Ein Schaltbild und ein erster Transistorverstärker aus 1956
Im November 2022 hatte ich meinen Sponsor Gerd Schindewolf zum letzten Male besucht. Kennengelernt hatten wir uns, als er mir in 2007 ein ganzes Auto voller Panasonic Service Manuals (Bild rechts) eingeladen hatte. Dazu gab es mehrere Grundig Fernaugen mit allem Zubehör samt den Alu-Koffern und "wer weis was noch alles".
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Es waren am Ende 2 Autos voll mit Teilen und Geräten, die er nicht mehr brauchte. Zwischendurch (bis in die Corona-Zeit) telefonierten wir öfter mal mehrere Viertelstunden.
Im Herbst 2022 rief er mich an, er wolle sein großes Lager so langsam räumen, denn er sei inzwischen nicht mehr gesund. Es gäbe wieder viel abzuholen. Ich besuchte ihn deshalb Mitte November 2022. Es sollte das letzte Mal werden, daß wir uns sahen und er war sichtlich glücklich, daß das alles nun doch nicht zum Werstoffhof müsse. Denn haben wollte die Ersatzteile fast keiner mehr.
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Und er erzählte damals beim Nachmittags Kaffee, wie das alles angefangen hatte, damals 1956 in Nürnberg bei TeKaDe .....
Er war nämlich als Jungingenieur voller Tatkraft von Kassel nach Nürnberg gegangen, um "Neues" zu machen. Das mit den Transistoren, das war brand-neu und das wollten die TeKaDe Leute dort auch haben. Und dazu brauchten "sie" junge Ingenieure mit neuen jungen Ideen. Der Kreis zu Wolfgang Hasselbach (der ging erst zu Assmann und dann zu BRAUN) und seinem Kommilitonen Walter Mayer (der ging gleich und für immer zu Grundig nach Fürth) schließt sich.
In anderen uralten Unterlagen hatte ich dazu gefunden, daß die Nürnberger TeKaDe - ähnlich wie Lorenz, Loewe und andere ehemals berühmte Vorkriegsfirmen - sich mit Tonfilm-Verstärkern für die aufstrebende Kinolandschaft beschäftigten. Um 1955 und 1956 ging es mit den Kinos ja noch aufwärts und Cinemascope mit 4-Kanal-Ton war gerade im Kommen.
Er solle sich damit befassen und so entwickelte er 1956 einen der ganz frühen deutschen Transistorverstärker. Er durfte sogar draufschreiben "entwickelt von Ing. G. Schindewolf". Man muß dazu wissen, daß Max Grundig seine Ingenieure erst viel später mit solchen "hypermodernen Sachen" anfangen ließ.
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Schaun wir uns dieses letzte Muster mal genauer an ....
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Natürlich war ein Teil der Konzeption aus der damaligen Röhrentechnik abgeleitet und die Transistortypen kennt heute wirklich keiner mehr. Wir sehen links einen Eingangsübertrager am Mikrofonanschluß, rechts einen Koppeltransformator für die Endstufentransistoren und ganz rechts außen einen Ausgangsübertrager zur Ansteuerung eines Lautsprechers.
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Damals war das Hightech vom Feinsten. Ein Verstärker, in dem nichts mehr glüht und es auch keine Hochspannung von mehreren hundert Volt gab.
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Am Ende seiner TeKaDe Zeit durfte er seinen Prototypen sogar mitnehmen, denn er wechselte auch zu Grundig. Und er hat ihn über 60 Jahre wie einen Schatz gehütet, damit dieser historische Meilenstein nicht zum Schrott kommt. Zum Dank hat er ihn uns vererbt - einen der wenigen Meilensteine aus einer Aufbruchszeit, wie wir Jüngeren (ich bin Baujahr 1949) sie großteils nicht mehr kennen .......
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Hier ein beeindruckender historischer Einblick
Dazu noch ein Vorwort. Dier Verstärker wurde extern mit oder von einem 12V Gleispannungs-Netzteil vesorgt, welches in dem obigen Schaltplan nicht aufgeführt ist.
Der große Steckverbinder hat die typischen Tuchel-Kontaktfedern.
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Die Seitenansicht mit den 3 Trafos
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Nach dem Öffnen der massiven Stahlblechhaube kommen die Eingeweide dieses Labormusters zum Vorschein. Rechts oben ist neben dem Sicherungshalter der runde gekapselte Eingangsübertrager für den Mikrofoneingang zu sehen.
Unten drunter wohnt der Ausgangsübertrager, der für die 10 Watt aber reichlich überdimensioniert scheint. Links unten hinter dem Relais ist der kleinere Übertrager zur Ansteuerung der beiden Endstufentransistoren zu sehen.
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Anmerkungen zu dem Relais auf dem Foto oben drüber .....
Im Schaltplan ist es deutlich zu sehen, ein Kontakt des Relais (Bezeichnung "r2") macht am Lautsprecherausgang des Ausgangs-Übertragers (Sekundärwicklung 2) einen Kurzschluß. Beim Aktivieren des Relais (Einschalten des Verstärkers) werden über "r1" die 12 Volt der externen Versorgungsspannung an die Schaltung angelegt und der Kurzschluß-Kontakt "r2" wird geöffnet.
Irgendwo habe ich in Erinnerung, daß diese Germanium- Leistungs- Transistoren der ersten Generation beim Betrieb mit einem unbelasteten Ausgang überfordert waren und durchgebrannt bzw. "gestorben" sind.
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So sehen der Treibertransistor und die beiden Endstufen-Transistoren aus
Sie sind alle drei vom gleichen Typ TEKADE GFT 2006 und auf großen u-förmig abgekanteten ALU-Blechen montiert. Das alles sieht fast schon mysteriös urig aus.
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Ich muß eingestehen, solche sonderbaren Transistoren "Made in Germany" by TEKADE hatte ich noch nie vorher gesehen.
Gleiches gilt auch für die drei Vorstufentransistoren.
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Die Vorstufentransistoren sind auch "Made in Germany"
Auch diese Vorstufentransistoren von TEKADE müssen aus allerersten Test-Serien stammen, denn auch solche von Hand vergossenen Teile hatte ich bislang noch nirgendwo gesehen.
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- Ein Autor schreibt folgendes : 1952 schloss F & G mit der Western Electric Inc., einem der Anteilseigner der Bell Laboratories, einen Patent- Lizenzvertrag zur Herstellung von Halbleitern. Bis 1955 wurden im Laboratoriumsmaßstab ein Kristallziehverfahren entwickelt und damit brauchbares Germanium- Einkristallmaterial für Dioden und Transistoren hergestellt. Ab 1956 verließen die ersten nennenswerten Liefermengen von Transistoren die Werksanlagen.
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- Ein anderer Autor faßt zusammen : Unter Lizenzvertrag mit Western Electric entstehen Versuche zur laboratoriumsmässigen Halbleiterfertigung. Ab 1955 kann TeKaDe Spitzen-Germanium-Dioden und ab 1956 NF-Transistoren herstellen. Ab 1958/59 ensteht im Werk Schwabenstrasse eine Halbleiterfertigung, wobei auf 6000qm etwa 700 Mitarbeiter tätig sind, doch gibt das Unternehmen die Produktion 1961/62 aus wirtschaftlichen Gründen (Japan) auf.
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Der Transistoren in der Vorstufe
So weit ein Einblick in den ersten Transistorverstärker von TEKADE
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In der ELO aus 1980 wurde ein Rückblick auf die ersten eisenlosen Endstufen (aus deutscher Entwicklung) der Jahre 1958 und danach betrachtet.