Das Testen von Verstärkern war 1964 bis 74 noch richtig "cool"
Denn die Hersteller (aller Länder) gaben regelrechte Phantasie- Werte in den Prospekten an. Der auffälligste Wert war der Wert der Gesamt-Ausgangsleistung. Dieser Wert war dermaßen manipulierbar, daß es einem fast schon die Zehennägel rollte.
Nicht nur die Japaner hatten auf einmal Receiver mit 240 Watt im Angebot, auch die Deutschen verpackten eine virtuelle Heizleistung in ihre Typenbezeichnungen. Das beste (Uralt-) Beispiel war zum Beispiel der Grundig SV 140, der dann gerade mal 2 x 50 Watt an 4 Ohm liefern konnte, und auch nur für 10 Minuten, dann war er bereits zu heiß und schaltete ab - Ende des Vergnügens.
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Gold wert - das Erbe des Karl Breh sind seine 22 Bände
In den Hifi-Stereophonie Heften sind haufenweise Tests von Audio-Elektronik Geräten enthalten. Der Dipl. Phys. Karl Breh hat öfter zugegeben und dann natürlich auch detailiert erläutert, das sich die Meßmethodik ebenfalls mehrfach geändert hatte.
Das Wissen um die Grenzen und Grenzwerte des Messens an sich wuchs mit der Zeit erheblich an und so mußte das Breh'sche Test-Team des öfteren nachbessern. Während mehrerer Gespräche mit Herrn Breh hat der Autor Gert Redlich bereits ganz früh die Erlaubnis erhalten, die Testberichte und Artikel aus diesen 22 Jahrgängen auf den Museumsseiten zu veröffentlichen.
Philosophie, Redlichkeit und Wirtschaftlichkeit konkurrieren sehr oft (und auch heute noch) knallhart miteinander.
In vertraulichen Gespächen mit den (inzwischen pensionierten) damaligen Handels- und Gebeitsvertretern (auch Firmenrepräsentanten genannt) der großen Hersteller und Importeure (zum Beispiel Thorens - ehemals auch noch McIntosh Vertrieb und Marantz Vertrieb und später Tandberg) klingt das noch viel knackiger. Redlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Redakteure und Tester kollidieren nicht nur miteinander, sie schlossen und schließen sich einander regelrecht aus. (Wolfgang Matthiolius)
Als bei den Hifi-Magazinen 1977 mächtige Konkurrenz aufkam ....
waren in ganz kurzer Zeit alle Hemmschwellen vom Tisch. In den neuen Hochglanz- Magazinen wurde getestet, was das Zeug hielt. Und es kam immer mehr Mist dabei raus. Selbst den unbedarften Lesern fiel auf, so viele Testsieger selbst der übelsten 2 x 10 Watt Gurken kann es doch gar nicht geben.
Es wurde auch nie direkt Geld für solche Tests bezahlt oder direkter Druck ausgeübt. Es geschah alles hinter den Kulissen. Und nehmen Sie heute solche Magazine mal "jahrgangsweise" chronologisch in die Hand, vielleicht sogar einmal ganze 5 Jahre komplett je 12 Ausgaben, fällt es wie Schuppen von den Augen.
"Gute" Tests wurden sehr oft mit mehreren 4-farbigen DIN A4 Anzeigen "flankiert", man könnte auch sagen : belohnt.
Von den "Verliereren" (also abwertende Kommentare der üblen Gurken) - bzw. von deren Hersteller- oder Vertriebs-Firmen - sah man abrupt keine Anzeigen mehr.
Und auch ein tester oder "Testredakteur" möchte am Monatsende seinen Gehalts-Check in Empfang nehmen, zumal, wenn es ein freier Redakteur war. Nur wenige Redaktionen haben versucht, so standhaft wie möglich diesen finanziellen Zwängen zu entkommen. Doch dieses eine Hifi-Magazin gab es dann nicht mehr.
Lesen Sie dann noch die hahnebüchnen Sprüche und widersprüchlichen Aussagen der jeweiligen "Beurteilung" und/oder der "Zusammenfassung", ich nenne das Lobeshymnen, dann können Sie davon über Jahrzehnte ganzseitige Anzeigen "gestalten" - oder noch besser : Glossen schreiben. Insbesondere für die überzogenen oder bereits verblödeten ebay Texte sind diese Zeilen hervorragend geeignet.
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In verschiedenen Heften wurden die jeweils neuesten Erkenntnisse sehr genau dargelegt.
Wenn sich die Namen der Tester oft wiederholen, erkennt der geneigte Leser, daß das Technik- Team um Karl Breh recht klein war. Dafür strotzen sie mit Kompetenz und Fachwissen und sie waren mit Leib und Seele dabei.
Es gab Anfangs natürlich auch Ausnahmen.) Als die "Hifi-Stereophonie" an "stereoplay" übergeben wurde, hatte Karl Breh diese beinahe wissenschaftlichen Fachartikel in den "Grundlagen der Hifi Technik" auf etwa 220 Seiten konzentriert.
Aber es waren natürlich nur die zeitlich letzten Artikel enthalten. Aus meiner Sicht sind die älteren Fachartikel genauso lesenswert, weil immer noch ein Stückchen Wahrheit drinnen steht.
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