aus der Funktechnik Juli 1970
Stereo-Magnetsystem „M 15" im Tonarm „RS 212"

von H.-J. HAASE - Ing. Hans-Joachim Haase ist Dozent an der Schule für Rundfunktechnik in Nürnberg.

1. Stereo-Magnetsystem Ortofon „M 15"

Ortofon M15 Anzeige von 1972
Bild 1. Das neue Stereo - Magnetsystem „M15" von Ortofon

Mit dem neuen Modell M15 hat Ortofon ein nach dem magnetdynamischen Prinzip arbeitenden Stereo-Abtaster herausgebracht, der in seiner Qualität den unter gleichem Namen auf dem Studiogerätemarkt bekannten professionellen Erzeugnissen kaum nachsteht. Der Abtaster (Bild 1) ist im Vergleich zu älteren Ortofon-Systemen abmessungsmäßig kleiner und auch leichter (5g) ausgefallen. Er benötigt auch nicht mehr einen speziellen Tonkopf, sondern kann, unter Einhaltung der 1/2"-Befestigungsnorm, in jeden Hi-Fi-Tonkopf eingebaut werden.

Der Nadelträger, der eine Nachgiebigkeit von etwa 20 • 10~6 cm/dyn aufweist, ist in einem sehr robusten Steckeinsatz montiert. Dieser ist mit einem zusätzlichen Führungsschaft versehen, wodurch die erforderliche genau definierte Stellung im Abtastergehäuse gewährleistet ist. Der Einsatz ist in der Farbe grau mit elliptischer, in der Farbe blau mit kegelförmiger Abtastnadel aus Naturdiamant bestückt. Die vier Systemanschlüsse können über die üblichen Steckverbindungen an Stiftkontakten abgenommen werden.

1.2. Technische Daten
1.2.1. Übersicht

Die technischen Daten gehen aus Tab. I hervor. Nachstehend sei auf einige Eigenschaften noch etwas näher eingegangen.

1.2.2. Übertragungsmaß

Das Ubertragungsmaß ist 1,5 mVs/cm bei 1 kHz an einem Abschlußwiderstand von 47 kOhm. Bei Vollaussteuerung ist die maximale Ausgangsspannung also etwa 12 mV. Die Pegelgleichheit der beiden Kanäle ist mit Abweichungen <= 1dB im Bereich 60Hz ... 14kHz sehr gut.

1.2.3. Betriebsmäßige Tonarmauflagekraft

Bild 2. Einschwingvorgänge und Kurvenform Verzerrungen des ,,M 15" bei 1 p Tonarmauflagekraft, kontrolliert an einer rechteckförmigen Ausgangsspannung bei der Abtastung einer dreieckförmigen Rillenauslenkung

Optimaler Abschlußwiderstand und günstigste Auflagekraft wurden durch die Abtastung einer dreieckförmigen Rillenmodulation, die eine weitgehend rechteckförmige Ausgangsspannung der Frequenz 1kHz ergeben muß [1], ermittelt (Bild 2). Nach Angaben des Herstellers kann die Auflagekraft im Bereich 0,75p ... 3p liegen. Das Ergebnis des Rechteckkurventests für beide Kanäle läßt eine betriebssichere Auflagekraft von 1p für das System „M 15" zu. Die Abtastsicherheit bei 1p wurde dann nochmals mit dem Teil 3.4 der Hi-Fi-Testplatte 641001 der DG oszillografisch kontrolliert. Auch bei dieser Übersteuerung zeigte sich weder bei +10dB (90 um) Seitenschrift, noch bei +6dB (56 um) Tiefenschrift eine Verzerrung der vom System erzeugten Spannung der Frequenz 315 Hz.

1.2.4. Übertragungsbereich und Frequenzgang

Bild 3. Übersprechen (unten) und Frequenzgang (oben) des Abtasters, bezogen auf konstante Schnelle; Testplatte T 72212, DIN 45 543, Auflagekraft 1 p, Abschlußwiderstand 47 kOhm

Wie die Diagramme der Bilder 3 und 4 sowie die Meßkurve nach Bild 5 zeigen, weist das „M15" einen Ubertragungsbereich von 20... 20.000 Hz mit sehr linearem Frequenzgang auf. System oder tonarmbedingte Resonanzen sind nicht feststellbar. Lediglich im Verlauf der hohen Frequenzen deutet sich schwach eine Resonanzüberhöhung an. Wegen der sehr geringen bewegten Masse des „M15" (0,4mg bezogen auf die Nadelspitze) liegt sie bei 14 bis 16kHz jedoch sehr hoch und ist außerdem gut gedämpft. Hier ist die Nachgiebigkeit der Plattenmasse nicht ohne Einfluß!

1.2.5. Übersprechen

Bild 4. Wie Bild 3 (oben drüber), jedoch mit Testplatte DGG 99110, DIN 45541

Das Übersprechen muß nach den vorliegenden Meßergebnissen als sehr gut bezeichnet werden, wenn es - wie bei allen derartigen Messungen - auch bei diesem System stark abhängig von der Meßplatte ist (vgl. Bilder 3 und 4). Selten findet man bei nichtprofessionellen Abtastern in den Tiefen (<60 Hz) und Höhen (>8 kHz) einen so weiten und zwischen den beiden Kanälen so gleichwertigen Übersprechabstand. Nach Angaben des Herstellers wird das System so justiert, daß bei 10 kHz das Übersprechen mindestens 20 dB beträgt. Das ist ein völlig ausreichender Wert, der bei der Überprüfung aber häufig durch die (mittlerweile verminderte) Qualität der Meßplatte beeinflußt wird.

Bild 5. :

Bild 5. Frequenzgang des ,,M 15" auf Dual 1019 - Laufwerk; Auflagekraft 1p, Antiskating 1, 2, rechter Kanal, Meßplatte DGG 99106

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Anmerkung: Bereits vor und ab 1970 findet man des öfteren fundierte Kommentare, daß die Qualität der Meßschallplatten bezüglich der hohen Frequenzen mit zunehmender Nutzung begrenzt ist und die Messungen stark beeinflussen kann.

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1.2.6. IM-Verzerrungen

Bild 6. IM-Verzerrungen des ,,M 15" im Ortofon-Tonarm „RS 212" in Abhängigkeit von Aussteuerung und Rillendurchmesser d; Auflagekraft 1p, Meßplatte DIN 45 542

Die Intermodulations-Verzerrungen (die sogenannten FIM-Verzerrungen sind zahlenmäßig um eine Zehnerpotenz kleiner!) des Abtasters in Abhängigkeit vom Pegel und Rillendurchmesser zeigt Bild 6. Die Meßwerte sind gültig für 1p Auflagekraft. Auf die Erfassung der Abhängigkeit IM = f (Auflagekraft) wurde verzichtet, da bereits vorher der Wert 1p als optimale Tonarmauflagekraft erkannt wurde. Die IM-Meßwerte nach Bild 6 zeigen Größenordnungen, die der Berichter bisher noch bei keinem Abtaster messen konnte. Der Kurvenverlauf deutet darauf hin, daß auch bei möglichen Aussteuerungen >0 dB die IM-Verzerrungen bei der Musikwiedergabe den Wert 2% (FIM) kaum erreichen beziehungsweise überschreiten können.

2. Tonarm „RS 212"

Der Tonarm „RS 212" (Bild 7 und Tab. II) ist eine Hi-Fi-Ausfuhrung für den Anbau an Turntables. Er weist bei einer totalen Länge von 300mm eine effektive Länge von 228mm auf und bewirkt bei richtiger Montage einen maximalen tangentialen Fehlwinkel von nur 1,2°. Zur Befestigung des Tonarms dient der auf dem zylinderförmigen Standlager in der Höhe um etwa 40mm verschiebbar angebrachte Lagerflansch. Am unteren Ende des Standlagers befindet sich eine siebenpolige Buchse, in die der Stecker des mitgelieferten Tonabnehmerkabels eingeführt wird.

Bild 7. Tonarm „RS 212" mit organisch angebautem Tonarmlift; im rechten Teilbild ist die Antiskatingeinrichtung (kombiniert mit der Tonarmauflagekrafteinstellung) besonders gut erkennbar

Der auswechselbare Tonkopf ist aus Aluminium gespritzt. Er wird in den Tonarm eingesteckt und mit einer Überwurfmutter arretiert. Der Kontaktanschluß der beiden Kanäle zwischen Tonkopf und Tonarm erfolgt über vier federnde Kontaktstifte. Zum Balanceausgleich für die Horizontalebene dient das rückwärtige Ausgleichsgewicht. Es kann vor- oder zurückgeschoben werden. Zur Einstellung der Tonarmauflagekraft (0 ... 4,5p) wird mit Hilfe eines markierten Rändels eine Zugfeder gespannt oder entlastet. Bei Benutzung besonders schwerer Abtastsysteme (maximal 18,5g) kann in das Ausgleichsgewicht ein zusätzliches Gewicht eingeschraubt werden. Die beiden Tonarmlager bestehen aus Präzisions-Feinkugellagern und weisen sehr niedrige Reibungskräfte auf (horizontal 0,07p und vertikal 0,03p). Wie Bild 7 zeigt, ist organisch mit der Tonarmkonstruktion der (früher auch separat lieferbare) bekannte Ortofon-Lift kombiniert.

Bild 8. Kräfteschema der Antiskatingeinrichtung

Die Antiskatingeinrichtung

Einfach, doch präzise arbeitet die Einrichtung zur Erzeugung des Antiskatingmomentes. Die Wirkungsweise ist aus dem Kräfteschema Bild 8 ersichtlich. Die zur Auflagekrafteinstellung verwandte Zugfeder Z befindet sich zunächst achsparallel zum hinteren Tonarmteil.

Wird die Einspannung der Feder am feststehenden Lagerbock seitlich nach links um den Winkel psi in die Stellung Z' verschoben, dann entsteht ein Kräftedreieck Z-Z'-X, wobei die mit der Skating-Korrekturschraube eingestellte Komponente X in Verbindung mit dem konstanten oder variablen Hebelarm L (je nach eingestellter Tonarmauflagekraft) das der Auflagekraft angepaßte Antiskatingmoment erzeugt.

Die Tonarm-Eigenresonanz

Bild 9. Resonanzen des „RS 212" bei der Abtastung einer Tiefenschrift (a) und einer Seitenschrift (b)

Wie aus den Meßkurven nach den Bildern 9a und 9b zu erkennen ist, liegt die Tonarm-Eigenresonanz des „RS 212" (einschließlich des „M15") gemessen in beiden Kanälen sowohl für seitliche als auch vertikale Anregung unterhalb 10 Hz und dürfte somit keinerlei Störungen des Abtastvorganges zur Folge haben.

Diese Anzeige wurde von der Redaktion in 2010 !! hinzugefügt !!

Zusammenfassung im Juli 1970 - Sehr gut !!

Den akustischen Eindruck bei der Schallplattenwiedergabe über eine Rundfunk-Studioanlage mit dem „Ortofon M 15" konnte man, sowohl bei sehr anspruchsvollen Instrumental-Tests (unter anderem: „An audio obstacle course", Shure TTR-101) als auch bei verschiedenartigen Musikschallplatten, als sehr gut bezeichnen. Auch kritische Passagen kamen - bei 1p Tonarmauflagekraft - differenziert und weitgehend unverzerrt zur Geltung.
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Zusammenfassend kann gesagt werden, daß mit diesen beiden neuen Ortofon-Erzeugnissen (deutsche Vertretung: Palliard Bolex GmbH, 8045 Ismaning) dem Hi-Fi-Freund zwei Spitzenerzeugnisse des Weltmarktes zur Verfügung stehen.




Schrifttum
[1] H a a s e , H.-J.: Tonabnehmerprüfungen mit Rechtecksignalen. Funk-Techn. Bd. 23 (1968) Nr. 20, S. 767-768
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