Gedanken über die Verstärkerleistung

Von Gert Redlich im Mai 2011 - Als 1949 geborener Hifi-Fan bin ich ein richtiger 68er. Mit damals 19 hatte ich aber kein Geld und schwelgte nur, wie so viele damals auch, in den technischen Daten der Verstärker.

Die Qualität wurde mit "Nichtwissen" in Watt "gemessen" (also gelesen) und natürlich fast ausschließlich in Verbindung mit der Anzahl der Schalter, Tasten und Knöpfe "beurteilt".

Max Grundig hatte das gnadenlos ausgenutzt und seine Verstärker (und Receiver) hatten fast die meisten Knöpfe. Diese Meinung, so falsch sie auch war, wurde religiös fanatisch vertreten und auch gelebt.

So lange, bis diese Hifi-Jahrbücher (die Art der Bibeln für die Hifi-Jünger) und die inziwschen aufgekommenen Hochglanz-Zeitschriften langsam aber sicher ihren Nimbus verloren und schlagartig unglaubwürdig wurden.
.

40 Jahre danach kommt ein leichtes Kribbeln auf . . .

. . . wenn Unsereins darauf angesprochen wird. So ganz direkt schämen wir uns natürlich nicht, aber ein komisches Gefühl bleibt da schon.

Was hat es wirklich auf sich mit den Verstärkerleistungen
und der resultierenden Klangqualität ?
.

Der SONY war mein erster
dieser hier für meine Eltern
dann gnadenlos zugeschlagen
der hier war nicht gut genug
aber der hier war nur noch edel

In meiner Hifi Entwicklung war fast alles an "dicken Sachen" vertreten, vom 2 x 110 Watt Kennwood 7200 Receiver über den 2 x 100 Watt Pioneer 9900 Vollverstärker, die Grundig Endstufe A5000 mit 2x 120 Watt bis später dann der Crown DC 300A mit 2x 190 Watt und die dicke Bose 1800 Endstufe mit über 2x 400 Watt. Ganz kurz hatte ich auch noch zwei Pioneer 1000 Watt Monoblöcke (an 8 Ohm sogar). Auf den Accuphase Seiten habe ich es dann geschrieben, daß mit dem C280L und dem P800 meinem Qualitätsanspruch endgültig genüge getan wurde.

Meine grundlegenden Kriterien sind heute folgende:

Laut ist niemals mit gut gleichzusetzen.


Die Musik und speziell die anspruchsvolle Musik lebt außer mit der verzerrungsfreien Wiedergabe (der Reinheit der Übertragung) vor allem mit der Dynamik. Das kann man sowohl bei niedriger Zimmerlautstärke als auch bei richtiger Orchesterlautstärke hören (wenn es wegen der Nachbarn überhaupt möglich ist).

Meine Erfahrung zeigt, daß Verstärker, die an die 120 Watt im Dauerbetrieb an 4 oder 8 Ohm abgegeben haben, noch lange nicht dynamisch klingen müssen. Ein Kriterium ist ein stabiles Netzteil. Da gibt es nämlich extreme aber unsichtbare Unterschiede. Mit ein paar wenigen Messgeräten kann man ganz schnell feststellen, wie stabil der Netz-Trafo ist. Sinkt die Leerlaufspannung von 60 Volt (bei Flüsterlautstärke) auf deutlich weniger als 52 Volt (bei volle Pulle), dann ist das ein billiges Weichei oder ein anderer Wurm ist drinnen. Hier finden Sie etwas über Transformatoren in Hifi-Netzteilen.

Unser Pioneer VSX 5000 Receiver bei uns damals im Essraum war solch ein merkwürdiges Beispiel. Auch mit (max.) 2 x 110 Watt klingt er nach wie vor unterdurchschnittlich, selbst bei ganz normaler Zimmerlautstärke. Auf Deutsch, er klingt nicht, er geht nur laut. Ich habe nie herausgefunden, warum das so war.
.

Die Lautsprecher hinten dran sind das Maß der Dinge.

Die Lautsprecher sind ganz bestimmt dominierend für die Qualität der Musikwiedergabe, doch irgendwann kommt auch da die Erleuchtung. Jeder Lautsprecher, den ich in den letzten 45 Jahren gesehen habe, ist oder war ein Kompromiss (zwischen der Ehefrau, dem Geldbeutel, dem Platzbedarf und den eigenen Träumen).

In der Blütezeit standen bei meinem Freund Rainer Pohl in Mainz im Hifi-Studio zwei große Klipsch Eckhörner sogar mit erheblich verbesserten sehr teuren Weichen und . . und . . und. Ein guter 2 x 20 Watt Röhrenverstärker schien völlig ausreichend, eine super tolle Zimmerlautstärke zu produzieren. Damals habe ich kein Oszilliskop hinten dran gehängt, es wollte nämlich keiner wissen, was da wirklich raus kam. Die Klipschhörner klangen damals beeindruckend gut und laut und dynamisch im Vergleich zu den anderen (meist geschlossenen) Boxen. Heute ist das anders.

Wenn ich mir die Oszillogramme des Sony Kopfhörerverstärkers im DAT Recorder
mit der CD "Via Condios" ansehe und vergleiche, was an elektrischen Pegeln dann noch an dem Braun Regie 550 mit den Braun L710 hinten raus kommt, bin ich erschrocken. Der Regie 550 soll 2 x 70 Watt leisten. Die sind aber ganz schnell alle, und schon bei Zimmerlautstärke.

Und da die moderne CD- oder DAT- Musik heute deutlich mehr Dynamik anliefert als damals mit unseren besten Schallplatten, heißt das, daß die damaligen Verstärker mit der heutzutage angelieferten Dynamik kaum noch zurecht kommen..

Der Test mit dem Accuphase E210 mit auch "nur" 2 x 80 Watt und den L710 in einem normalen Wohnraum mit ca 24m² steht noch aus. Schließe ich das Oszilloskope testweise an die Ausgänge der Accuphase P800 in meinem roßen Studio mit ca. 120m²an, so kommen dort bei gleicher Quelle und etwas höherer Lautstärke an die 300 Watt Spitzenimpulse auf den Schirm.

Mit dem Braun Regie 550 Verstärker wird das abgeschnitten und es war bestimmt nicht so laut. Also ohne Wenn und Aber, Sie brauchen schon eine gewisse Ausgangsleistung, um bei heutiger Musik mit aktuellen Quellen schon bei ganz normaler Zimmerlautstärke glücklich zu sein. Von richtiger Konzertlaustärke wie bei mir im 120 qm Studio reden wir dann später.

In Räumen von 16 bis 24m² und etwa 2,6m Deckenhöhe sind aber 100 Watt Sinus schon recht gesund, selbst mit Boxen mit geringem Wirkungsgrad wie den ganzen AR Boxen.

Es geht noch weiter . . . .
.

- Werbung Dezent -
Zurück zur Startseite © 2007/2024 - Deutsches Hifi-Museum - Copyright by Dipl.-Ing. Gert Redlich Filzbaden - DSGVO - Privatsphäre - Zum Telefon der Redaktion - Zum Flohmarkt
Bitte einfach nur lächeln: Diese Seiten sind garantiert RDE / IPW zertifiziert und für Leser von 5 bis 108 Jahren freigegeben - Tag und Nacht und kostenlos natürlich.

Privatsphäre : Auf unseren Seiten werden keine Informationen an google, twitter, facebook oder andere US-Konzerne weitergegeben.