Ein paar Interna zu den Lautsprecher-"Preisen" . . . .
Bleiben wir in den Jahren 1980 bis 1984. Da gab es jede Menge Boxen über 3.000.- DM pro Stück und es gab auch welche für 110.- DM - sogar mit 4-Wege-Technik und 2 mal 22cm Basschassis. Natürlich hatten diese lowcost Boxen keinen der bekannten Namen. Also wenden wir uns vorerst den bekannten Marken zu - und schaun da mal rein. Wie kommt ein Preis zustande, der einem die Hosen auszieht oder bei dem die Frau die Scheidung androht ?
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Wie bei fast jedem "Produkt" gibt es unsichtbaren Aufwand
Auch ein Lautsprecher (also eine Box) hat sogenannte Gestehungskosten. Die bestehen aus dem Material und den Entwicklungskosten. Das sind die Kosten und Aufwendungen, die man nicht sieht. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß sich in den 1970er Jahren allein bei mir 6 oder 8 von diesen billigen 38cm Basslautsprechern (z.B. von Völkner und Conrad und anderen "Versendern") total vestaubt in den Regalen angesammelt hatten. Das hatte ich dann auf das "Konto" Erfahrung gebucht (also abgeschrieben) und war bei einem Isophon 38cm Bass-Chassis verblieben. Der machte (den von mir damals geforderten) richtigen Wumms. JBL konnte ich mir (damals) einfach nicht leisten.
Bei den meisten Lautsprecherfirmen, auch damals bei BRAUN zum Beispiel, kamen dazu mehrere Reisen nach USA (zu Acoustical Research und anderen Herstellern) und nach England (zu QUAD) mit auf die Kostenrechnung. Das Knowhow war bei uns noch gar nicht da.
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Und dann wurden solche "Boxen" gezimmert und ausprobiert und verworfen und Konzepte erarbeitet und verworfen. Auch die Kunst der Frequenzweichen wich sehr oft von der Theorie der Physiker (Wolfgang Hasselbach war einer) ab. Da sammelten sich kistenweise Kondensatoren und Spulen an und was sonst noch alles. Und das alles wurde irgendwann einmal gekauft und bezahlt.
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Und darum mal einen Blick auf uns vorliegenden Beispiele
Eines dieser herausragenden Beispiele ist die Grundig Aktiv-Box XSM 3000. Sie kam etwa 1982 in den Handel und kostete um die 800.- DM. Damals war das sicher nicht gerade billig, im Vergleich aber doch. Sie hatte nämlich versteckte Qualitäten, die man anfäglich nicht sehen bzw. hören konnte. Mit einem hochklassigen Vorverstärker (nicht von Grundig und dazu dem entsprechenden Klangmaterial) entwickelt dieser Lautsprecher ganz enorme Qualitäten, die jeden Besucher immer wieder erstaunen.
Doch zuerst ein Blick auf die "Ingredenzien". Bei Grundig konnten oder durften die Entwickler nur "Material" aus dem Lager entnehmen. Die "verbauten" Chassis sind also alle eigen gefertigte Massenprodukte in zigtausenden von Stück. Insbesondere die beiden Bass-Chassis sind arg primitive Gesellen, die silberne Blende ist wirklich nur eine Plastik Blende. Sicher, sie stehen den in der BRAUN L710 verbauten Bässe nicht viel nach, doch halten Sie solch ein Chassis in der Hand, erschrecken sie erst mal.
Hören Sie aber, was da raus kommt, staunen Sie Bauklötzer. Dann werfen Sie einen weiteren Blick auf die hinten eingebaute die 4-fach-Endstufe und schon wieder staunen Sie.
Wie kann man für nur 800.- DM solche Boxen verkaufen ?
Grundig konnte es und hat bestimmt auch noch Gewinn damit erwirtschaftet. Der Endstufenblock in den XSM ist bewundernswert, das Konzept auch und das Erreichte ebenfalls. Auf den Grundig XSM Seiten habe ich ausführlich mein Schlüsselerlebnis von damals 1984 und von 2013 beschrieben. Und jetzt stehen Sie in Reih und Glied mit ähnlichen aktiven Boxen im Studio, angeschlossen zum sofortigen Vergleich.
Doch zurück zur Fragestellung: Es ist also durchaus möglich, mit gängigen Teilen aus einer Massenproduktion (also den Einzelteilen) sehr gute aktive Boxen zu entwickeln, zu fabrizieren und zu verkaufen, die einen absolut attraktiven Preis haben. Und schaut man dann noch genauer in und auf und unter solch eine Box, kommt weiteres Erstaunliches hervor.
Das Preßspangehäuse ist relativ simpel als nahezu quadratische Säule konzipiert. Die Verarbeitung ist typisch Grundig, einfach und "massenfertigungstauglich" verleimt. Der Verstärkerblock ist eigentlich ein riesiger Kühlkörper und wird hinten mit Dichtungsmaterial in das große Loch geschraubt. Mehrfaches Öffnen ist nicht eingeplant - geht aber. Innen drinnen ist jede Menge Dämmmaterial hinein gequetscht.
Diese Boxen klingen aber dennoch nicht nach Holzkiste, das kann ich jederzeit vorführen.
Das andere Beispiel ist die CANTON ergo A
Wir haben auch eine CANTON Aktiv-BOX aus dieser Zeit, die ergo aktiv. Dort kostete das Pärchen bereits an die 5.000.- DM - und das war dann schon viel Geld. Und an dieser Box gibt es bei der Recherche viel zu bemängeln. Der Mitteltöner ist eien Eigenfertigung von Canton. Bei den anderen Chassis weiß ich das nicht. Das ist sicher nicht so günstig wie bei Grundig. Doch ich vergleiche hier zwei ähnliche Konstruktionen etwa gleicher Größe zur fast gleichen Zeit.
Die drei Endstufen sind ein wenig stärker und mitsamt dem Trafo auch auf einem speziell angefertigten Kühlkörper montiert. Im Großen und Ganzen ist das aber vergleichbar mit der Grundig Box. Die beiden Bass-Chassis sind deutlich größer, machen aber von der optischen Qualität auch nur einen normalen Eindruck.
Wo steckt also der enorme Preisunterschied ? Zum einen in der großen Serie bei Grundig und der damit auf diese Masse bzw. Menge aufgeteilten Werbemaßnahmen. Insbesondere die Grundig Revue war ja ein enormer Werbeträger in Millionen-Auflagen. Da hatten es die Wettbewerber schon deutlich schwerer. Kleinere Firmen wie Braun, Heco und Canton, natürlich auch Elac, Acron und die vielen anderen mußten Hifi-Studio für Studio "abklappern" und den jeweiligen Chef überzeugen, doch mal ihre Box (oder die Familie) in die Vorführung zu nehmen. Der Aufwand war enorm zeitaufwendig und dafür gab es die Gebietsverkaufsleiter. Dieser Name war natürlich Schall und Rauch, es waren einfach nur die Verkäufer der Hersteller.
Je weiter oben im Preissegment, desto höher die Margen
Vor allem mußten die hochpreisigen Boxen dem Inhaber oder Starverkäufer eines Studios schmackhaft gemacht werden. Denn außer der hohen Qualität und dem optisch ansprechenden Äußeren überzeugte (immer wieder) der Fachhandelsrabatt, also der verbleibende Ertrag.
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Werden die Boxen jedoch über reine Handelshäuser verkauft, so ist der werbende Aufwand deutlich geringer. Es geht auch dort .... über den Preis und nur über den Preis. Schaun Sie sich einfach an, was in den Elektromärkten (Ich bin doch nicht blöd) an Produkten im Lautsprecher-Regal steht. Es geht um Stückzahlen und Margen. An den Gerüchten um stahlharte Lieferanten-Verhandlungen ähnlich wie bei Aldi und Lidl ist schon etwas dran. Die effektive Audio-Qualität ist absolute Nebensache.
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Betrachten wir mal die Billigangebote von Versandhändlern
Da sehen wir also gut gemachte Bilder von edel aussehenden hochglanz lackierten Palisander-Klangsäulen mit phantastisch klingenden Produktnamen. Fast immer kommt das Wort "Studio" im Namen vor. Sehr oft ist noch ein Foto mit Blick hinter die Bespannung dabei, damit man (also der hungrige Kunde) sich von den dicken Bass-Woofern überzeugen möge. Und sehr oft wird auch hier der Grundig Trick mit den silbernen Abdeckblenden in massiven Alu-Lock über den primitven Blechkörben der Chassis angewendet. Es sieht vordergründig alles massiv und gewaltig aus.
Doch dann sucht man nach dem Gewicht. Wenn es wirklich da steht, ist es das Versandgewicht mit Karton von 8 Kilo für eine 300 Watt 4-Wegebox mit den Maßen 30 x 30 x 140cm. Spätestens jetzt muß ein jeder potentielle Interessent hellhörig werden. So viele Chassis in dem großen Gehäuse wiegen nur 8 Kilo ?
Sind Sie in solch einem Markt, klopfen Sie einfach mal auf die Seitenteile und Rückteile solcher Sonderangebote und vermehmen sie das Tock Tock einer Zigarrenkiste. 8mm Presspan klingt nun mal völlig anders als 30mm HDF Platten.
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