Gedanken und Grundlagen zu Voodoo Produkten
Draußen im Feld werden die tollsten sogenannten Add-Ons angeboten, die den Klang um Dimensionen verbessern sollen - sagen die Hersteller. Doch was ist da wirklich dran, an einer "klangverbessernden" Steckdosenleiste für 800 Euro oder dem super tollen Netzfilter für 400 Euro? Nach 40 Jahren Hifi-Erfahrung bleibt da fast nichts übrig als "der Glaube" und der Tip unter Freunden bezüglich einer professionellen medizinischen Betreuung.
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Fangen wir mit den Grundlagen an.
Die bei uns benutzten analogen Audio-Geräte benötigen zum Betrieb eine sogenannte "Gleichspannung". Also im Gegensatz zur 50 Hz "Wechselspannung", die bei uns aus der Steckdose kommt, muß irgendwie eine oder mehrere Gleichspannung(en) erzeugt werden. Eigentlich ist (oder scheint) das ziemlich simpel, wie die Schaubilder zeigen.
Der Konstrukteur / Techniker hat da drei oder mehr Möglichkeiten, mit einer Einweg-Gleichrichtung oder einer Zweiwege-Gleichrichtung oder einem Brückengleichrichter (einer Vierwege-Gleichrichtung) eine Wechselspannung in eine Gleichspannung umzuwandeln.
Wir brauchen aber (also : "wir hätten da gerne") eine "saubere" Gleichspannung. Darum betrachten wir hier mal nur die am häufigsten genutze Brückengleichrichter- Konzeption bei geringer Last, zum Beispiel bei einem Vorverstärker. (Das mit der Last bei Endstufen kommt ganz am Ende.)
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Die Einweg-Schaltung ist selten
Die Einwegschaltung zeigt eigentlich nur das Prinzip auf, wie ich (als Beispiel) die untere negative Halbwelle der Wechselspannung einfach sperre (wegnehme) und nur den positiven oberen Teil der Wechselspannung nutze. Das ist nicht besonders effizient, bringt dazu unter Last auch noch weitere Probleme mit sich und wird daher selten angewendet. (Ab und zu werden Leuchtdioden oder Lämpchen damit versorgt.)
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Die Zweiwege-Schaltung ist auch selten
Bei der sogenannten Zweiwege-Gleichrichtung haben wir eine Vorbedingung, nämlich die Sekundärwicklung muß eine Mittenanzapfung besitzen oder der Trafo muß zwei gleich große (gleichstarke) Wicklungen besitzen. Dann kann ich mit nur 2 Dioden eine Gleichspannung sehr effizient erzeugen.
Und jetzt kommt der echte Vorteil dieser Technik, der den Mehraufwand der Trafowicklungen mehr als wett macht. Ich habe pro Halbwelle nur eine Diode im Lastkreis und damit nur einmal die Duchlass-Verlustspannung von 0,7 bis 1 Volt. Beim Brückengleichrichter haben ich die doppelten Spannungsverluste.
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Die Brückenschaltung ist sehr verbreitet
Bei der sogenannten Brückenschaltung nutze ich auch einen Transformator zur Reduktion (wir bezeichnen das auch als Transformation) der 230 Volt Netz-Spannung (wie oben) auf eine deutlich geringere Spannung und wandle dann die negative Halbwelle der Wechselspannung in eine positive Halbwelle - bildlich "klappe" ich die untere Halbwelle "nach oben".
Aus der Wechselspannung mache ich so erstmal eine sogenannte "pulsierende" Gleichspannung. Ganz deutlich sind die pulsierenden Wellenberge zu sehen, die wir so aber nicht verwenden wollen und können. Das wäre ein richtiger lauter 100 Hz (2 x 50 Hz) Brumm-Ton. Die sogenannte Mittelpunktschaltung aus Bild 2A (Zweiwege-Gleichrichtung) ergäbe das gleiche Bild solcher pulsierenden Wellenberge.
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Die Brückenschaltung für zwei Spannungen
Verbinde ich den Mehraufwand einer Mittenanzapfung der Sekundärwicklung (oder zwei gleich große Wicklungen) mit den Vorteilen einer Zweiwege-Gleichrichtung, erhalte ich zwei entgegengesetzte ± Spannungen gleicher Höhe. Für moderne Vorstufen und auch Endstufen ist das die beste und effizienteste Lösung. (Ergänzung im Vorgriff : Natürlich müssen jetzt beide Spannungen mit Siebelkos geglättet werden. Dafür können - unter Umständen - diverse Koppelkondensatoren entfallen.)
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Wie versteht man (in den Bildern) die gestrichelten Linien ?
Eine "pulsierende" Gleichspannung ist - wie gesagt - für uns nicht brauchbar, darum hier ein paar Gedanken, über welche Spannungshöhe wir eigentlich nur verfügen, wenn wir die Kuppen der Wellen "abschneiden" würden und den "Verschnitt" in die Lücken zwschen den Wellenbergen "gießen" oder schütten oder "verfüttern". - Wir nennen das "glätten", also aus der (jetzt nicht mehr Wechsel-) Spannung mit den Wellenbergen eine wirklich ganz glatte Gleichspannung zu erzeugen.
In Bild 3 (Einweg-Gleichrichtung) sieht man, daß die gestrichelte Linie der effektiven (also wirklich nutzbaren) Spannung ganz weit unten liegt. In Bild 4 sieht man, daß bei Nutzung beider Halbwellen (Brückenschaltung) die gestrichelte Linie jetzt recht weit oben liegt. Messe ich also die Höhe des Wellenberges - die Spitze - , dann messe ich eine eigentlich zu hohe (Spitzen-) Spannung. Die wirklich verbleibende effektive Spannung, die ich (später) erhalte, ist etwa nur 0,7 mal so groß wie diese Spitzenspannung. - Der Trick ist, wir müssen diese Wellen glätten (oder bildlich gesehen oben absägen).
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Zum Glätten der Wellenberge nimmt man Kondensatoren
Das klingt doch ganz simpel, ist es aber nicht. Darum jetzt ganz laienhaft ausgedrückt - ich muß den Wellenberg (die Spitze) oben etwas abschneiden, diese Spitze irgendwie und irgendwo aufheben (speichern) und dann mit der gespeicherten Energie das Wellental "auffüttern".
Ich brauche also elektrische Bauelemente, die (die Spannung und) den Strom speichern können. Das sind sogenannte induktive Speicher = (Drossel-) Spulen und kapazitive Speicher = (Netzteil-) Kondensatoren. Mit Kondensatoren geht es "besser".
Mit diesen sogenannten Netzteil- oder auch Sieb-Kondensatoren kann ich die pulsierende Gleich-Spannung "reparieren". Ich glätte diese Wellenberge - also ich "siebe" die 100Hz Berge weg, indem ich am Ausgang des Gleichrichters, direkt vor der Last (das ist der Verbraucher) einen dicken Sieb-Kondensator einbaue.
Dieser Kondensator wird innerhalb jeder Halbwelle bis auf die maximale Spannung des Welleberges - die Kuppe - aufgeladen und wenn die Spannung vom Transformator dann wieder runter sinkt, gibt er seine gespeicherteLadung wieder ab un dfüllt das Spannungs-Loch.
Auch das scheint ganz simpel zu sein. Der Entwickler weiß aber, daß sich die Größe des Kondensators an der zu erwartenden Last orientieren muß. Also haben (benötigen) kleinere Lasten, das sind Vorstufen, kleinere Kondensatoren als Endstufen.
Und noch etwas war oben bereits falsch formuliert. Der dicke Siebkondensator sollte so dicht wie möglich an der Stromquelle, also dem Trafo und dem Gleichrichter wohnen, damit keine unerwünschten Nebeneffekte wie Pumpen (so nannt man das periodische auf und ab Schwanken) der Spannung auftreten.
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Glätten mit großen Drossel-Spulen ist ungünstig
In Bild 6 wird (aus einem Lehrbuch) noch eine Drossel in Reihe mit den Verbrauchern geschaltet, um den Einschaltstrom - den "Erst-Ladestrom" eines anfänglich leeren Kondensators abzumildern. Doch der bremst auch später durch seinen Innenwiderstand die schnelle Stromzufuhr zur Endstufe aus. Das ist keine gesunde Lösung - jedenfalls für unsere Hifi-Endstufen. Solche Strombremsen reduzieren die mögliche Impulsleistung deutlich.
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Es sind fast immer 2 Gleichspannungen, die man braucht ....
Ab etwa 1966/69 arbeiten alle Hifi-Transistor-Kraftverstärker mit zwei gleich großen entgegengesetzten Gleichspannungen eines Transformators (hier im Beispiel eine Wicklung , zum Beispiel +40 Volt und -40 Volt.) Beide Wechselspannungen kommen aus einer oder zwei Sekundärwicklungen mit Mittenanzapfung und die beiden Gleichspannungen werden dann beide mit einem einzigen Brückengleichrichter erzeugt. Und dazu braucht man (mindestens) 2 dicke Netzteil-Kondensatoren und diverse kleine Entstörkondensatoren. Die Mittenanzapfung der Sekundärwicklung des Trafos liegt dabei direkt am Chassis an und wird mit "Erde" oder "Null" bezeichnet.
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Der Grundig R3000 Schnittbandkern-Trafo hat sogar 2 getrennte Sekundär- Wicklungen, also nicht nur eine Wicklung mit Mittenanzapfung - wie zum Beispiel bei der Canton Ergo Aktiv rechts - , um die beiden Spannungen von ±29 Volt zu erzeugen. Und ganz links sieht man, daß Grundig bereits 0,33µF Hochfrequenz- (Keramik-) Kondensatoren parallel zu den dicken 15.000µF Siebkondensatoren eingebaut hatte. Rechts zwischen Transformator und Gleichrichter sind ebenfalls solche Störschutzkondensatoren eingebaut. Und das war 1982. Auch in der Canton Endstufe sind alle Vorkehrungen getroffen, um Netzstörungen abzublocken.
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Die Randbedingungen bei Kondensatoren
Auf der Seite der Kondensatoren habe ich bereits ausgeführt, daß diese (passiven) Bauelemente auch Grenzen haben. Das betrifft die Frequenz, in der sie (oder mit der sie) optimal arbeiten und die Lade- und Entladestrom- Grenzen. Ein Netzteil-Siebkondensator in einer 200 Watt Endstufe (eigentlich ab 100 Wat Sinus aufwärts) muß sowohl innen drinnen wie auch über seine Anschlüsse richtige dicke Ströme in beiden Richtungen (Laden und Entladen) verkraften.
Weiterhin kann ein dicker Siebkondensator mit hohen Frequenzen nichts anfangen. Er "sieht" sie nicht, wenn solche "Spikes" (das sind ganz extrem kurze Impulsspitzen) aus dem mit Schaltnetzteilen oder Dimmern "verseuchten" Netz mitten durch den Trafo bei ihm ankommen. Dafür gibt es spezielle Entstörkondensatoren, die diese Störungen kurz schließen. Doch diese kleinen Kondensatoren können keine Energie speichern, die können eben "nur" hohe Frequenzen bzw. sogenannte Impulsspitzen unschädlich machen.
Das alles weiß der Entwickler und "müsste" es berücksichtigen - wenn er die Erlaubnis seiner Kaufleute bekommt - denn das alles kostet Geld.
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Auch der Netz-Trafo ist wichtig
Natürlich muß der Netz-Trafo auch in der Lage sein, außer der normalen Dauer-Last (zum Beispiel mit einer ganz normalen Glühbirne oder einem Hochlastwiderstand) noch den kurzzeitigen Ladestrom des Kondensators zu liefern, der damit die Wellentäler auffüttern muß. Kann er das nicht, ist bis zu einer mittleren Last die Gleichspannung zwar linealgerade und damit optimal, doch bei Hochlast wird sie wieder wellig oder "rippelig". Es ist also alles eine Frage der Dimensionierung der Komponenten und der Kosten und hat mit dem Prinzip nichts zu tun.
An den beiden Grafiken rechst sehen Sie eine wenig beachtete Eigenschaft dieser Ladevprgänge. Der Trafo wird ja nur für einen Bruchteil der "Länge einer Halbwelle" belastet. So lange, wie die Spannung des Kondensators größer oder gleich groß wie die aktuelle Trafo-Gleichspannung (dieser Halbwelle) ist, muß der Trafo nichts liefern. Ist die Kondensator-Spannung durch Leistungsabgabe aber abgesunken, dann erst muß der Trafo Leistung liefern. Wie man sieht, ist die Zeitspanne der echten Trafolast nur ein Bruchteil der Zeitdauer einer Halbwelle.
Der Trafo wird demnach gar nicht gleichmässig sondern impulsartig belastet. Die magnetischen Eigenschaften des Trafokerns (das ist das Blechpaket) gleichen das im Normalfall etwas aus.
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Quintessenz - eine "saubere" reine Gleichspannung ......
Kann man das messen ? Ja, man kann alles Messen - mit den entsprechenden Meßgeräten und dem kritischen Wissen, was man da tut. Und das muß man lernen, in den Ingenieurschulen oder Fachhochschulen und in den integrierten Praktika.
Habe ich aber nur ein analoges oder digitales Multimeter, dann zeigt es mir zwar die Gleichspannung - den Wert - an - aber nur den Mittelwert. Mit solch einem Meßgerät kann man rudimentär erkennen, wie weit die Versorgungsspannung unter Last zusammen bricht oder ob sie stabil bleibt.
Bei gut konstruierten und ausgeführten Endstufen (wir betrachten nur die Netzteile) ändern sich die erzeugten Gleichspannungen Spannungen bis zur Vollast nur wenig. Bei billigen Verstärkern ist die Gleichspannung im Leerlauf deutlich höher als unter Last und bei Vollast bricht sie dazu deutlich ein, manches Mal bis zu 30% vom angegebenen Nennwert. Das ist dann halt Murks.
Ein teures oder edles Hifi-Gerät hat immer einen überdimensionierten Transformator und auch recht große Kondensatoren, oft getrennt für Tuner + Vorverstärker und Endstufen, oft sogar an getrennten Trafo-Wicklungen. Das alles kostet bei der Anschaffung etwas mehr, kann aber so oder so nie mehr nachträglich repariert werden - auch nicht mit der 800 Euro Netzleiste.
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Gleichs gilt auch für unsere Meßgeräte. Auf einem 500 MHz Oszilloskop sieht man Störungen eben viel deutlicher als auf einem Scope für nur 20 MHz.
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Doch jetzt kommen auch hier die Feinheiten
Eine vordergründig saubere Gleichspannung muß noch lange nicht wirklich sauber sein. Das messen (sehen und erkennen) Sie natürlich weder mit einem Multimeter noch mit einem "normalen" Oszilloscope. Die Störspitzen aus dem Hausnetz und auch aus der Umwelt, der Luft, dem neben dem Plattenspieler liegenden Handy, der Mikrowelle in der Küche und sogar dem PC aus dem Nebenraum, die sehen Sie nur mit aufwendiger Technik. Und die kostet immer noch richtiges Geld.
Darum grundsätzlich, man kann so gut wie alles messen und sehen (mit Ausnahme des Geschmacks und der Einbildung). Es ist nachgewiesen, daß hochfrequente Störimpulse einen niederfrequenten Verstärker (also irgend eine seiner ganz normalen Verstärkerstufen !!!) deutlich beeinflussen "können" - aber nicht "müssen". Diese Einstrahlungen können durchaus über oder durch das Gehäuse kommen, also nicht über den Trafo vom 230 Volt Hausnetz.
Wenn ich also kleinste Störimpulse im 10 bis 50 MHz Bereich vermute oder mich vergewissern möchte, brauche ich ein Oszilloscope mit mindestens 100 bis 150 MHz Bandbreite. - Und das auch nicht von Neckermann oder Quelle, sondern von Tektronix oder HP oder einem anderen Meßgeräte Spezialisten wie Rhode & Schwarz zum Beispiel.
Nur damit kann man dann wirklich sehen, daß auf dem waagrechten Strich einer vermeintlichen Gleichspannung eines billigen Consumer Schaltnetzteiles lauter kleine Impulsspitzen "hüpfen". Und das, obwohl solch ein Netzteil die 230 Volt aus dem Netz erst mal gleichrichtet und dann zerhackt und dann wieder gleichrichtet.
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Beispiel sind die Tests von PC Netzteilen in der "ct"
Bei den PCs gehen die verbauten Schalt- Netzteile in die zig- Millionen. Da lohnt sich vermeintlich das Einsparen eines jeden nicht absolut unbedingt gebrauchten Teils oder einer Komponente. Und auch das kann man messen.
Gerade unsere Heim-PCs reagieren auf solche Spikes ganz schlimm, wenn wir Menschen das noch gar nicht gehört hatten. Der PC stürzt ganz plötzlich und ohne Vorwarnung ab und nichts geht mehr, und das sehr oft zu ganz bestimmten Zeiten - z.B. wenn die Milch fürs Baby in der Mikrowelle gewärmt wird. Solche Ereignisse kann man mit etwas Glück erkennen.
Bei den Computer Profis, den Server-Herstellern, geht soetwas natürlich nicht. Vergleichen Sie mal die Netzeile von PCs mit denen von echten Server-Profis. Das sind Welten von Unterschieden und natürlich bei den Preisen.
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Zurück zur Ur-Frage - Was ist eine saubere Gleichspannung ?
In den edlen Hifi-Geräten wird eine wirklich saubere Gleichspannung erzeugt, die allen diesen Forderungen Rechnung trägt. Für mich sind die Produkte der Firma Accuphase (das ist natürlich nur eine Beispiel-Firma, die ich kenne) eine Referenz. Es gibt aber viele viele Hersteller auch in deutlich preiswerteren Regionen, die es inzwischen auch verstanden haben, die Probleme der digitalen Verschmutzung von außen zu vermeiden.
Wenn also ihr Hifi-Gerät innen drinnen vernünftig konzipiert ist, das gab es auch bereits vor 30 Jahren, brauchen sie kein zusätzliches Netzfilter. Und wenn Sie im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses wohnen und die Netz-Zuleitung aus dem Keller an die 30 Meter lang ist, helfen solche Voodoo-Teile auch nichts.
Auch ein Spanungskonstanter hilf nur wenig, denn der macht die 230 Volt Versorgungs- spannung zwar oberflächlich stabil, aber er macht sie "weich" (ganz leicht schwankend). Ein besserer Verstärker würde da Wunder bewirken.
Es gab da bereits Erkenntnisse von Radio RIM aus 1970, wie man Netzteile für hochwertige Verstärker konstruiert.
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