1964 - Tontechnik für Schallplattenhändler - Seite 3 (von 4)
Herstellungsverfahren der Schallplatte 1964
von Peter Burkowitz - Da die geschnittene Folie zur Pressung nicht verwendbar ist (Positiv), müssen die in sie geschnittenen Rillen auf anderes Material übertragen werden, um ein Negativ zu erhalten, das dem hohen Druck ausgesetzt werden kann.
Dieser weitere Vorgang setzt eine elektrisch leitende Folienoberfläche voraus, um durch Galvanisieren, d. h. durch elektrisches Niederschlagen von Metall eine Abformung zu erhalten. Das geschieht heute fast ausschließlich durch das Naßversilberungsverfahren.
Hierzu wird eine Silbernitratlösung gleichzeitig mit einer Reaktionslösung auf die geschnittene Platte aufgespritzt, so daß beim gemeinsamen Auftreffen der Lösungen auf der Folie Silber abgeschieden wird. Diese versilberte Folie wird in ein galvanisches Bad gehängt und es schlägt sich in ca. 5—7 Stunden eine Kupfer- oder Nickelschicht von etwa 1 mm nieder.
Nachdem diese so gewonnene metallische zweite Platte, die mit „Original" oder „Vater" bezeichnet wird, von der Folie getrennt worden ist und alle Feinheiten der geschnittenen Folie enthält, allerdings keine Rillen, sondern Erhebungen (Negativ), wird die Oberfläche mit einer feinen chemischen Schicht überzogen, um das spätere Abtrennen zu erleichtern.
Es wird dann nochmals der gleiche galvanische Vorgang durchgeführt und durch „Trennen" der beiden Metallplatten die metallische Mutterplatte gewonnen (Positiv). Diese wird optisch und akustisch auf Fehler untersucht, da sie Rillen wie bei der Folie enthält und somit abspielbar ist.
Auswüchse in den Rillen, entstanden durch Gasbläschen und ähnliche Fehler werden von geschickten Graveuren unter einem Mikroskop entfernt. Von der fehlerfreien Mutter wird die Preßmatrize oder der „Sohn" (Negativ) gewonnen.
Die Preßmatrize wird auf einem Drehtisch zentriert, so daß die Rillen genau um das Zentrum laufen. Dann wird das Mittelloch gestanzt. Im nächsten Arbeitsgang wird der äußere Durchmesser der Matrize gestanzt und als „verformte" oder „Profilmatrize" dient der „Sohn" dazu, die eigentlichen Schallplatten zu pressen.
Pressen der Platten
Man preßt die beiden Seiten jeweils gleichzeitig mit zwei Matrizen. Eine wird in die obere Form und die andere in die untere Form eingespannt. In die geheizten aufgeklappten Formen werden zuerst die beiden Etiketten eingelegt.
Dann wird die vorgewärmte und damit plastische Plattenmasse auf die untere der beiden Formen gelegt. Die Formen werden geschlossen und unter hohem Druck zusammengepreßt. Nach dem Schließen der Formen setzt die Kühlung ein und die Platte erstarrt unter Druck.
Da die genaue Einhaltung der Preß- und Kühldauer, sowie die Temperaturen auf die Qualität der Platte einen großen Einfluß haben, regelt man alles automatisch, bis auf das Einlegen der Preßmasse. Den letzten Vorgang zu mechanisieren wäre unwirtschaftlich.
- Anmerkung: In den 70er Jahren wurde auch das verbessert. Platten wurden dann vollautomatisch gepresst.
Das Einrichten der Presse ist äußerst schwierig und erfordert erfahrene Kräfte. Damit eine Gewähr für gleichbleibende Qualität des Endproduktes gegeben ist, werden direkt von der Presse Stichproben in enger Folge durch Abhören, Geräusch- und Abnutzungsmessung durchgeführt. Bei Feststellung von Mängeln wird die Fertigung bis zur Bereinigung des Fehlers gestoppt. Weiterhin wird vor dem Verpacken jede Platte einer Sicht-Kontrolle unterzogen.
Die fertigen Platten werden vor dem Versand in weiträumigen Hallen gelagert.
Ständige, wiederholte Qualitätsproben aus dem Lagerbestand runden das lückenlose Kontrollsystem ab.
Trotz der vielen komplizierten Arbeitsvorgänge entspricht die fertige Platte so weitgehend der Bandaufnahme, daß Unterschiede selbst bei Verwendung der allerbesten Prüfgeräte nicht mit Sicherheit feststellbar sind, so daß man sagen kann, die Schallplatte ist originalgetreu.
- Anmerkung: Auch das ist nur die wohlwollende Theorie. Die Platte war immer ein ganzes Stück unterschiedlich, Experten sagen "schlechter", zur Platte. Sie konnte nie diese Qualität erreichen. Erst bei der Herstellung von CDs ab 1983 direkt von den Masterbändern, die in den Archiven akribisch gehütet wurden, zeigte sich, auf den CDs war mehr drauf als auf den meisten Platten einer ganzen Charge.
.
-