IRT-Pflichtenheft macht diese Tugend zur Bedingung, indem es eine Unsymmetriedämpfung von > 60dB bei 15kHz für Studiogeräte vorschreibt. (Das IRT-Pflichtenheft legt die technischen Rahmenbedingungen von Studiogeräten für die deutschen Rundfunkanstalten fest.)
Der Wert der Unsymmetriedämpfung von >60dB wird absichtlich bei 15kHz festgelegt, da bei tieferen Frequenzen die Dämpfung automatisch größer wird. Der Grund dafür ist in den Übertragerkapazitäten zu suchen. Übertrager, die unter anderem auch diese Forderung erfüllen, sind relativ teuer, da die Wickeltechnik sehr aufwendig wird. Preiswerte Übertrager haben bei 30Hz eine Unsymmetriedämpfung von gut 80dB, die bei 15kHz auf rund 20dB absinkt. Für viele Anwendungen ist dies völlig ausreichend, vor allem, weil ja meist die galvanische Trennung der Hauptgrund für den Übertragereinsatz ist. Bei sehr hohen Anforderungen, großen Leitungslängen und unter schwierigen Bedingungen muß der hohe Preis für Übertrager mit hoher Unsymmetriedämpfung investiert werden.
Ein typischer Anwendungsfall
Der erste typische Anwendungsfall für Übertrager ist der Einsatz in einem Mikrofonverstärker. Hier kann mit dem richtig gewählten Übertrager, also mit dem richtigen Übersetzungsverhältnis sehr viel gewonnen werden.
Bild 1 zeigt die Grundschaltung mit allen wichtigen Komponenten, wobei die Primärseite des Übertragers mit "1" bezeichnet ist, die Sekundärseite mit "ü". Für "ü" setzen wir je nach Bedarf eine passende Zahl ein. Ug und Rg stellen ein dynamisches Mikrofon dar, welches einen Generatorwiderstand von 200 Ohm hat.
Dynamische Mikrofone müssen üblicherweise einen Abschlußwiderstand von >1kOhm haben. Nun gibt es verschiedene Kombinationsmöglichkeiten von Übertrager-Übersetzungsverhältnis und OP (Operationsverstärker = OpAmp).
Wer nach altväterlicher Sitte für einen Mikrofonübertrager ein Übersetzungsverhältnis von 1:10 bis 1:20 wählt, hat den Anschluß an die Halbleitertechnik verpaßt. Was sich hier abspielt und wie richtig angepaßt wird, soll an einigen Beispielen gezeigt werden.
Beispiel 1 - Übersetzungsverhältnis 1:15
Gehen wir von einem typischen Eingangsübertrager mit einem Übersetzungsverhältnis von 1:15 aus, wie er noch oft angeboten und eingesetzt wird. Damit das dynamische Mikrofon die richtige Abschlußimpedanz 'sieht', muß an der Primärseite des Übertragers Z(prim) = 1 kOhm meßbar sein. Wie wir aus der Theorie wissen, werden die Widerstandverhältnisse quadratisch übersetzt. Die Bauteile Cl, C2, und Rl wollen wir vorläufig ausklammern, da sie hier noch keine Rolle spielen, nur R2 interessiert als sekundärer Abschluß widerstand. Wenn wir davon ausgehen, daß der OpAmp (Operationsverstärker) einen unendlichen Eingangswiderstand hat, so muß
R2 - Ü2 x Z(prim) = 152 x 1 kQ = 225 kQ sein.
Der Verstärker sieht die Generatorimpedanz ZG = Ü2 x RG = 152 x 200 Ohm = 45 kOhm. Typische, rauscharme, bipolare OPs (Operationsverstärker) wie NE 5534, NE 5532 und ähnliche können hier nicht mehr verwendet werden, da sie einerseits Eingangswiderstände von 30 kOhm bis 300 kOhm aufweisen, andererseits ihr Rauschminimum bei nur wenigen Kiloohm Quellimpedanz haben.
Als Vorteil der hohen Übersetzung ist der Spannungsgewinn anzusehen, 15-fache Anhebung bedeutet rund 34 dB Verstärkung, die der nachfolgende OpAmp nicht mehr machen muß. Dies kann durchaus vorteilhaft sein, denn wenn die Mikrofonspannung schon rauscharm mit höherem Pegel am Verstärkereingang anliegt, wird der unvermeidliche Rauschanteil nicht mehr so hoch mitverstärkt.
Abhängigkeit von der Quellimpedanz.
Doch die Nachteile der hohen Übersetzung überwiegen. Je höher die Übersetzung, desto kritischer ist der Übertrager in bezug auf die Wickel- und Schaltkapazitäten. In Kombination mit der unvermeidlichen Streuinduktivität gibt es meistens eine sehr hohe Resonanzspitze (siehe auch Bild 7 im letzten Elrad Heft), die leicht 20dB Überhöhung von U2 zur Folge haben kann. Mit Rl und Cl kann die Resonanzspitze gemildert werden, die Dimensionierung ist jedoch schwer zu berechnen. Viele Versuche sind nötig, um auf die optimalen Werte zu kommen, denn das RC-Glied darf sich nicht negativ auf den Übertragungsbereich auswirken.
OpAmps mit FET-Eingang (wir sind noch in 1987 !)
Wie wir bereits oben gesehen haben, muß der Übertrager sekundärseitig sehr hochohmig abgeschlossen werden. Dies bedingt, daß ein OpAmp (also ein Operationsverstärker) mit FET-Eingang verwendet werden muß.
Selbst die rauschärmsten FET-OpAmps rauschen drei- bis viermal mehr als vergleichbare bipolare Typen. Das bedeutet prinzipbedingt einen um 10 bis 12dB schlechteren Rauschwert.
Mit einem gut angepaßten und auf optimalen Rauschwert selektierten NE 5534 läßt sich ein auf den Eingang bezogener Rauschwert von -122 dBm (unbewertet, Filter 20Hz...20kHz) erreichen.
Mit dem Übertrager 1:15 zusammen mit einem im Rauschen schlechteren FET-OpAmp sind nur -110 bis -112dBm erreichbar. Wenn nachfolgende Verstärker noch einiges zum Rauschen beitragen und der Eingang nicht optimal beschaltet bzw. angepaßt ist, kann sich der Rauschwert noch weiter auf nur -100dBm verschlechtern.
Was bedeutet ein Rauschunterschied von 12dB
Diese nüchternen Zahlen haben für den auf diesem Gebiet weniger Bewanderten noch keine allzu große Aussagekraft. Deshalb hängen wir noch eine kurze Rechnung an, um zu verdeutlichen, was 12dB Rauschunterschied bedeuten.
Dazu müssen wir zunächst die Verstärkung der Gesamtkette festlegen, wozu wir der Einfachheit halber gerade Werte voraussetzen. Der Mikrofonverstärker muß um 60dB verstärken, damit das schwache Mikrofonsignal auf den Normpegel von OdBm gebracht wird.
Die nachfolgende Endstufe soll für 100W an 4Ohm ausgelegt sein, was nochmals rund 30dB Spannungsverstärkung bedeutet; die Kette hat also 90dB Gesamtverstärkung.
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Der Unterschied errechnet in mV und mWatt
Der eine Vorverstärker habe einen auf den Eingang bezogenen Rauschwert von -122dBm = 0,62mV, bei dem anderen seien es -100dBm = 2,45mV. Bei Vu = 90dB = 31674-fach ergeben sich einmal 19,6mV Rauschspannung am Lautsprecher, das andere Mal sind es 77,4mV; 12dB Rauschspannungsunterschied auf den Eingang bezogen ergeben auch am Ausgang 12dB Unterschied, also 1:4.
Dies mag nicht sehr viel sein, auch die 77,6mV erscheinen rein optisch als sehr wenig. Wenn man jedoch umrechnet, wieviel Rauschleistung am 4Ohm-Lautsprecher anstehen, sieht die Sache ganz anders aus, denn Leistungsangaben kommen in der Aussagekraft dem näher, was das Ohr empfindet. 19,6 mV ergeben 0,01 mW Rauschleistung, 77,6 mV produzieren immerhin 1,5 mW, jetzt ist der Unterschied 1:150! (Wem diese dB-Rechnungen nicht ganz geheuer sind und wer mit dBm, Rauschwerten und ähnlichem nicht allzuviel anfangen kann, kann im Artikel 'Zahlenspiele' im elrad-Sonderheft REMIX Studio 1 darüber Genaueres lesen.)
Beispiel 2 - Übersetzungsverhältnis 1:3
Nachdem wir gesehen haben, daß ein hohes Übersetzungsverhältnis beim Mikrofonübertrager problematisch ist, vor allem, was das Rauschen anbelangt, untersuchen wir das Ganze unter Verwendung eines Übertragers mit dem Übersetzungsverhältnis 1:3. Die Mikrofonspannung wird hier um 9,5dB hochtransformiert, so daß der nachfolgende Verstärker weitaus mehr Pegelanhebung machen muß.
Der Gewinn liegt aber im wesentlich geringeren Rauschen und weitaus unproblematischeren Verhalten des Übertragers. Bei kleinerem Übersetzungsverhältnis sind Streuinduktivität und Wicklungskapazität sowie die Schaltkapazitäten wesentlich leichter in den Griff zu bekommen.
Damit das dynamische Mikrofon wieder mit 1kQ abgeschlossen ist, muß wieder der Minimalwert für R2 ermittelt werden: R2 = Ü2 x Z(prim) = 32x 1kQ - 9kQ. R2 sollte aber nicht unbedingt so niederohmig eingesetzt werden. Wenn an den Übertrager etwas hochohmigere Signalquellen angeschlossen werden, wäre eine pegelmäßige Fehlanpassung die Folge.
Der Mikrofon- Eingangsübertrager mit 1:15 ist überholt!
Der Verstärker 'sieht' die Quellimpedanz Zg = Ü2 x Rg = 32 x 200Ohm = 1,8 kOhm. Nun betrachten wir die Abhängigkeit der Rauschspannung bezogen auf die Quellimpedanz Zg, die in Bild 2 für den NE 5534 dargestellt ist. Die eben errechneten 1,8 kOhm Quellimpedanz liegen gerade noch in dem Bereich, in dem sich die Rauschspannungskurve nicht wesentlich hebt. Unter 1 kOhm Quellimpedanz zu gehen, macht beim NE 5534 keinen Sinn, da sich dann im Rauschen nichts mehr ändert.
Das heißt mit anderen Worten, beim Anschluß eines dynamischen Mikrofons sollte ein Übertrager mit dem Übersetzungsverhältnis von mindestens 1:2 eingesetzt werden, denn es wäre schade, hier 6dB Verstärkung oder mehr zu verschenken.
Vernünftige oder richtige Anpassung
Um es am Beispiel des NE 5534 nochmals zusammenzufassen: Für optimale Rauschwerte und richtige Anpassung, d.h. die rauschmäßig und impedanzmäßig richtige Anpassung sind Übertrager mit Übersetzungsverhältnissen zwischen 1:1 und 1:4 richtig. Beim Übersetzungsverhältnis 1:4 kann primärseitig mit Quellimpedanzen bis zu etwa 2kOhm gearbeitet werden (dann 'sieht' der OpAmp 8kOhm), ohne daß sich das Rauschen des NE 5534 zu sehr verschlechtert (siehe Bild 2).
Erklärungen zu den Bildern:
In Bild 1 ist noch der Kondensator C2 enthalten, den wir bisher vernachlässigt haben. Er muß so groß dimensioniert werden, daß er die tiefste zu übertragende Frequenz nicht bedämpft. Man sollte auf ihn keinesfalls verzichten. Auch die besten OpAmps haben selbst bei Abgleich geringe Eingangsoffsetspannungen, die bei unterschiedlichen Betriebsbedingungen schwanken können. Selbst wenige Millivolt können den Übertragerkern gleichstrommäßig magnetisieren, und das hätte einen mehr oder weniger großen Klirrfaktor zur Folge.
Vor allem wird dies kritisch, wenn wegen der manchmal bis zum Exzeß fortschreitenden Miniaturisierung immer kleinere Übertrager zum Einsatz kommen. Diese kleinen Kerne sind schon mit einigen hundert Millivolt in die Sättigung zu bringen. C2 muß deshalb jegliche Gleichspannung vom Übertrager fernhalten.
Die Abschirmung
Bleibt noch zu erwähnen, daß Mikrofonübertrager unbedingt magnetisch wie elektrisch gut abgeschirmt und möglichst weit weg von Netztrafos und ähnlichem montiert sein müssen. Wie wir eben schon festgestellt haben, hat eine Gesamtkette gut 90dB Verstärkung. Eine Brummeinstreuung von nur 1uV verursacht am Lautsprecher immerhin eine Brummspannung von 31,6mV, die nicht überhörbar ist!
Eine Mu-Metall-Abschirmung ist also ein Muß, in der Regel werden sogar zwei Abschirmbecher ineinander verschachtelt verwendet. Mu-Metall ist bekanntlich teuer; zusätzlich wird hochwertiges Kernmaterial zusammen mit aufwendiger Wickeltechnik eingesetzt, vor allem, wenn hohe Unsymmetriedämpfungen verlangt werden, und so ist es nicht verwunderlich, wenn derartige Übertrager preislich schnell bei DM 100.- anlangen.
Der Line-Übertrager oder auch Ausgangsübertrager
Ein zweiter typischer Anwendungsfall für Übertrager ist der sogenannte Line-Übertrager oder auch Ausgangsübertrager. Er sitzt an Geräteausgängen und sorgt für ein symmetrisch erdfreies Signal. In Bild 3 ist der typische Anwendungsfall dargestellt. Hier werden aufgrund der bereits vorhandenen Pegel meist kleine Übersetzungsverhältnisse wie 1:1, 1:1,5 und 1:2 verwendet.
Aufgrund der niedrigen Übersetzungsverhältnisse, der hohen Pegel und der niederohmigen Einspeisung (< 1Ohm) ist dieser Übertrager weniger kritisch in der Anwendung. Aus den eben genannten Gründen ist eine so extreme Abschirmung wie beim Mikrofon-Eingangsübertrager nicht unbedingt notwendig. Besonders zu beachten ist der nicht festliegende (bzw. vorher festzulegende) Lastwiderstand R1. Je nach angeschlossenem Gerät kann er zwischen einigen hundert Ohm und einigen hundert Kiloohm schwanken. Wie wir bereits aus der Theorie wissen, gibt es eine unangenehme Resonanzspitze, die von der Streuinduktivität und den gesamten Schaltkapazitäten sowie der Wickelkapazität abhängt.
Er muß bedämpft werden
Bedämpft wird diese Spitze im wesentlichen nur durch die Übertragerverluste, vor allem, wenn sehr nieder-ohmig eingespeist wird. Eine weitere Bedämpfung erfolgt durch Rl. Ist Rl jedoch sehr hochohmig, ist eine Bedämpfung nicht möglich. Jetzt wäre nur noch eine hochohmigere Einspeisung möglich, doch dann würde man den Vorteil der sehr niederohmigen und damit störunempfindlichen Leitungsführung verschenken.
Ein guter Line-Übertrager sollte deshalb niederohmig zu betreiben sein, selbst möglichst niederohmig sein, die Resonanzspitze möglichst niedrig und unabhängig vom Lastwiderstand sein und keine großen Pegeländerungen zwischen Leerlauf (= hochohmiger Lastwiderstand) und Vollast (= möglichst niedriger Lastwiderstand) aufweisen.
Werte eines 1:1-Line-Übertragers
Als Richtwerte, die ein guter 1:1-Line-Übertrager schaffen kann, hier einige Werte: Pegelschwankung zwischen Leerlauf und Vollast < 0,5dB, Resonanzspitze < 2dB, Pegeldifferenz zwischen Eingang und Ausgang bei Nennlast von 600 Ohm und 0dB, alle Werte bei niederohmiger Einspeisung von < 1Ohm.
In Bild 3 ist noch der Kondensator Cl vorgesehen. Wird der OpAmp mit unsymmetrischer Betriebsspannung gespeist, muß Cl auf jeden Fall vorhanden sein, um die Gleichspannung abzublocken. Bei symmetrischer Speisung kann auf ihn verzichtet werden, da Line-Übertrager meist etwas größere Kerne haben und mit Nennpegeln zwischen 0dBm und 6dBm betrieben werden. Außerdem wird der OpAmp mit geringer Verstärkung betrieben, so daß sich die Eingangsoffsetspannung nicht sehr weit mit hochverstärkt.
Einige Millivolt Offsetspannung sind deshalb meist zu vernachlässigen, da der Übertrager außerdem durch die niederohmig eingespeiste Wechselspannung wieder entmagnetisiert wird. Wenn bei unsymmetrischer Betriebsspannung Cl eingesetzt werden muß, muß auf jeden Fall untersucht werden, was die ganze Anordnung bei sehr tiefen Frequenzen macht.
Jetzt wird es kompliziert - Erklärung von Bild 3
Die Primärinduktivität des Übertragers bildet zusammen mit C1 einen Serienschwingkreis, dessen Impedanz im Resonanzfall gegen Null geht. Der Strom wird nun durch den Kupferwiderstand der Primärwicklung begrenzt. Alle modernen OpAmps sind zwar kurzschlußfest, da aber insgesamt eine komplexe Last getrieben wird, kann es trotzdem zu Ausfällen kommen. Der Gegenkopplungskreis trägt durch die auftretenden Phasenverschiebungen mit dazu bei.
Ein Serienwiderstand zu C1 würde die Gefahr zwar mildern oder beseitigen, aber damit ginge wieder der Vorteil der niederohmigen Einspeisung verloren. Sorgfältiges Dimensionieren aller in Bild 3 eingezeichneten Bauteile ist deshalb unabdinglich. Was über den Line-Übertrager gesagt wurde, gilt nicht nur für Mischpultausgänge und ähnliches, sondern auch für die in Studios und Musikerkreisen oft verwendeten DI-Boxen (Direct-Injection) zum erdfreien Ankoppeln der Musikinstrumente an Mischpult und Verstärker.
Beispiel 3 - der 100V Übertrager
Den dritten Anwendungsfall des NF-Übertragers findet man in der ELA- und Beschallungstechnik, in der sogenannten 100V-Technik. Abgesehen davon, daß das Signal erdfrei symmetrisch zur Verfügung steht, kann man außerdem über lange Strecken mit geringeren Kabelquerschnitten und weniger Verlusten fahren, als dies bei 4Ohm oder 8Ohm möglich wäre.
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Um dies zu verdeutlichen, müssen wir wieder etwas rechnen. Ausgehend von einem 100W Verstärker wollen wir untersuchen, was am Ende einer 100m langen Lautsprecherleitung leistungsmäßig ankommt, wenn einmal mit 4Ohm gefahren wird, das andere Mal in 100V Technik. 100 m Leitungslänge kommen in Hallen nämlich sehr leicht zusammen, so daß dies ein praxisnahes Beispiel ist.
In Bild 4 ist die Prinzipschaltung des Verstärkers mit den für die Betrachtung wichtigen Komponenten dargestellt.
- Uj ist die vom Verstärker abgegebene Spannung,
- U2 ist die am Lastwiderstand RL (Lautsprecher) ankommende Spannung,
- Rt ist der Leitungswiderstand und
- Ij der Signalstrom.
Zunächst müssen wir feststellen, wieviel Spannung und Strom eine 100W Endstufe bei Vollaussteuerung an 4Ohm liefert.
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Nun müssen wir den Widerstand einer typischen Zwillingslitze mit 2x 0,75mm2 und 100m Einfachlänge, also 200m hin und zurück, bestimmen:
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- Rl = Leitungswiderstand in Ohm
- A = Leitungsquerschnitt in mm2
- L = Leitungslänge
- q = spezifischer Widerstand von Kupfer
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Die Lautsprecherleitung mit ihrem Widerstand von 4,76 Ohm bildet zusammen mit dem Lautsprecher einen Spannungsteiler. Jetzt müssen wir berechnen, wieviel Spannung am Lautsprecher noch ankommt.
Auf der Leitung gehen demnach 10,87V verloren. Nun folgt die Berechnung der Leistung, die noch am Lautsprecher ankommt:
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Zusammen sind das nur 45,6W, und wo bleibt der Rest? Die Erklärung ist ganz einfach. Die Endstufe ist auf eine maximale Spannungsabgabe von 20V an 4Ohm ausgelegt, so daß bei einem effektiven Lastwiderstand von 8,76 Ohm nur ein Strom von 2,28A fließen kann. Die gesamte Leistung, die dann von der Endstufe abgegeben werden kann, errechnet sich aus
Man sieht, die Rechnung geht auf. Statt der 5A kommen aufgrund des höheren Lastwiderstandes nur bescheidene 2,28A aus der Endstufe, die Leistung am Lautsprecher ist nur noch ein Fünftel.
In der Praxis wird es nicht ganz so schlimm aussehen, da bei höherem Lastwiderstand die Spannungsabgabe der Endstufe etwas steigt und somit der Strom. Aber 5W bis 10W mehr Leistung am Lautsprecher verbessern das Gesamtergebnis auch noch nicht wesentlich.
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Abhilfe schaffen :
Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten der Abhilfe. Die einfachste ist wohl die Vergrößerung des Kabelquerschnitts. Diesen können wir leicht berechnen, indem wir die bereits benutzte Formel zur Berechnung des Kabelwiderstands umstellen und als maximal zulässigen Kabelwiderstand ein Zehntel des Lautsprecherwiderstandes vorsehen. Gegenüber den 4 Ohm des Lautsprechers sind die 0,4 Ohm des Kabels praktisch zu vernachlässigen, so daß die meiste Leistung am Lautsprecher auch ankommt.
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9 mm² ist ein recht kräftiger Querschnitt für ein Lautsprecherkabel und zusätzlich ist eine kostspielige Investition, denn immerhin werden hier rund 16kg Kupfer verarbeitet und dabei ist immer noch mit erheblichen Verlusten zu rechnen.
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Der Übertrager die bessere Lösung
Die andere Möglichkeit ist, mit Übertragern zu arbeiten, den sogenannten 100V Übertragern. Wir rechnen wieder mit den Werten der 100W Endstufe und dem 4 Ohm Lautsprecher und stellen zum Schluß einen Vergleich an.
In Bild 5 ist im Prinzip wieder die Schaltung aus Bild 4 dargestellt, jedoch unter Einfügung von U(1), dem 100-V-Übertrager, der die niedrige Endstufenausgangsspannung auf 100V (hoch) transformiert, und U(2), dem 100V Übertrager (am oder im Lautsprecher), der die 100V Spannung wieder auf den für den Lautsprecher notwendigen Wert heruntertransformiert.
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In Bild 6 sind die Zahlenwerte für unseren Modellverstärker gleich eingetragen, den Rechengang können wir uns ersparen, da er prinzipiell gleich ist wie beim Verstärker ohne Übertrager. Es herrschen dieselben Verhältnisse wie vorher, nur daß jetzt über die gleiche Leitung mit 0,75mm2 Querschnitt statt der 20V nun 100V bei entsprechend kleinerem Strom fließen. Jetzt kommen fast 100W am Lautsprecher an, den Verlust von knapp neun Watt kann man angesichts dieser guten Bilanz leicht verschmerzen.
Selbst wenn man das Kupfer für beide Übertrager mit berücksichtigt, so sind das, zwei randvoll bewickelte MD85 Kerne vorausgesetzt, zusammen mit dem Kabel nur rund 2kg Kupfer. Die E-Werke benutzen im übrigen ähnliche Techniken (Hochspannungs-Überlandleitungen), um mit hoher Spannung große Leistungen bei kleinen Strömen und geringen Verlusten zu übertragen.
Erheblich flexiblere Verkabelung
Die 100V- Technik bietet nicht nur die Vorteile erheblicher Kupfereinsparung und Reduzierung der Übertragungsverluste unter 10%, man kann außerdem ein Lautsprechernetz sehr flexibel gestalten. Um bei unserem Beispiel zu bleiben, oft werden nicht die vollen 100W an einer Stelle gebraucht, sondern vielmals 5 bis 10W an verschiedenen Stellen. Man kann sich leicht vorstellen, daß z.B. 25 Stück 4W- Lautsprecher an verschiedenen Stellen verteilt sicher besser sind, um Durchsagen und Musikberieselung in Hotels, großen Hallen, Flughäfen u.a. zu machen, als eine überlaute, große 100W Box in einem Eck.
Nun könnte man die 25 Lautsprecher auch so parallel und in Serie schalten, daß die Verluste niedrig bleiben und am Ende doch die richtige Impedanz zustande kommt. Dieses Verfahren hat jedoch drei gravierende Nachteile. Erstens müßten mehrere Leitungen gelegt werden, und zweitens würden bei Ausfall eines Lautsprechers einer Serienschaltung zwangsläufig die anderen auch mit ausfallen. Der dritte Nachteil ist, daß, wenn ein Lautsprecher einer Serienschaltung durch Kurzschluß ausfällt, die anderen zwar weiter funktionieren, jedoch aufgrund der niedrigeren Gesamtimpedanz höher belastet und dann zwangsläufig irgendwann auch zerstört werden. Die 100-V-Leitung im Saal ist die Hochspannungs-Überlandleitung der Audio-Branche.
Flexible Verteilung der Leistung eines Verstärkers
In Bild 7 sind wieder an unserem bereits berechneten Modell die Verhältnisse dargestellt, wie es aussieht, wenn der Übertrager am Lautsprecher ein anderes Übersetzungsverhältnis hat.
Den Leitungswiderstand haben wir diesmal der Einfachheit halber vernachlässigt. Bei dem in diesem Beispiel gewählten Übersetzungsverhältnis von 25:1 bekommt der 4W- Lautsprecher bei Vollaussteuerung nur 4V und wird nie überlastet. Man kann der 100V- Ringleitung weitere Lautsprecher-Übertrager- Kombinationen parallelschalten, bis die vollen 100W erreicht werden. Wenn nun ein einzelner Lautsprecher wegen Unterbrechung der Schwingspule ausfällt, ändert das für die anderen praktisch nichts. Sie bleiben voll betriebsbereit.
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Fällt ein Lautsprecher wegen Kurzschlusses aus, passiert auch nicht viel, da jeder Übertrager prinzipbedingt Eigenverluste hat. Der Kupferwiderstand der Wicklungen sowie der dann in die Sättigung getriebene Kern begrenzen auf natürliche Weise den Maximalstrom. Zwischen Übertrager und Lautsprecher kann bei Bedarf noch ein Drahtpoti geschaltet werden, dann kann jeder Lautsprecher individuell in der Lautstärke geregelt werden.
Es ist auch der Fall vorstellbar, daß an einem Lautsprecherort mehr Leistung benötigt wird. Durch ein kleineres Übersetzungsverhältnis wird die Sekundärspannung des Übertragers erhöht, und folglich steht mehr Leistung am Lautsprecher zur Verfügung
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Mehrere Verstärker für eine Beschallungsanlage
Weiterhin ist es möglich, mehrere Verstärker über 100V- Übertrager parallel zu schalten, unter der Voraussetzung, daß alle Verstärker mit gleichem Signal und gleichphasig verkoppelt werden und daß eine Abschaltautomatik für defekte Endstufen vorhanden ist. Auf diese Art kann die Leistung im 100V- Netz bei höchster Betriebssicherheit stark erhöht werden. Da ein 100V- Signal ein ähnlicher Normpegel ist, wie es z.B. die +6dBm sind, kann man das bisher Gesagte in einem einfachen Nomogramm darstellen.
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Bild 8 zeigt dieses zusammen mit einer Tabelle für gängige Anpassungen. Selbstverständlich gilt auch für den 100V- Übertrager, daß er einen möglichst linearen Frequenzgang haben muß und die Resonanzstelle möglichst weit über 20kHz liegt. Auch bei Sprachübertragung ist dies wichtig, damit die Verständlichkeit nicht durch Klangverfälschungen verschlechtert wird.
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Der Ausgangsübertrager in Röhren-Gegentaktendstufen
Nun kommen wir zu einer Übertrageranwendung, die durch die Renaissance der Röhrentechnik besonders aktuell geworden ist, deren scheinbare Geheimnisse fast schon zum Mythos geworden sind: der Ausgangs- übertrager in Röhren-Gegentaktendstufen.
Prinzipiell gilt alles bisher Gesagte ohne Einschränkung, die meisten Unklarheiten gibt es üblicherweise bei der Definition der Primärimpedanz R(aa) für die Röhren. Wie wir nach einem kurzen Rechengang sehen werden, ist die Festlegung des Wertes R(aa) nicht das einzige wichtige Kriterium zur Definition des Ausgangsübertragers. Doch dazu müssen wir zunächst das Ausgangskennlinienfeld einer Leistungsendpentode und die im Betrieb auftretenden Verhältnisse betrachten.
Wegen der weiten Verbreitung, des hohen Bekanntheitsgrades und weil schon öfters mit dieser Röhre Veröffentlichungen erschienen sind, demonstrieren wir das Ganze an der EL 84.
Was leistet eine Endstufe mit der EL 84
In Bild 9 ist das Ausgangskennlinienfeld der EL 84 als Eintakt-A Endstufe dargestellt. Bei einer Betriebsspannung von 250V und einer Schirmgitterspannung von ebenfalls 250V gibt es zwei mögliche Anodenwiderstände und Ausgangsleistungen. Wenn der Anodenwiderstand 7 kOhm ist (dies ist ein weitverbreiteter Wert für viele Endröhren, somit konnten die Übertragerhersteller früher immer einen passenden Übertrager anbieten), können 4,5W Leistung bei einem Klirrfaktor von knapp 7% erzielt werden. Bei nur 5,2kOhm ist ein höherer Ruhestrom nötig, man bekommt 5,7W bei 10% Klirrfaktor. Bei der höheren Leistung wird die Verlustleistungshyperbel tangiert, überschreiten darf man sie nicht.
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Hier noch eine Anmerkung: Röhren sind in dieser Beziehung nicht so nachtragend wie Halbleiter. Wenn bei einem Transistor die maximal zulässige Verlustleistung auch nur für Millisekunden überschritten wird, quittiert er dies mit Totalschaden. Eine Röhre verträgt dies schon mal für Sekunden bis Minuten und warnt vor ihrem frühzeitigen Tod durch rote Bäckchen, mit anderen Worten, das Anodenblech fängt an zu glühen. Wenn rechtzeitig abgeschaltet wird und der Schaltungsfehler korrigiert ist, kann die Röhre trotzdem sehr lange Zeit ihre Dienste tun.
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Damit wir am Ende zu einer überschaubaren Übertragerberechnung kommen, gehen wir gleich über zur Betrachtung einer Röhren-Gegentaktendstufe in A-Einstellung, die mit wenig Aufwand nachvollziehbar ist. Dem Leser wird anschließend gleich auffallen, wieviel Parameter vom Konstrukteur mehr oder weniger frei wählbar sind.
Ein Patentrezept für Übertragerberechnung und Konstruktion gibt es nicht. Hier gilt der alte Spruch, es führen viele Wege nach Rom. In Bild 10 ist die prinzipielle Schaltung für zwei EL 84 gezeigt. Nehmen wir die 4,5W-Einstellung, also Betriebsspannung 250V, jedoch mit 5 kOhm Anodenwiderstand, so ist für zwei Röhren ein Gesamtanodenwiderstand (Raa) von 10 kOhm nötig. Daraus ergibt sich für einen 4Ohm- Lautsprecher ein Übersetzungsverhältnis von
Die Rechnung geht aber auch anders herum. Ein 4 Ohm- Lautsprecher benötigt für 9W Leistung eine effektive Spannung von 6V, das sind 8,5V Scheitelwert. Zwei EL 84 liefern bei Vollaussteuerung einen Scheitelwert von 425V.
425 V : 8,5 V = 50, auch so kommt man zu dem Übersetzungsverhältnis. Wird jedoch die Betriebsspannung um 50V auf 300V erhöht, sehen die Verhältnisse ganz anders aus. Dann ist eingangsseitig mit rund 480V Scheitelwert zu rechnen, der wiederum auf 8,5V herabgesetzt werden muß. Das Übersetzungsverhältnis muß auf 56,5 erhöht werden. Daraus ergibt sich ein Raa von 12,8 kOhm. Die Aussage, ich benötige einen Übertrager mit Raa = 10 kOhm primär und 4 Ohm sekundär, ist also nur dann richtig, wenn ich gleichzeitig den Röhrentyp und die Betriebsspannung mit angebe!
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Ein Wort zu den Kernen der Übertrager
Um die 9W Leistung zu übertragen, gibt es viele Kerntypen und Wickelmöglichkeiten. Um nur einige mögliche Kerntypen zu nennen: EI 60, EI 66, EI 78, M 55, M 65, MD 55, MD 65, MD 74. Kleine Kerne haben den Vorteil, daß sie preiswert sind, große werden nicht so weit in die Sättigung getrieben; somit sind tiefe Grenzfrequenzen bei voller Leistung leichter zu erreichen. Im Grunde genommen geht es um die Festlegung des nötigen Eisenquerschnitts. Zuwenig ergibt keinen brauchbaren Übertrager, zuviel ist Verschwendung.
In alten Röhren- und Trafohandbüchern findet man Faustformeln zur überschlägigen Ermittlung des Eisenquerschnitts, doch sind diese nicht unbedingt immer auf moderne Übertrager anwendbar. Neue Blechqualitäten und Schnitte haben hier vieles verändert. Um z.B. in der Studiotechnik möglichst kleine Bauformen bei hoher Primärinduktivität zu erreichen, werden hochpermeable Bleche und Kerne eingesetzt.
Bei richtig Power wieder andere Voraussetzungen
Ist Leistungsübertragung gefragt, benötigt man eher Bleche mit hoher induktiver Belastbarkeit, da sich die nötige Primärinduktivität aufgrund der hohen Windungszahlen automatisch ergibt. Hier liegt es am Entwickler, wieweit er den Kern bei tiefen Frequenzen in die Sättigung fahren will und wieviel Klirrfaktor bei der unteren Grenzfrequenz noch akzeptabel ist.
Wie man sieht, eine Menge Wahlmöglichkeiten, wobei die Aufteilung der Wicklung, also die Verschachtelung noch längst nicht berücksichtigt ist. Auch hier sind mehrere Dutzend Möglichkeiten, Techniken und Anforderungen die Regel.
Ein mehrfach verschachtelter Übertrager
Um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen, wird hier in Kurzform eine Wickelvorschrift für den Übertrager mit zwei EL 84 beschrieben. Es handelt sich um einen mehrfach verschachtelten Übertrager mit separater Gegenkopplungswicklung. Dies hat den Vorteil, daß die Gegenkopplungsspannung unabhängig von der Lautsprecherwicklung abgenommen werden kann und das Signal dem Lautsprecher somit erdfrei symmetrisch zugeführt wird.
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Zunächst müssen wir uns auf einen Kern festlegen, damit überhaupt ein Rechenansatz möglich ist. Geht man von handelsüblichen Dynamoblechen mit 0,35mm Blechstärke aus, so kann der erforderliche Eisenmindestquerschnitt berechnet werden als
Ein passender Kern wäre z.B. der EL 78a mit 6,8cm2 Querschnitt, der zudem bei tiefen Frequenzen noch etwas Reserven bietet. Dieser Kern darf induktiv mit maximal 1,4T belastet werden. Als Eingangsspannung haben wir Us = 425V, das sind 300 Veff; als untere Grenzfrequenz nehmen wir 30Hz. Nun haben wir alle nötigen Werte, um die Eingangswindungszahl mit der aus der Theorie bekannten Transformatoren-Hauptgleichung zu berechnen.
Jetzt kommen die Muster- Wicklungs-Details
Wir runden die Windungszahl auf 2400 auf. Nun ist noch die Sekundärwindungszahl zu bestimmen. Bei dem nötigen Übersetzungsverhältnis von 50:1 sind das 2400:50 = 48 Windungen. Der Kern EI78a hat einen Wirkungsgrad von ca. 88%; deshalb müssen wir einen entsprechenden Zuschlag machen und kommen auf 54 Windungen. Für die Gegenkopplungswicklung kommt man mit 10 Windungen aus, die dann etwa 1,5V liefern.
Nun müssen wir ein Wickelschema festlegen. In Bild 11 ist eine relativ aufwendige Möglichkeit mit achtfach verschachtelter Zweikammerwicklung gezeigt, wobei die Gegenkopplungswicklung nicht berücksichtigt ist. Der statische Schirm sowie die Zweikammeraufteilung verringern die Lagenkapazität weiter, so daß die hier gezeigte achtfache Verschachtelung praktisch einer zehn- bis vierzehnfachen Verschachtelung gleichkommt.
(Im Theorieteil wurde bereits darauf hingewiesen, daß nicht allein die Menge der Verschachtelung maßgebend ist, sondern auch die Art der Verschachtelung, die Lagenisolation und die Wicklungsaufteilung.)
Auch die Drahtstärken müssen berechnet werden
Bevor man mit dem Wickeln beginnt, müssen zuerst die Drahtstärken festgelegt werden, und es muß auch überprüft werden, ob der Wickelraum ausreicht, alle Isolationen und Wicklungen unterzubringen. Diese Rechnung wollen wir uns hier sparen, denn vieles hängt im Endeffekt auch hier wieder von den wickeltechnischen Möglichkeiten, den handwerklichen Qualitäten des Trafowicklers und von den verfügbaren Materialien ab. Hier die fertige Wickelvorschrift, wobei jeweils Wicklung 1 jeder Kammer direkt auf den Kern kommt, Wicklung 5 ist die jeweilige Schlußwicklung.
Die Wicklungen müssen im Endeffekt so verschaltet werden, daß sich ein Wickelsinn ergibt, wie in Bild 12 dargestellt.
Beim Wickeln ist darauf zu achten, daß die Drähte immer sauber nebeneinander liegen und keine Drahtkreuzungen vorkommen. Dies kann im Betrieb zu Windungsschlüssen führen, denn die Lackisolation der Drähte hält nicht allzuviel aus. Bei der Betriebsspannung von 250 V muß auf ca. 800 ... bis 1000V Isolationsfestigkeit geachtet werden. Gute 0,1mm Folien halten dies bei doppelter Lage aus. Diese Isolationsfestigkeit ist notwendig, denn wenn vergessen wird, den Lautsprecher anzuschließen, erzeugt der Trafo hohe und höchste Spannungen. Es ist dann billiger, wenn es irgendwo im Verstärker zu Spannungsüberschlägen kommt, eventuell in den Röhren (mit Zerstörung derselben), als wenn dies im Ausgangsübertrager passiert. Den Übertrager auszuwechseln und durch einen neuen zu ersetzen, ist meistens recht kostspielig.
Gut gewickelte Übertrager mit dünner, aber hervorragender Isolation und Vakuumtränkung halten mehrere tausend Volt aus, so daß es überall zu Spannungsüberschlägen kommen kann, nur nicht im Übertrager. Wenn Endröhren wie z.B. EL34 eingesetzt werden, muß mindestens auf 2500 V isoliert werden.
Die Ultralinearschaltung für einen Ultralinearübertrager
Einen Punkt haben wir bei den Röhrenausgangsübertragern noch nicht erwähnt, das ist die Schirmgittergegenkopplung — die sogenannte Ultralinearschaltung. Auch dieses ist keine Geheimwissenschaft. Wenn wir Bild 13 betrachten, so können wir daraus ersehen, wie die Schirmgitteranzapfungen liegen müssen. Ausgehend von der Mittenanzapfung sind etwa 20 ... 30% der Windungszahlen bis zur jeweiligen Schirmgitteranzapfung zu nehmen. Der genaue Wert ist nicht sehr kritisch, es ist meist am günstigsten, wenn man die Anzapfung gerade am Ende einer Lage herausführt. Dies erspart unnötige Isolationen beim Wickeln und vereinfacht das Herausführen der Anzapfung erheblich.
Üblicherweise müssen die Schirmgitter von Pentoden an einer festen Spannung liegen und dürfen wechselstrommäßig nicht moduliert werden. Durch die Übertrageranzapfungen wird jedoch bei Aussteuerung auf die Schirmgitter eine Wechselspannung gebracht, so daß jede Röhre schon für sich gegengekoppelt ist — unabhängig von der Gesamtgegenkopplung. Dies erniedrigt den Grundklirrfaktor, so daß die Gesamtgegenkopplung nicht mehr so stark sein muß, was den dynamischen Eigenschaften der Endstufen zuträglich ist.
Die Ultralinearschaltung hat leider auch Nachteile. Die Schirmgitter von Leistungspentoden dürfen nur begrenzt belastet werden. Deshalb sind auch in Bild 13 die Strombegrenzungswiderstände Rg2 eingezeichnet. An einem typischen Beispiel soll verdeutlicht werden, welche Einschränkungen sich durch die Ultralinearschaltung ergeben.
Es gibt auch Einschränkungen für die EL 34
Für die EL 34 sind als Grenzwerte für das Schirmgitter Pmax = 8W und Vg2 = 425V vorgegeben. Die maximale Anodenspannung darf jedoch bis zu 800V betragen, wenn sichergestellt ist, daß die Schirmgitterspannung auf Werte um 400V begrenzt ist. In den alten Röhrendatenbüchern sind für die EL 34 die üblichen Werte für eine Gegentakt-B Endstufe angegeben, mit der dann rund 45W Leistung erzielt werden könn(t)en, wobei die Betriebsspannung bei 400V liegt. Ultralinearschaltung ist hier problemlos möglich.
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Will man jedoch mehr Leistung erzielen, muß die Anodenspannung erhöht werden, wobei gleichzeitig bei Vollaussteuerung die Schirmgittergrenzwerte nicht überschritten werden
dürfen. Das Schirmgitter darf nur mit maximal 425V betrieben werden, so daß Ultralinearschaltung nicht mehr möglich ist. Man muß sich also zwischen hoher Leistungsausbeute oder Ultralinearschaltung mit niedrigerer Leistung entscheiden.
Daß auch mit der normalen Schaltung gute Verstärkerdaten erreicht werden können, ist in den elrad-Heften 12/86 und 3/87 anhand der Experience Röhrenendstufen gezeigt worden, die durch entsprechend gute Ausgangsübertrager erreicht werden. Ein 'steifer' Netztrafo trägt ein übriges dazu bei, denn wenn die Anodenspannung zu sehr in die Knie geht, ist es mit der Leistungsausbeute auch nicht sehr weit her.
Die automatische Brumm-Unterdrückung
Zum Schluß muß noch ein Punkt beim Ausgangsübertrager Beachtung finden, den wir bisher noch nicht erwähnt haben. Dies ist die automatische Unterdrückung von Brummspannungen auf der Betriebsspannung durch den Übertrager. Man muß die Betriebsspannung nicht vollständig sieben, um einen brummarmen Verstärker zu bekommen.
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Zum besseren Verständnis dient hier Bild 14. Der Brummstrom und die Brummspannung des Netzteils verteilen sich gleichmäßig auf die beiden Wicklungshälften der Primärseite des Übertragers. Da die beiden Ströme gleich groß — aber gegenphasig im Übertrager auftreten, verursachen sie keine Induktion und folglich wird auch auf der Sekundärseite keine Spannung erzeugt. Die Voraussetzung ist, daß beide Röhren den gleichen Strom ziehen und daß der Übertrager ausreichend symmetrisch ist. Leider lassen sich Röhrenausgangsübertrager nicht immer optimal auf Symmetrie trimmen, da eine gute Isolation wegen der hohen Spannungen Priorität besitzt und den Wicklungsaufbau entsprechend beeinflußt. Man kann aber davon ausgehen, daß einige Volt Brummspannung im Leerlauf durch einen guten Übertrager und bei richtigem Endstufenaufbau sowie Abgleich nicht weiter störend sind.
Ungünstig gelegte Masseverbindungen wirken sich meist verheerender als der Restbrumm auf der Betriebsspannung aus. Die Schirmgitter sind auch relativ unkritisch, denn wenn sie mit absolut gleichem Brummsignal moduliert werden, sind die Ströme im Ausgangsübertrager gegenphasig gleich und rufen wiederum keine Induktion hervor.
Allerdings sollte man nicht zu leichtfertig nur auf den Übertrager vertrauen, denn, wie bereits gesagt, aus wickeltechnischen Gründen läßt sich die absolute Symmetrie bei dieser Übertragerart nicht so einfach herstellen und diverse Bauteiletoleranzen einschließlich der der Röhren spielen bei der Brummunterdrückung auch noch mit.
Eigentlich sind Sie am Ende des Artikels, doch das war immer noch nicht alles, das Sie beachten müssen.
Damit sind wir am Ende unseres Ausflugs in die komplexe Welt der Übertrager angekommen. Wer sich bis hierher durchgearbeitet hat und mehr wissen will, sollte vielleicht nochmals die Artikel über die in elrad-Heften 1986 und 1987 reichlich vorgestellten Röhrenendstufen und das Sonderheft Studio 1 (REMIX) - nun unter neuem Blickwinkel - lesen: So manches Schaltungsdetail dürfte nun besser verständlich geworden sein.
Dieser Artikel stammt von Gerhard Haas aus 1985/1987
und einige oder sogar viele Technologien sind heute (wir haben bereits 2012) bereits uraltes Eisen. Die modernen Übertrager sind auf minimale Verluste optimiert. Es gibt ganz andere Eisenbleche oder Ferrite, die fantastische Daten ermöglichen. Treibende Kraft war die abnormale und viel zu hohe Verlustleistung in den Schaltnetzteilen der letzen 20 Jahre.
Erst durch rigide Maßnahmen und Vorgaben der EU (eine der wenigen vernünftigen "Erpressungen" oder "Nötigungen" aus Brüssel) wurden auch die Chinesen gezwungen, von der Produktion von fabrikneuem Elektronik-Müll abzugehen, sogar absolut im eigenen Interese. Gleiches gilt auch für Japan, Korea und Taiwan, denn Fukoshima läßt immer noch grüßen.
Denn wir Europäer sitzen seit Jahren auf ca. 50.000.000 (mindestens fünfzig Millionen wenn nicht sogar 100.000.000) Videorecordern aus Japan, die wir jetzt (nach dem Jahr 2000) entsorgen dürfen.
In der Studio- und Audio-Technik hat sowieso die Digitaltechnik Einkehr gehalten und die alten analogen Übertrager sind damit weitgehend obsolet.
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