Hier ein "Test" des Shure V15 Type IV
In dem nachfolgenden Artikel-Text stehen ein paar Informationen über den Zeitraum des Erscheinens des Shure V15-IV sowie andere Daten, die so nicht überall bekannt waren oder sind. Auch interessant ist, daß der Klangeindruck nicht allzuviel vom Vorgänger Shure V15 Type III abweicht.
.
TONABNEHMER-TEST AUS STEREO 3/1978
Tonabnehmer - Shure V15 Type IV
Genau fünf Jahre nach der Vorstellung des damals aufsehenerregenden Shure V 15 III präsentierte die amerikanische Firma Anfang Februar 1978 in London das Nachfolgemodell: V 15 Type IV.
Wir haben mit Hochdruck gearbeitet und die Druckmaschinen „angehalten", damit wir unseren Lesern gleich einen kompletten Test über diese interessante Neuentwicklung bieten können.
Neuentwicklung und nicht Weiterentwicklung muß man dieses System nennen, denn es wurden alle wesentlichen Elemente - mit Ausnahme des laminierten Kerns vielleicht - völlig neu konstruiert.
Was ist alt und was ist neu ?
Geblieben ist das Prinzip des bewegten Magneten (Magnet- system), auf das Shure zusammen mit ELAC das bis vor kurzem abgelaufene Patent hielt.
.
- Anmerkung : Unseres Wissens nach hatte ELAC das Patent des bewegten Magneten "an" Shure "lizensiert". Hier ist die erste Information, daß das Patent in 1978 bereits abgelaufen war.
.
Neu ist auch das Aussehen, wobei dem aufmerksamen Betrachter das im Nadetschutzbügel integrierte Bürstchen auffällt Es dient nicht nur zur Reinigung der Rille, wie das bei ähnlichen Konstruktionen der Fall ist, sondern stellt jene geniale Idee dar, die man von einem der Marktführer unter den Tonabnehmerherstellern bei einer Neuentwicklung erwarten durfte.
Das Bürstchen und die Lateralresonanzen
Das Bürstchen, dessen „Haare" aus Kohlefiberfasern bestehen, leitet nicht nur die statischen Aufladungen ab, die neben den störenden „Knacksern" auch eine Auflagekrafterhöhung um mehr als 3 mN (0,3 Pond) bewirken sollen - so Shure - sondern es wirkt auch als „Stoßdämpfer".
Der Bügel mit dem Bürstchen ist beweglich gelagert und besitzt eine Silikonöldämpfung. Damit ist nicht nur ein Schutz gegen zu schnelles Absenken und damit Beschädigung von Platte und Nadel gegeben, mehr noch. Die Tiefenresonanz, über deren schädliche Auswirkung wir des öfteren berichtet haben, wird durch diese Konstruktion wirksam bedämpft. Es ist frappant zu beobachten, wie die beiden Resonanzspitzen für die horizontale und vertikale Komponente durch das ausgefahrene Bürstchen radikal abgeschnitten wird (Bild). Dabei wird die Lateralresonanz bei 7 Hz (mit SME 30009-27) um 15 dB bedämpft.
Jetzt auch für preiswertere Tonarme
Wozu bisher teuere ölgedämpfte Tonarme nötig waren, das ist hier mit einer preiswerten Konstruktion direkt am Abtast-System hervorragend gelungen! Durch die Unterdrückung der Tiefenresonanz ist das V15 IV nahezu an sämtlichen Tonarmen - ob schwer oder Filigran - optimal zu fahren. Probleme mit dem Bürstchen treten nicht auf. Es besitzt eine definierte Auflagekraft von rund einem halben Pond (5mN), die zur tatsächlichen Kraft der Nadel bei der Einstellung addiert werden muß.
In unserem Fall waren für saubere Tiefenabtastung von 63u ohne Bürstchen (0,6 Pond) nötig, für die Höhenabtastung von 30cm/s Schnelle 11mN (1,1p); mit ausgefahrenem Bürstchen mußten bei unserem System rund 4mN (0,4 p) mehr eingestellt werden. Seine Auswirkungen auf die Skatingkraft bleiben bedeutungslos, es trägt auch nicht zu Abtastverzerrungen bei. Die optimale Auflagekraft für dieses System beträgt nach unseren Messungen genau 10mN (1p), mit Bürstchen müssen rund 5mN mehr, also 15mN (1,5 p) am Tonarm eingestellt werden.
Der Nadeleinschub
Aufwendiger gegenüber dem Vorläufer ist das Herzstück, der Nadeleinschub, ausgeführt. Er besitzt am verborgenen Ende eine Art „Antiresonator" mit innerer Dämpfung, der die Aufgabe hat, den Frequenzbereich oberhalb 10kHz zu „begradigen". Bisherige Systeme zeigten meist hier entweder eine deutliche Überhöhung, oder im Bereich um 8kHz eine Senke. Durch einen Wurmfortsatz aus Elastomer (Weichplastik) erreichte der Konstrukteur F. Karjov einen glatten Frequenzgang von 20Hz bis 20kHz. Die Unebenheit im Diagram bei 18kHz ist der Meßplatte zuzuschreiben. Shure garantiert für jeden Tonabnehmer einen Frequenzgangverlauf, der innerhalb 2dB liegt! Wer so etwas versprechen kann, der muß die Fertigung sicher im Griff haben!
Eine neue Verrundung
Auch am anderen Ende des Nadelträgers hat sich etwas Neues getan. Der Abtastdiamant wurde mit einer neuen Verrundung versehen, eine „Hyperelipse" mit sehr kleinem seitlichen Verrundungsradius und begrenzter Auflagefläche an den Rillenflanken.
Auf den dadurch höheren Druck und den möglichen Plattenverschleiß angesprochen, entgegnete uns Entwicklungschef „Bernie" Jacobs: „Bei Lebensdauertests mit sphärischen, hyperbolischen und hyperelliptischen Schliff-Formen konnten keine unterschiedlichen Verschleißerscheinungen festgestellt werden..."
FIM-Spezifikationen und der Hörtest
Den vertikalen Spurwinkel wollte Shure beim V15 IV auf die DIN-Empfehlung von 20° festlegen. Wie unsere Meßergebnisse zeigen, liegt er mit 26 Grad am Toleranzende der DIN-Forderung. Das FIM-Verhalten ist als gut zu bezeichnen.
Zum Hörtest: Deutlich ist die Verwandtschaft zum Vorläufer Type III trotz der erheblichen konstruktiven Änderungen festzustellen. Auch das V15 IV ist hell timbriert und brillant, wobei es gleichzeitig „sehr voluminös und kraftvoll" wirkt. Die zuweilen bei Streichern auftretende sehr leichte Schärfe, die schon dem Vorläufer attestiert wurde, registrierte man, wenn auch in kleinerem Maße, auch hier.
Daß es sich dabei lediglich um winzige Nuancen handelt, die außerdem sehr stark von der Charakteristik der verwendeten Boxen abhängen, muß aufmerksamen STEREO-Lesern sicher nicht weiter erläutert werden. Daher verwundert es nicht, wenn diesem System auch in Bezug auf sein Klangbild einhellig Spitzenklasse bescheinigt wurde.
Walter Schild
Ein paar Subinfrmationen
Qualitätsstufe: Spitzenklasse
Preis-Gegenwert-Relation: sehr gut (das war in 1978 !!)
MESSWERTE FÜR TECHNISCH INTERESSIERTE
Form des Abtaststifts hyperelliptisch
Tiefenabtastung (315 Hz), nötige Auflagekraft für 63u (ohne Bürstchen) 6 mN {0,6 p)
Höhenabtastung (10,8 kHz), nötige Auflagekraft für 30 cm/s (ohne Bürstchen) 11 mN(1.1 p)
Optimale Auflagekraft (ohne Bürstchen) 10mN{1 p)
Ausgangsspannung bei 1 kHz (8 cm/s) links 6,3 mV rechts 6,0 mV
Gewicht 6,4 g
Ungefährer Handelspreis ca. 330,- DM
.